Europäische Fiskalpolitik
Warum solide Finanzen die Grundlage für einen starken öffentlichen Dienst bilden
Europäische Fiskalpolitik bestimmt maßgeblich die staatlichen Handlungsspielräume in Deutschland. Der dbb legt daher seine zentralen Forderungen an die Politik vor.
Der dbb Bundeshauptvorstand hat am 1. Dezember eine Entschließung verabschiedet, die den engen Zusammenhang zwischen europäischer Fiskalpolitik und der Stabilität des öffentlichen Dienstes in Deutschland deutlich macht. Was auf den ersten Blick wie ein fernes Thema aus Brüssel wirkt, entscheidet auf den zweiten Blick ganz konkret über Tarifspielräume, Investitionen, Modernisierung und Personalaufbau im deutschen Staatswesen.
Ein stabiler Euro und nachhaltige Staatsfinanzen in der EU halten Kapitalmarktzinsen niedrig und verschaffen Deutschland fiskalische Luft zum Atmen. Gerät die Eurozone hingegen unter Druck, steigen Risikoaufschläge – und damit auch die Kosten für deutsche Staatsanleihen. Finanzkrisen in einzelnen EU-Staaten führen nicht selten zu europaweiten Konsolidierungsauflagen, die am Ende auch die Handlungsmöglichkeiten deutscher Verwaltungen einschränken.
Fiskalische Verantwortung als Grundpfeiler der Währungsunion
In der Eurozone gilt: Die Geldpolitik ist gemeinsam, die Haushaltsverantwortung bleibt national. Damit gewinnt fiskalische Stabilität jedes einzelnen Mitgliedstaates an Bedeutung für die Glaubwürdigkeit der gesamten Währungsunion. Die Europäische Zentralbank kann Preisstabilität nur sichern, wenn die Fiskalpolitik nicht gegensteuert. Unsichere Staatshaushalte erhöhen den Druck auf die EZB, Stützungsmaßnahmen zu ergreifen – mit Risiken für ihre Unabhängigkeit.
Der reformierte Stabilitäts- und Wachstumspakt, seit 1. Januar 2025 gültig, versucht diese Balance neu zu justieren. Er berücksichtigt wirtschaftliche Lage und Investitionserfordernisse stärker und sieht längere Anpassungszeiträume vor. Doch die Grundbotschaft bleibt dieselbe: Ohne solide Finanzen keine stabile Währung.
Aktuelle Entwicklung: Defizite sinken, Schulden steigen
Eurostat-Daten zeigen zu Beginn des Jahres 2025 ein gemischtes Bild: Zwar verbesserte sich das durchschnittliche Haushaltsdefizit in der EU leicht auf –2,9 Prozent des BIP. Gleichzeitig stieg die öffentliche Verschuldung weiter auf 88 Prozent in der Eurozone. Das bedeutet: Der akute Konsolidierungsdruck nimmt nicht ab, und die Fähigkeit, künftige Krisen abzufedern, bleibt begrenzt.
Demografie und geopolitische Lage verschärfen den Druck
Europa steht gleichzeitig vor zwei langfristigen Herausforderungen: demografischem Wandel und massiven sicherheitspolitischen Anforderungen. Eine alternde Gesellschaft erhöht Ausgaben für Gesundheit, Pflege und Rente, während die Einnahmebasis schrumpft. Dazu kommt der notwendige Ausbau der Verteidigungsfähigkeit. All dies macht eine kluge, generationengerechte Finanzpolitik unverzichtbar.
Die Grundsätze des dbb: Nachhaltigkeit, Investitionen, Generationengerechtigkeit
Vor diesem Hintergrund formuliert der dbb beamtenbund und tarifunion klare Leitlinien für eine belastbare europäische Finanzarchitektur. Sie reichen von der Forderung nach nachhaltiger Schuldenpolitik über die Betonung wachstumsstarker Investitionen bis zur stärkeren Bekämpfung von Steuervermeidung und Ausgabenineffizienz. Eine „Goldene Regel“, die produktive Investitionen teilweise von Schuldenvorgaben ausnimmt, könnte Zukunftsausgaben erleichtern – sofern klare Kriterien Missbrauch verhindern.
Zugleich mahnt der dbb: Gute Verwaltung braucht Ressourcen und Personal. Haushaltsdisziplin darf nicht durch pauschales Sparen an staatlicher Leistungsfähigkeit erkauft werden. Bürokratielasten entstünden durch schlechte Gesetze, nicht durch ausreichend ausgestattete Behörden.
Fazit: Europas Finanzpolitik ist Deutschlands Verwaltungswirklichkeit
Stabile europäische Finanzen sind keine abstrakte Größe. Sie bestimmen, wie handlungsfähig der Staat bleibt – in Krisen ebenso wie in Zukunftsfragen. Mit seiner Entschließung setzt der dbb ein klares Signal: Generationengerechtigkeit, Investitionsfähigkeit und solide Staatshaushalte gehören zusammen. Nur auf dieser Basis bleibt ein moderner, leistungsfähiger öffentlicher Dienst möglich.
Europäische Fiskalpolitik umfasst alle Regeln, Verfahren und politischen Maßnahmen der EU, die darauf abzielen, die Haushalte der Mitgliedstaaten zu koordinieren, stabile Staatsfinanzen zu sichern und damit die gemeinsame Währungs- und Wirtschaftsunion funktionsfähig zu halten. Dazu gehören u. a. der Stabilitäts- und Wachstumspakt, Schulden- und Defizitregeln, Haushaltsüberwachung durch die EU-Kommission sowie gemeinsame Instrumente wie EU-Fonds oder Krisenprogramme.

