Betriebsrat und JAV

Mitbestimmung – was ist das?

Warum Mitbestimmung so wichtig ist

Ob Mitbestimmung im öffentlichen Dienst, im Betrieb oder Unternehmen: Die Bedeutung der Mitbestimmung für den sozialen Frieden, das Verantwortungsbewusstsein und die Innovationsbereitschaft der Beschäftigten durch die Qualitätskontrolle der Unternehmensführung, den Schutz der Beschäftigten in Krisenzeiten und die Akzeptanz von Arbeitgeberentscheidungen ist allgemein anerkannt. Die Mitbestimmung stellt daher einen der Grundpfeiler für ökonomische, rechtliche und soziale Stabilität und dementsprechend einen unverzichtbaren Bestandteil der deutschen Wirtschaftsordnung dar.

Aber Mitbestimmung in der Theorie ist wenig wert. Die konkreten Arbeitsbedingungen werden sich nur dann verbessern, wenn sich jemand dafür einsetzt. Die verschiedenen Interessenvertretungen können viel bewirken, ob es um eine gerechte Verteilung von Chancen bei Fortbildung und Karriere geht, um Fragen der Arbeitszeitgestaltung und des Gesundheitsschutzes, um die Vertretung der Interessen der Kolleginnen und Kollegen bei Personalabbau oder Umstrukturierungen oder um die Gestaltung des Digitalisierungsprozesses.

Wer sind die Akteure der Mitbestimmung?

Welche Gremien und Akteure Mitbestimmung wahrnehmen und wie und in welchem Umfang Mitbestimmung möglich ist, richtet sich grob danach, ob es um den öffentlichen Dienst oder die Privatwirtschaft oder kirchliche Einrichtungen geht. Die Kirchen haben aufgrund ihres Selbstbestimmungsrechts für die Mitarbeiter ihrer Einrichtungen eigene Vertretungsordnungen geschaffen. In der öffentlichen Verwaltung setzen sich die Mitglieder der Personalräte für ihre Kolleginnen und Kollegen ein: im Bereich des Bundes richtet sich ihre Arbeit nach dem Bundespersonalvertretungsgesetz, in dem der Länder nach dem jeweiligen Landespersonalvertretungsgesetz. Bei allen Unterschieden, die aufgrund der 17 verschiedenen Gesetzgebungszuständigkeiten entstanden sind, sind die wesentlichen Grundzüge des Personalvertretungsrechts in Bund und Ländern doch identisch. Daher gelten die folgenden Ausführungen, soweit nicht ausdrücklich ein entsprechender Hinweis erfolgt, im Anwendungsbereich des BPersVG und der LPersVG gleichermaßen. In den Betrieben der Privatwirtschaft, genauer: bei allen in privater Rechtsform betriebenen Einrichtungen gilt demgegenüber das Betriebsverfassungsgesetz. Das gilt auch für einige ehemalige Staatsunternehmen, wie die Deutsche Post AG, die Deutsche Postbank AG und die Deutsche Telekom AG (die sogenannten Postnachfolgeunternehmen), die heute im internationalen Wettbewerb stehen. Bei der Deutschen Bahn AG folgt die betriebliche Mitbestimmung ebenfalls dem Betriebsverfassungsgesetz, die spezifischen Interessen der zugewiesenen Beamten werden jedoch von sog. „besonderen Personalräten“ wahrgenommen. Der dbb und seine dort vertretenen Fachgewerkschaften achten sehr darauf, dass auch in den privatisierten Unternehmen die Interessen der Beschäftigten nicht zu kurz kommen. Dazu gehört auch die Wahrnehmung und Ausweitung der Möglichkeiten der Mitbestimmung.

Neben der betrieblichen Mitbestimmung, wahrgenommen durch den Betriebsrat, steht in der Privatwirtschaft zusätzlich die Unternehmensmitbestimmung, die durch von der Arbeitnehmerseite gewählte Aufsichtsratsmitglieder wahrgenommen wird.

Nach dem Gesetz über Europäische Betriebsräte (EBRG) ist in gemeinschaftsweit tätigen Unternehmens(gruppen) unter bestimmten Voraussetzungen ein Europäischer Betriebsrat zu bilden.

Die Vertretung der Interessen der Beschäftigten durch von ihnen gewählte Vertreter für Personalrat, Betriebsrat und Aufsichtsrat wird ergänzt durch eine zweite Säule, die mit der Gestaltung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen im Interesse der Beschäftigten beauftragt ist, nämlich durch die Gewerkschaften. Diese sind bei der Vorbereitung allgemeiner Regelungen der beamtenrechtlichen Verhältnisse zu beteiligen bzw. gestalten als Tarifpartner der Arbeitgeber im Arbeitnehmerbereich durch Abschluss von Tarifverträgen die Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen.

Betriebsverfassungsgesetz

Das Betriebsverfassungsgesetz ermöglicht eine kollektive Beteiligung der Arbeitnehmenden an Entscheidungen im Betrieb. Es findet in inländischen Betrieben der Privatwirtschaft Anwendung, also nicht im öffentlichen Dienst. Eine Ausnahme besteht allerdings für Tarifbeschäftigte im privaten Dienstleistungssektor wie beispielsweise bei der Deutschen Bahn oder Telekom.

Geschäftsführende, Organvertretende und leitende Angestellte sind vom persönlichen Geltungsbereich ausgeschlossen, es sei denn, Letztere sind ausdrücklich erwähnt.

Aktuelles – das Betriebsrätemodernisierungsgesetz

Im Juni 2021 verabschiedete der Bundestag das Betriebsrätemodernisierungsgesetz. Dieses enthält einige Neuerungen bzw. Änderungen des BetrVG. Ziel des neuen Gesetzes ist es, die wichtige Funktion der Betriebsräte in den Betrieben und bei der Interessenwahrnehmung zu stärken. Der dbb hat sich im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens mit einer Stellungnahme beteiligt. Den Gesetzesentwurf sowie die finale Fassung finden Sie hier: Betriebsrätemodernisierungsgesetz

 

 

Die neue Wahlordnung zur Betriebsratswahl 2022

Kurz vor der Betriebsratswahl 2022 gibt es wichtige Änderungen der Wahlordnung, die aus dem Betriebsrätemodernisierungsgesetz resultieren (WO). Dem Regierungsentwurf vom 25. August 2021 hat der Bundesrat am 8. Oktober 2021 zugestimmt. Hier die wichtigsten Änderungen im Überblick:

Alter

Änderung §§ 7 und 8 BetrVG:

Beschäftigte, die das 16. Lebensjahr vollendet haben, sind bei der Betriebsratswahl wahlberechtigt (vorher galt das vollendete 18. Lebensjahr). Nicht geändert wurde das passive Wahlrechtsalter. Hier bleibt es dabei, dass eine Person erst mit 18 Jahren in den Betriebsrat gewählt werden kann.

Anfechtbarkeit der Betriebsratswahl

Die Anfechtung der Betriebsratswahl ist ausgeschlossen, wenn wegen Unrichtigkeit der Wählerliste kein Einspruch eingelegt wurde. Gleiches gilt für eine Anfechtung durch die/den Arbeitgebende/n, wenn diese/r für die Unrichtigkeit der Wählerliste verantwortlich ist. 

Briefwahl

Bislang wurden die Briefwahlunterlagen nur an Wahlberechtigte verschickt, die diese Wahlunterlagen explizit angefordert hatten. Nun werden die Wahlunterlagen automatisch an jene Beschäftigte, von denen Sie wissen, dass Sie am Wahltag nicht im Betrieb sein werden, versendet. Es gilt zum Beispiel, Urlaubspläne und Außendienstler zu beachten. Außerdem zählt der Wahlvorstand die schriftlich abgegebenen Stimmen erst nach der Stimmabgabe zu Beginn der öffentlichen Sitzung, in der die Stimmenauszählung erfolgt, aus. Die schriftlich eingegangenen Stimmen werden also nicht mehr – wie bisher unmittelbar vor Abschluss der Stimmabgabe – in die Wahlurne eingelegt.

Fristen

  • Die Frist für den Einspruch gegen die Wählerliste…
  • Die Fristen für die Einreichung von Vorschlagslisten…
  • Die Fristen zu Erklärungen von Mängeln…

…enden grundsätzlich am letzten Tag der Frist um 24:00 Uhr. Der Wahlvorstand kann jedoch nun bestimmen, dass die Frist früher endet. Sie darf nun auf das Ende der Arbeitszeit im Betrieb oder auf das Ende der Dienststunden des Wahlvorstands begrenzt werden. Letzteres aber nur dann, wenn dieser Zeitpunkt nicht vor dem Ende der Arbeitszeit der Mehrheit der Beschäftigten liegt (§ 41 WO).

Korrekturen an der Wählerliste

Korrekturen an der Wählerliste sind noch bis zum Abschluss der Stimmabgabe am Tag der Wahl zulässig. Das ging bisher nur bis zum Tag der Stimmabgabe. Der Tag kann entscheidend sein. Denn damit können nun sehr kurzfristig in den Betrieb eingestellte (oder umgesetzte) Beschäftigte an der Wahl teilnehmen.

Kündigungsschutz

Bislang bestand für die ersten drei Beschäftigten, die in der Einladung zu einer Betriebsratswahl bzw. in der Antragstellung zur Bestellung eines Wahlvorstands aufgeführt werden, Kündigungsschutz (§ 15 Absatz 3 a Satz 1 KSchG). Dieser gilt nun für die ersten sechs genannten Mitarbeitenden. Neu ist der Kündigungsschutz für die sogenannten Vorfeldinitiatoren (§ 15 Absatz 3b KSchG). Wer Vorbereitungshandlungen zur Errichtung eines Betriebsrats unternimmt – und die Absicht hierzu in einer „öffentlich-beglaubigten Form“ erklärt (Notar), genießt von der Abgabe der beglaubigten Erklärung bis zum Zeitpunkt der Einladung zu einer Betriebs- oder Wahlversammlung (längstens für 3 Monate) Schutz vor einer personen- oder verhaltensbedingten Kündigung.

Stützunterschriften

Wenn Vorschlagslisten für die Wahl eingereicht werden, ging es bislang nicht ohne Stützunterschriften. Das ist für Kleinbetriebe (Betriebe mit bis zu 20 wahlberechtigten Arbeitnehmenden) ab sofort anders. Hier sind keine Stützunterschriften mehr erforderlich (§ 14 Absatz 4 Satz 1 BetrVG).

Telefon- und Videokonferenzen

So, wie der Betriebsrat durch das Betriebsrätemodernisierungsgesetz, darf jetzt der Wahlvorstand per Video- oder Telefonkonferenz tagen. Vorrang hat aber die Präsenzsitzung. 

Achtung:
Nicht alles kann im Rahmen einer Telefon- oder Videokonferenz beschlossen oder erledigt werden. Wörtlich heißt es in § 1 WO:

Der Wahlvorstand kann beschließen, „dass die Teilnahme an einer nicht öffentlichen Sitzung des Wahlvorstands mittels Video- und Telefonkonferenz erfolgen kann.

Dies gilt nicht für Sitzungen des Wahlvorstands

  1. im Rahmen einer Wahlversammlung nach § 14a Absatz 1 Satz 2 des Gesetzes,
  2. zur Prüfung eingereichter Vorschlagslisten (§ 7 Absatz 2 Satz 2),
  3. zur Durchführung eines Losverfahrens nach § 10 Absatz 1."

Konkret betrifft dies die Prüfung von beim Wahlvorstand eingereichten Vorschlagslisten und die Bearbeitung von Briefwahlunterlagen. Ebenso ausgeschlossen sind die eigentliche Stimmauszählung (inklusive der Bearbeitung der Briefwahlunterlagen) sowie die erste Wahlversammlung im vereinfachten (zweistufigen) Wahlverfahren, das in § 14a Absatz 1 Satz 2 BetrVG geregelt ist.

Wählerliste / Berichtigung

Die Berichtigung der Wählerliste durfte bislang nur bis zum Tag vor dem Beginn der Stimmabgabe zur Wahl des Betriebsrats erfolgen. Nach der neuen Wahlordnung sind Korrekturen an dieser Liste noch bis zum Abschluss der Stimmabgabe am Tag der Wahl möglich (§ 4 Absatz 3 Satz 2 WO-E).

Wahlumschläge

Für Stimmen, die vor Ort abgegeben werden, sind keine Wahlumschläge mehr nötig. Für Briefwählerinnen und Briefwähler besteht weiterhin Umschlagpflicht (siehe zum Beispiel § 12 Absatz 1 und 3; § 14 Absatz 1 oder § 21 WO).

Wahlverfahren

Bislang war das vereinfachte Wahlverfahren in Betrieben mit bis zu 50 Beschäftigten verpflichtend – nun ist die Zahl auf Betriebe mit bis zu 100 Beschäftigten gestiegen. In Unternehmen mit 101 bis 200 Beschäftigten kann das Verfahren angewendet werden – sofern mit der/den Arbeitgebenden eine entsprechende Vereinbarung getroffen wird.

Verordnung zur Änderung der Wahlordnung

Der Betriebsrat

Zentrales Organ im Betriebsverfassungsrecht ist der Betriebsrat. Er vertritt die Interessen der Belegschaft im Betrieb. Die allgemeinen Aufgaben des Betriebsrates regelt § 80 BetrVG:

  1. darüber wachen, dass die zugunsten der Arbeitnehmenden geltenden Gesetze, Verordnungen, Unfallverhütungsvorschriften, Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen durchgeführt werden;
  2. Maßnahmen, die dem Betrieb und der Belegschaft dienen, bei der/beim Arbeitgebenden beantragen;
    2a. die Durchsetzung der tatsächlichen Gleichstellung von Frauen und Männern fördern;
    2b. die Vereinbarkeit von Familie und Erwerbstätigkeit fördern;
  3. Anregungen von Arbeitnehmenden und der Jugend- und Auszubildendenvertretung entgegennehmen und, falls sie berechtigt erscheinen, durch Verhandlungen mit der/dem Arbeitgebenden auf eine Erledigung hinwirken;
  4. die Eingliederung schwerbehinderter Menschen und sonstiger besonders schutzbedürftiger Personen fördern;
  5. die Wahl einer Jugend- und Auszubildendenvertretung vorbereiten und durchführen und mit dieser zur Förderung der Belange der in § 60 Absatz 1 genannten Arbeitnehmenden eng zusammenarbeiten;
  6. die Beschäftigung älterer Arbeitnehmenden im Betrieb fördern;
  7. die Integration ausländischer Arbeitnehmenden im Betrieb und das Verständnis zwischen ihnen und den deutschen Arbeitnehmenden fördern, sowie Maßnahmen zur Bekämpfung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit im Betrieb beantragen;
  8. die Beschäftigung im Betrieb fördern und sichern;
  9. Maßnahmen des Arbeitsschutzes und des betrieblichen Umweltschutzes fördern.

In der Praxis liegt die Haupttätigkeit des Betriebsrates in den Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechten in sozialen Angelegenheiten (§§ 87ff BetrVG), in Personalangelegenheiten (§§ 92ff BetrVG) und in wirtschaftlichen Angelegenheiten (§§ 106ff BetrVG).

Beschlussfassung

Was macht die Stärke des Betriebsrats aus?

Aufgrund ihrer wirtschaftlichen und persönlichen Abhängigkeit von der/vom Arbeitgebenden sind Arbeitnehmende automatisch in einer sozial schwächeren Verhandlungssituation. Es ist schwierig, die einzelnen Wünsche und Bedürfnisse vorzutragen und durchzusetzen. Der Betriebsrat soll hier eine Vermittlungsfunktion zwischen den Beschäftigten und der/dem Arbeitgebenden übernehmen. Ein Betriebsrat kann die Interessen besser bündeln und die Rechte seiner Kolleginnen und Kollegen viel effektiver einfordern. Der Gesetzgeber hat nämlich vorgesorgt: Damit sich Betriebsratsmitglieder nicht aus Sorge um den eigenen Arbeitsplatz bei der Ausübung ihres Amtes zurückhalten müssen, genießen sie einen besonderen gesetzlichen Kündigungsschutz und können so frei agieren.

Die Zusammenarbeit zwischen der/dem Arbeitgebenden und Betriebsrat sollte vertrauensvoll ausgestaltet und zum Wohle der Arbeitnehmenden und des Betriebes sein. Die Parteien sind verpflichtet, den Betriebsfrieden zu wahren und Arbeitnehmende vor Diskriminierungen und Benachteiligungen zu schützen (§§ 2, 74 f. BetrVG).

Alle Betriebsratsmitglieder führen ein unentgeltliches Ehrenamt aus und dürfen deshalb weder benachteiligt noch begünstigt werden. Eines der wichtigsten Rechte der Betriebsratsmitglieder ist der Freistellungsanspruch aus §§ 37 f. BetrVG. Dieser Anspruch geht mit dem Anspruch auf Fortzahlung der Vergütung einher. Die Freistellung kann aus einem konkreten Anlass, aufgrund der Betriebsgröße oder zum Erwerb erforderlicher und geeigneter Kenntnisse erfolgen. Betriebsräte sind zur Verschwiegenheit verpflichtet. Sie genießen aufgrund ihrer Stellung einen besonderen Kündigungs- und Versetzungsschutz.

Der Betriebsrat kann durch Beschluss eine Betriebsversammlung einberufen. Sie dient vor allem der Information der Beschäftigten. Sie findet vierteljährlich und nicht öffentlich statt. Arbeitgebende, Beauftragte der im Betrieb vertretenen Gewerkschaften und ein/e Beauftragte/r des Arbeitgeberverbandes, dem die/der Arbeitgebende angehört, sind einzuladen. 

Mehrere Betriebsräte eines Unternehmens bilden einen Gesamtbetriebsrat (§ 47 ff.).

Mehrere Gesamtbetriebsräte eines Konzerns können einen Konzernbetriebsrat bilden (§ 54 ff.) Auf europäischer Ebene kann ein europäischer Betriebsrat nach dem EBRG gegründet werden.

Die Kosten der Betriebsratsarbeit inklusive Seminargebühren oder Reisekosten trägt übrigens der Arbeitgebende.

Die Rechte des Betriebsrates

Der Betriebsrat besitzt zahlreiche wichtige Rechte in folgenden Ausprägungen:

  • Informations- und Beratungsrechte
  • Anhörungsrechte
  • Zustimmungsverweigerungsrechte
  • Erzwingbare Mitbestimmung

Das Informations- und Beratungsrecht (zum Beispiel § 105, 110 BetrVG) ist am schwächsten ausgeprägt und erstreckt sich vor allem auf die wirtschaftlichen Angelegenheiten des Betriebes. Der Arbeitgebende muss den Betriebsrat beispielsweise über Fragen der Unternehmens- und Personalplanung rechtzeitig und umfassend informieren. Der Betriebsrat muss von der/vom Arbeitgebenden in Überlegungen miteinbezogen werden, bevor diese abgeschlossen sind. Denn nur so kann der Betriebsrat sein Beratungsrecht wahrnehmen.

Will die/der Arbeitgebende zum Beispiel einer/einem Beschäftigten kündigen, gilt das Anhörungsrecht. Das heißt: Der Betriebsrat darf zur beabsichtigten Kündigung Stellung nehmen. Widerspricht der Betriebsrat der Kündigung, kann die/der Arbeitgebende aber trotzdem die Kündigung aussprechen. Klagt allerdings die/der Beschäftigte gegen ihre/seine Kündigung, bleibt sie/er in diesem Fall bis zum Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens im Betrieb beschäftigt. Eine ohne Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung ist unwirksam.

Bei personellen Angelegenheiten steht dem Betriebsrat ein Zustimmungsverweigerungsrecht zu. Die/Der Arbeitgebende muss die Zustimmung des Betriebsrates einholen, wenn sie/er eine/einen Mitarbeitende/n versetzen oder eine/n neue/n Beschäftigte/n einstellen will. Lehnt der Betriebsrat die Entscheidung der/des Arbeitgebenden ab, bleibt der/dem Arbeitgebenden nur der Gang zum Arbeitsgericht. Dieses kann die Zustimmung des Betriebsrates ersetzen.

Der Betriebsrat kann seine Zustimmung zu personellen Einzelmaßnahmen (Umgruppierung, Einstellung, Eingruppierung oder Versetzung von Mitarbeitenden) verweigern und der Maßnahme widersprechen, wobei ihm jedoch nur ein bestimmter Katalog von Verweigerungsgründen zur Verfügung steht. Zu diesen echten Mitwirkungsrechten (zum Beispiel § 87, 91 BetrVG) des Betriebsrates zählen alle Fragen der Arbeitszeitgestaltung, Urlaubsplanung, Richtlinien der Personalpolitik und Fragen der Qualifizierung von Beschäftigten. Der Betriebsrat hat hier gegen die/den Arbeitgebende/n grundsätzlich einen Unterlassungsanspruch, kann aber umgekehrt immer die Initiative ergreifen, wenn er einen bisher noch nicht geregelten Sachverhalt künftig geregelt haben möchte. Zum Beispiel die private Internetnutzung am Arbeitsplatz. Oder aber der Betriebsrat möchte Kurzarbeit einzuführen, weil er damit Kündigungen vermeiden will. Er kann der/dem Arbeitgebenden also Regelungen vorschlagen und auf Verhandlungen drängen.

Bei gravierenden Betriebsänderungen besteht ein erzwingbares Mitbestimmungsrecht (§§ 111 ff. BetrVG) zum Abschluss eines Interessenausgleichs (gilt nicht in Tendenzschutzbetrieben, siehe § 118 BetrVG) und zum Abschluss eines Sozialplans. Das Gesetz nennt zum Beispiel die Einschränkung oder Stilllegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen, die Verlegung, einen Zusammenschluss mit anderen Betrieben oder die Spaltung von Betrieben. Von besonderer Bedeutung sind dabei Einschränkungen oder Stilllegungen sowie Zusammenlegungen, die mit einem Personalabbau bis hin zur Massenentlassung einhergehen. In diesen Fällen kann der Betriebsrat einen Sozialplan erzwingen und einen Interessenausgleich verhandeln, der aber, anders als der Sozialplan, nicht spruchfähig ist.

Weitere wichtige Rechte sind zum Beispiel die Hinzuziehung eines Sachverständigen § 80 Absatz 3 BetrVG oder der Schulungsanspruch nach § 37 Absatz 6 und 7 BetrVG.

§ 37 Absatz 6 BetrVG spricht hier von erforderlichen Schulungen für den Betriebsrat. Dabei handelt es sich im Grundsatz um Schulungsmaßnahmen, deren Inhalt mit den gesetzlichen Aufgaben des Betriebsrats in Zusammenhang stehen. Von der Rechtsprechung anerkannt sind zum Beispiel betriebsverfassungsrechtliche und arbeitsrechtliche Grundkenntnisse, Lohngestaltung, Arbeits- und Gesundheitsschutz, Kenntnisse des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes, Rhetorik, Gesprächsführung und Schulungen im Bereich EDV.

Die Mitbestimmung beginnt häufig mit einer Verhandlung zwischen Betriebsrat und Betriebsleitung. Das Ziel ist dann, eine Betriebsvereinbarung abzuschließen. Das ist ein Vertrag zwischen Arbeitgebende/n und Betriebsrat. Es gibt freiwillige und erzwingbare Betriebsvereinbarungen. Letztere liegt vor, wenn der Betriebsrat ein zwingendes Mitbestimmungsrecht hat. Können sich Arbeitgebende/r und Betriebsrat jedoch nicht einigen, entscheidet auf Antrag einer Seite die Einigungsstelle. Die Beendigung einer Betriebsvereinbarung erfolgt unter anderem durch Kündigung, Zweckerreichung oder Zeitablauf.

Folgen der Missachtung der Mitbestimmung

Dem Betriebsrat stehen bei Verletzung von Mitbestimmungsrechten aus § 87 BetrVG drei Wege offen. Diese können parallel beschritten werden:

  • Falls die/der Arbeitgebende einen groben Verstoß im Sinne des § 23 Absatz 3 BetrVG begangen hat – zum Beispiel die heimliche Installation von Überwachungskameras – kann der Betriebsrats oder auch eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft beim Arbeitsgericht beantragen, der/dem Arbeitgebenden aufzugeben, diese Handlung zu unterlassen.
  • In der Praxis bedeutsamer ist, dass der Betriebsrat einen Anspruch auf Unterlassung mitbestimmungswidriger Maßnahmen hat. Hier kann bei Zuwiderhandlungen ein Zwangsgeld nach § 888 ZPO festgesetzt werden.
  • Daneben kann der Betriebsrat die Einigungsstelle nach § 76 Absatz 5 BetrVG anrufen, um die streitige Angelegenheit dort regeln zu lassen.

Bei der Einigungsstelle handelt es sich um ein Schlichtungsorgan des Betriebsverfassungsrechts

Die Wahl des Betriebsrates

Der Betriebsrat wird alle vier Jahre in der Zeit vom 1.3. bis 31.5. gewählt. Unplanmäßige Wahlen können jedoch zum Beispiel stattfinden, wenn sich die Zahl der Arbeitnehmenden verändert, bei einem Rücktritt oder einer Wahlanfechtung. Die Wahl eines Betriebsrates hängt von der jeweiligen Größe des Betriebes ab.

Es müssen mindestens fünf wahlberechtigte Arbeitnehmende beschäftigt sein, von denen drei wählbar sind. Wahlberechtigt sind grundsätzlich alle Arbeitnehmenden eines Betriebs, die das 16. Lebensjahr vollendet haben. Ausgenommen sind dabei leitende Angestellte und Gesellschafter. Wahlberechtigt sind ebenfalls geringfügig Beschäftigte, Aushelfende und Teilzeitkräfte sowie Leiharbeitnehmende, wenn sie länger als drei Monate im Betrieb eingesetzt werden. Wählbar sind alle Wahlberechtigten, die dem Betrieb mindestens sechs Monate angehören. Wenn es in Ihrem Betrieb fünf Arbeitnehmende über 16 Jahre gibt, die keine leitenden Angestellten sind und von denen drei schon seit sechs Monaten dort arbeiten, können Sie einen Betriebsrat gründen.

Umfasst der Betriebsrat 9 oder mehr Mitglieder, ist ein Betriebsausschuss zu bilden, der die laufenden Geschäfte der Betriebsratsarbeit übernimmt. Die Sitzungen des Ausschusses finden nicht öffentlich statt.

Der Betriebsrat wählt aus seinen Reihen einen Vorsitz und eine/n Stellvertretende/n. Die/der Vorsitzende vertritt den Betriebsrat, nimmt Erklärungen entgegen und beruft die Sitzungen ein.

Die Wahl des Betriebsrates findet in einem Regelwahlverfahren oder im sogenannten vereinfachten Wahlverfahren in Kleinbetrieben statt.

Ablauf der Betriebsratswahl

Regelwahlverfahren der Betriebsratswahl

Was ist ein Wahlvorstand?

Damit Sie in Ihrem Betrieb überhaupt einen Betriebsrat gründen können, benötigen Sie ein Team, das die Organisation der Betriebsratswahl übernimmt – den Wahlvorstand. Dieser kümmert sich um die Vorbereitung und Durchführung der Betriebsratswahl. Seine Aufgaben reichen von der Organisation des Ablaufs bis hin zur Klärung juristischer Fragen. Sobald der Wahlvorstand bestellt worden ist, muss er die Wahl unverzüglich einleiten, sie durchführen und das Wahlergebnis feststellen. Besteht weder ein Betriebsrat noch ein Gesamt- oder Konzernbetriebsrat, so muss der Wahlvorstand im Rahmen einer Betriebsversammlung gewählt werden. Hierzu müssen sich zunächst mindestens drei Arbeitnehmende zusammenfinden, die zu der Betriebsversammlung einladen. Auch eine Gewerkschaft kann eine solche Betriebsversammlung initiieren.

Prüfung der Wahlvorschläge bei der Betriebsratswahl

Mit den Vorschlagslisten bzw. Wahlvorschlägen hat der Wahlvorstand zunächst gar nichts zu tun. Sie sind Sache der Arbeitnehmenden, die für den Betriebsrat kandidieren möchten. Diese müssen ihre Wahlvorschläge erstellen und sie dann beim Wahlvorstand einreichen. Trotzdem sollten diese Arbeitnehmenden sich mit diesem Thema auskennen, denn Sie müssen die Wahlvorschläge nach Eingang prüfen, um sie zur Betriebsratswahl zulassen zu können.

Wie muss eine Vorschlagsliste aussehen?

Wer für den Betriebsrat kandidieren möchte, kann entweder alleine als Einzelkandidat antreten oder sich mit Gleichgesinnten zu einer Liste zusammenschließen. Die Wahlvorschläge müssen bestimmte Pflichtangaben enthalten. Damit hier nichts falsch gemacht wird, kann der Wahlvorstand Vordrucke bereitstellen, die dann von interessierten Arbeitnehmenden nur noch ausgefüllt werden müssen. Das erleichtert die Arbeit, denn der Wahlvorstand muss jeden eingereichten Wahlvorschlag umgehend auf seine Gültigkeit prüfen und den Eingang bestätigen.

Jede Vorschlagsliste muss folgende Angaben enthalten (§ 6 Absatz 3 WO):

  • Vor- und Nachname,
  • Geburtsdatum und
  • Art der Beschäftigung der jeweiligen Kandidierenden,
  • schriftliche Zustimmung der Kandidierenden zu ihrer Kandidatur (Zustimmungserklärung),
  • die Reihenfolge, in der die Kandidierenden in der Liste die Wahl antreten,
  • genügend Stützunterschriften,
  • Name des Listenvertretenden sowie
  • den Namen der Liste,
  • das sogenannte Kennwort.

Besteht ein Dokument aus mehreren Blättern, sollten diese zusammengeheftet werden.

Die Stützunterschriften

Eine besonders wichtige Formanforderung an Wahlvorschläge für die Betriebsratswahl sind die sogenannten Stützunterschriften. Damit nicht unnötig viele Namen auf dem späteren Stimmzettel stehen und die Stimmabgabe dadurch erschwert wird, sollen zuerst diejenigen Kandidierenden aussortiert werden, die ohne jede Aussicht auf Erfolg sind. Es werden nur diejenigen Vorschläge zur Betriebsratswahl zugelassen, die durch eine gewisse Anzahl von Anhängern eine echte Chance auf Erfolg vorweisen können. Also muss jede/r, die/der einen Vorschlag einreichen möchte, zuvor bei den Kolleginnen und Kollegen zum „Unterschriftensammeln“ gehen und Stützunterschriften einholen. Dabei gilt: Jede/r Arbeitnehmende darf mit ihrer/seiner Unterschrift nur einen einzigen Vorschlag unterstützen. Wer seine Unterschrift abgegeben hat, darf sich allerdings später noch um entscheiden. Im Zweifel muss der Wahlvorstand klären, welche von mehreren Unterschriften gültig ist (§ 6 Absatz 5 WO). Kandidierende dürfen sich selbst mit ihrer eigenen Unterschrift unterstützen. Der Wahlvorschlag muss nach § 14 Absatz 4 BetrVG von mindestens 1/20 der wahlberechtigten Arbeitnehmenden des Betriebs, mindestens jedoch von 3 wahlberechtigten Arbeitnehmenden (Ausnahme: In Betrieben mit in der Regel bis zu 20 wahlberechtigten Arbeitnehmenden genügen 2 wahlberechtigte Arbeitnehmende) unterzeichnet sein. In jedem Fall genügt die Unterzeichnung durch 50 wahlberechtigte Arbeitnehmende. Jede/r Arbeitnehmende muss genau sehen können, wozu sie/er ihre/seine Unterstützung gibt. Daher muss die Vorschlagsliste vollständig und abgeschlossen sein, bevor die Kandidierenden mit dem Sammeln von Stützunterschriften beginnen. Wird an der Kandidierendenzusammensetzung noch etwas verändert, nachdem bereits erste Stützunterschriften geleistet worden sind, so wird dadurch der Wahlvorschlag insgesamt ungültig.

Einreichungsfrist

Für den gesamten Wahlvorschlag haben die Arbeitnehmenden nur einen bestimmten Zeitraum zur Verfügung. Auch diese Einreichungsfrist ist im Wahlausschreiben enthalten. Wahlvorschläge sind binnen zwei Wochen seit Erlass des Wahlausschreibens beim Wahlvorstand einzureichen (§ 6 Absatz1 Satz 2 WO). Es handelt sich dabei um eine Ausschlussfrist, die nicht verlängert oder verkürzt werden kann. Die Frist beginnt am Tage nach dem Aushang des Wahlausschreibens und endet zwei Wochen später am selben Wochentag, an dem das Wahlausschreiben ausgehängt wurde. Ein nicht rechtzeitig dem Wahlvorstand zugegangener Wahlvorschlag ist ungültig.

Prüfung der Vorschlagslisten

Wenn die Kandidierenden ihre Wahlvorschläge bzw. die Vorschlagslisten einreichen, ist gemäß § 7 WO der Wahlvorstand verpflichtet, diese zu prüfen. Zunächst muss der Wahlvorstand der/dem Listenvertretenden den Zeitpunkt der Einreichung schriftlich bestätigen. Steht auf der Liste kein Kennwort, müssen der Wahlvorstand die Vorschlagsliste mit den Vor- und Nachnamen der beiden in der Liste an erster und zweiter Stelle stehenden Kandidierenden versehen. Weiterhin muss er darauf achten, dass die Listen nicht mit irreführenden Kennwörtern gekennzeichnet worden sind. Sollte eine Liste mit einem unzulässigen Kennwort eingereicht worden sein, hat das aber keine Auswirkungen auf ihre Gültigkeit. Die Liste darf also nicht zurückgewiesen werden, sondern in diesem Fall muss das unzulässige Kennwort gestrichen und dieses wiederum durch die Vor- und Nachnamen der beiden in der Liste an erster und zweiter Stelle stehenden Kandidierenden ersetzt werden.

Die eingereichten Vorschlagslisten müssen unverzüglich, möglichst aber innerhalb einer Frist von zwei Arbeitstagen nach ihrem Eingang, daraufhin überprüft werden, ob sie den erforderlichen Vorgaben entsprechen. Kommt der Wahlvorstand zu dem Ergebnis, dass eine Vorschlagsliste ungültig ist, muss er die/den Listenvertretende/n unverzüglich schriftlich und unter Angabe der Gründe informieren. Sobald die Frist für die Einreichung von Wahlvorschlägen abgelaufen ist, lädt der Wahlvorstand die Listenführenden ein, um die Reihenfolge der Listen auf dem Stimmzettel durch Losentscheid festzulegen. Die gültigen Wahlvorschläge müssen dann spätestens eine Woche vor dem eigentlichen Wahltag öffentlich bekannt gemacht werden. So können sich die Arbeitnehmenden frühzeitig einen Überblick über die Kandidierenden verschaffen.

Diese Urteile müssen Sie als Betriebsrat kennen

Arbeitgebende sind zur Arbeitszeiterfassung verpflichtet

Das Thema Arbeitszeiterfassung gewinnt gerade in Zeiten der Corona-Pandemie an Relevanz. Arbeitgebende müssen für eine verlässliche Arbeitszeiterfassung im Homeoffice und für die Kurzarbeitszeiten sorgen. Dazu verpflichtet zwar derzeit noch kein deutsches Arbeitsgesetz, aber der Europäische Gerichtshof in einem bahnbrechenden Urteil vom 14. Mai 2019 (C-55/18). Das Arbeitsgericht Emden sieht nun – auch ohne deutsches nationales Gesetz – die Arbeitgebenden in der Pflicht zur Zeiterfassung. Viele Arbeitsrechtsexperten folgen dieser Linie.

ArbG Emden 20. Februar 2020 – 2 Ca 94/19

Betriebsratssitzung kann trotz Corona als Präsenzsitzung stattfinden

Arbeitgebende können Betriebsräte nicht zwingen, aus Gründen des Gesundheitsschutzes in Betrieben jetzt nur noch virtuelle Betriebsratssitzungen durchzuführen. Der neue § 129 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) schafft eine zusätzliche Option für den Betriebsrat, aber keinen Anspruch für die Arbeitgebenden. Für geheime Wahlen eignen sich virtuelle Sitzungen nämlich nicht – so das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg.

LAG Berlin-Brandenburg v. 24. August 2020 – 12 TaBVGa 1015/20

Betriebsrat kann Einsicht in Gehaltslisten nicht erzwingen

Übernehmen Arbeitgebende selbst die Pflicht nach dem Entgelttransparenzgesetz (EntgTranspG), Anfragen der Arbeitnehmenden zu Gehältern der Kolleginnen und Kollegen zu beantworten, hat der Betriebsrat weder ein Einsichts- noch ein Auswertungsrecht der Bruttoentgeltlisten. Anders ist es, wenn Arbeitgebende die Beantwortung der Anfragen nicht übernehmen. Dann ist der Betriebsrat in das Verfahren eingebunden und kann Auskunft über die Gehälter verlangen.

BAG 28. Juli 2020 – 1 ABR 6/19

Einladung zur Betriebsratssitzung nur durch Betriebsratsvorsitzenden

Für fast jede Handlung des Betriebsrats ist ein wirksamer Betriebsratsbeschluss nötig. So auch für das Ausüben der Mitbestimmung. Ein solcher Beschluss kann nur auf einer Betriebsratssitzung gefasst werden, zu der die/der Betriebsratsvorsitzende oder dessen Stellvertreter/in mit Tagesordnung eingeladen hat. Ein einfaches Betriebsratsmitglied kann die Sitzung nicht einberufen. Beschlüsse sind unwirksam, wenn sie in derlei fehlerhaft einberufenen Betriebsratssitzungen gefasst werden.

BAG 28. Juli 2020 – 1 ABR 5/19

Keine Mitbestimmung bei gewerkschaftlicher Mitgliederwerbung

Arbeitgebende dürfen Gewerkschaften das Verteilen von Informationsmaterial nicht verbieten. Derlei Aktivitäten sind grundrechtlich geschützt. Aber damit entziehen sie sich auch der Regelungsmacht der Arbeitgebenden, mit der Folge, dass die Mitbestimmung entfällt. Weswegen Betriebsräte den Gewerkschaften bei Konflikten nicht beispringen können. Die Gewerkschaften müssen ihre Rechte mit den Arbeitgebenden vor Ort selbst ausfechten, zur Not gerichtlich.

BAG 28. Juli 2020 – 1 ABR 41/18

Duldung von Überstunden geht nicht ohne Betriebsrat

Bei Überstunden muss immer der Betriebsrat mitbestimmen, egal ob die Überstunden explizit vom Arbeitgebenden angeordnet oder – was häufig vorkommt – nur geduldet werden. Doch wann liegt Duldung vor? Treffen Arbeitgebende keine Gegenmaßnahmen gegen Überstunden, ist von deren Hinnahme und damit Duldung auszugehen. Ist der Betriebsrat damit nicht einverstanden, kann er nach § 23 BetrVG dagegen vorgehen und Unterlassung der Duldung verlangen. 

BAG 8. Juli 2020 – 1 ABR 18/19

Zum Inhalt der Anhörung des Betriebsrats bei Kündigungen

Arbeitgebende müssen den Betriebsrat vor jeder Kündigung anhören und ihn umfassend über die Gründe der Kündigung unterrichten. Dabei brauchen Arbeitgebende allerdings weder Angaben zum Sonderkündigungsschutz des gekündigten Arbeitnehmers noch zur Kündigungserklärungsfrist zu machen.

BAG 7. Mai 2020 – 2 AZR 678/19

Abmahnungen von Betriebsratsmitgliedern nicht in Personalakte

Arbeitgebende dürfen Betriebsratsmitglieder rügen und ihnen auch Sanktionen androhen, wenn sie ihr Amt nicht pflichtgemäß ausüben. In die Personalakte gehören derlei Vorgänge keinesfalls. Denn es gibt einen Unterschied zwischen betriebsverfassungs- und arbeitsrechtlichen Pflichtverletzungen. Was mit der Amtsausübung als Betriebsrat zu tun hat, gehört niemals in die Personalakte.

LAG Baden-Württemberg 3. Juli 2020 – 8 TaBV 3/19

Bezahlung von Betriebsratsmitgliedern

Ein eigenes extra Gehalt gibt es für das Betriebsratsmandat bekanntlich nicht. Vielmehr wird das Gehalt der beruflichen Tätigkeit weitergezahlt. Entscheidend ist immer das Gehalt vergleichbarer Kolleginnen und Kollegen. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Vergleichbarkeit ist die Amtsübernahme, nicht die Freistellung. Im Zweifel müssen Betriebsräte die Vergütungsdifferenz einfordern.

BAG 22. Januar 2020 – 7 AZR 222/19

Im Zusammenhang mit der Vergütung ist das allgemeine Benachteiligungsverbot zu beachten. Folgendes Urteil ist interessant:

LAG Schleswig-Holstein 12. November 2020 – 5 Sa 135/20

Tariflicher Mehrurlaub verfällt nicht automatisch

Auf Betreiben des Europäischen Gerichtshofs hat das Bundesarbeitsgericht in einem Grundsatzurteil (19. Februar 2019 – 9 AZR 541/15) geklärt, dass der gesetzliche Urlaub erst nach Warnhinweis durch die Arbeitgebenden verfallen kann. Doch was heißt das für den tariflichen Mehrurlaub? Hier gilt dasselbe: Auch der tariflich vereinbarte Mehr-Urlaub verfällt nicht mehr automatisch, sondern nur, wenn Arbeitgebende die Arbeitnehmenden auf den drohenden Urlaubsverfall hinweisen.

BAG 26. Mai 2020 – 9 AZR 259/19

Formerfordernisse einer Betriebsratswahl beachten um Anfechtung zu vermeiden

Die einer Vorschlagsliste nach § 6 Absatz 3 Satz 2 WO BetrVG beizufügenden schriftlichen Zustimmungserklärungen der Bewerbenden zur Aufnahme in die Liste müssen mit Originalunterschriften versehen sein. Es reicht nicht aus, wenn dem Wahlvorstand lediglich die Kopie der Originalunterschriften zugeht. Hat der Wahlvorstand das Wahlausschreiben nach § 3 Absatz 4 Satz 2 WO BetrVG ergänzend per E-Mail bekannt gemacht, so ist es zwingend erforderlich, dass auch die als gültig anerkannten Vorschlagslisten ergänzend per E-Mail bekannt gemacht werden. Geschieht dies nicht, liegt ein Verstoß gegen eine wesentliche Verfahrensvorschrift vor, der geeignet ist, das Wahlergebnis zu beeinflussen.

LAG Düsseldorf 3. Juli 2020 – 10 TaBV 71/18

dbb und Mitbestimmung

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