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    CESI setzt sich für korrekte Arbeitszeitregelungen für Soldaten und Beschäftigte der Streitkräfte ein

CESI setzt sich für korrekte Arbeitszeitregelungen für Soldaten und Beschäftigte der Streitkräfte ein

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Die CESI setzt sich seit Jahren für faire, sichere und gesundheitsgerechte Bedingungen im öffentlichen Dienst ein – besonders für Soldatinnen, Soldaten und zivile Beschäftigte.

Gegenüber der Europäischen Kommission hat die CESI erneut zur Anwendung der Arbeitszeitrichtlinie im Verteidigungssektor Stellung bezogen: Auch militärisches Personal hat Anspruch auf wirksamen Arbeitszeitschutz. 

Vor dem Hintergrund der Bestrebungen, die Kampfkraft der Streitkräfte in Europa zu erhöhen, evaluiert derzeit die Europäische Kommission die Arbeitszeitrichtlinie und ihre Anwendung und Anwendbarkeit auf das militärische Personal der Streitkräfte und auf die Besonderheit seiner Aktivitäten. 

Die Kommission hatte im Juni das sogenannte Verteidigungs-Bereitschafts-Omnibuspaket vorgestellt, in dem sie darauf hinwies, dass hohe Gesundheitsschutz-, Sicherheits- und Arbeitsrechtestandards von Streitkräften entscheidend seien, um Verteidigungsbereitschaft Europas vollständig erreichen und qualifiziertes Personal gewinnen und halten zu können. Gleichzeitig sei aber zu prüfen, inwieweit die Arbeitszeitrichtlinie im Interesse einer Verteidigungsbereitschaft und -fähigkeit Ausnahmen zulassen könne.  

Bei einer Anhörung bei der Europäischen Kommission am 21. November verdeutlichte die CESI: Militärangehörige sind ‚Bürger in Uniform‘ – mit denselben Grundrechten auf Sicherheit und Gesundheit wie andere Beschäftigte. Die Arbeitszeitrichtlinie ist für die CESI ein Kernstück des europäischen Sozialrechts und des Arbeitsschutzes. Sie gilt grundsätzlich auch für die Streitkräfte; Ausnahmen dürfen nur für eng umschriebene Tätigkeiten gelten, bei denen die Natur des konkreten Einsatzes eine Anwendung der Richtlinie objektiv unmöglich macht. Dieses aufgabenbezogene Verständnis entspricht der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, insbesondere dem Urteil Ministrstvo za obrambo aus dem Jahr 2021. 

CESI-Generalsekretär Klaus Heeger sagte dazu: „Korrekte Arbeitszeitregelungen für Soldaten und Beschäftigte der Streitkräfte sind kein Luxus, sondern Bestandteil moderner Sicherheitspolitik – im Interesse der Betroffenen, ihrer Familien und einer Gesellschaft, die auf funktionierende, rechtsstaatlich verankerte Sicherheits- und Verteidigungsstrukturen angewiesen ist.“

Probleme entstehen bei der Umsetzung – nicht in der Richtlinie

In der schriftlichen Stellungnahme betont CESI, dass bestehenden Schwierigkeiten hinsichtlich der Arbeitszeit in den Streitkräften nicht aus der Richtlinie selbst, sondern aus mangelnder nationaler Umsetzung und Durchsetzung resultieren. Gewerkschaften aus dem militärischen Bereich berichten von anhaltenden Defiziten bei der Umsetzung der bestehenden Richtlinie im Verteidigungssektor in mehreren Mitgliedstaaten, so die CESI. 

So seien in manchen EU-Ländern nach wie vor ganze Personalkategorien oder Einheiten pauschal vom Anwendungsbereich ausgenommen – teilweise allein aufgrund des ‚militärischen Status‘. Dies widerspricht dem EU-Recht und der EU-Rechtsprechung, die nur aufgabenbezogene Ausnahmen für konkrete Tätigkeiten zulässt, die zwangsläufig mit der Richtlinie kollidieren. Hinzu kommt laut der CESI, dass sehr lange Arbeitszeit-Bezugszeiträume von bis zu zwölf Monaten oftmals zum Standardinstrument geworden sind. Damit verliere die in der Richtlinie prinzipiell gesetzte 48-Stunden-Obergrenze pro Woche ihre präventive Schutzfunktion, häufig mit dem vorgeschobenen Argument chronischen Personalmangels.

Die CESI kritisiert zudem, dass kompensierende Ruhezeiten bei herangezogenen Ausnahmen häufig verspätet, verkürzt oder durch finanzielle Zulagen ersetzt werden – obwohl ein rascher Freizeitausgleich gesundheitlich notwendig und rechtlich vorgeschrieben ist. Ebenfalls problematisch seien unzureichende, teils fragmentierte Zeiterfassungssysteme oder gar das völlige Fehlen objektiver Arbeitszeiterfassung für ganze Personalkategorien. Schließlich seien außerdem Bereitschafts- und Rufbereitschaftsdienst mit stark eingeschränkter persönlicher Autonomie noch zu oft fälschlich als Ruhezeit eingestuft, obwohl der gesamte Zeitraum als Arbeitszeit gelten sollte.

Gute Arbeitszeiten stärken Einsatzfähigkeit und Personalgewinnung

Die CESI betont ferner, dass entgegen gelegentlicher Behauptungen ein konsequenter Arbeitszeitschutz die Einsatzfähigkeit der Streitkräfte nicht schwächt – im Gegenteil. Überlange Arbeitszeiten, fehlende Erholungsphasen und chronisch unvorhersehbare Dienstpläne führten zu Ermüdung, geringerer Aufmerksamkeit und erhöhtem Unfallrisiko. Das gefährde nicht nur die betroffenen Beschäftigten, sondern unterminiere auch den Erfolg von Missionen.

Aus Sicht der CESI sind schlechte Arbeitszeitbedingungen zudem ein Treiber für sinkende Moral, Rekrutierungsprobleme und Schwierigkeiten bei der Personalbindung. Ausgeruhte Soldaten seien einsatzfähige Soldaten – und nur einsatzfähige Soldaten gewährleisteten tatsächliche Verteidigungsbereitschaft. Nachhaltige Arbeitszeitregelungen seien somit eine Voraussetzung für eine effektive Verteidigungsfähigkeit in Europa.

Richtlinie nicht reformieren, sondern besser umsetzen

Vor diesem Hintergrund spricht sich die CESI klar dagegen aus, die Arbeitszeitrichtlinie erneut aufzuschnüren. Aus ihrer Sicht ist der bestehende Rechtsrahmen ausgewogen und enthält bereits ausreichend spezifische Instrumente für militärische Realitäten. Statt einer Gesetzesänderung fordert CESI ein operatives Maßnahmenpaket auf EU-Ebene, um die tatsächliche Umsetzung der Vorgaben der Richtlinie zu verbessern. Dazu gehören insbesondere klare und verbindliche Leitlinien der Kommission für den Verteidigungssektor, eine gestärkte Überwachung und Regeldurchsetzung – einschließlich systematischer Berichte der Mitgliedstaaten und Vertragsverletzungsverfahren bei systematischen Missbräuchen – sowie verpflichtende objektive und digitale Arbeitszeiterfassungssysteme in den Streitkräften.

Stärkerer sozialer Dialog im Verteidigungsbereich

Ein besonderer Schwerpunkt der CESI-Forderungen liegt schließlich auf der Rolle der Berufsverbände und Gewerkschaften im Sicherheits- und Verteidigungsbereich. Diese müssten überall dort, wo dies bisher noch eingeschränkt sei, systematisch in die Ausgestaltung von Arbeitszeitregelungen eingebunden werden. Nur wenn die Erfahrungen der ‚Bürger in Uniform‘ und der zivilen Beschäftigten frühzeitig einfließen, lassen sich praxistaugliche und rechtssichere Regelungen finden, die Einsatzrealitäten und Gesundheitsschutz zusammenbringen. 

Die gesamte Position der CESI zur Anwendung der EU-Arbeitszeitrichtlinie im Verteidigungssektor ist auf der Website der CESI abrufbar. 

 

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