Leitantrag Technik

Präambel

Für das Weiterbestehen des in Deutschland vorherrschenden hohen Lebensstandards ist eine effiziente Verwaltung und eine moderne Daseinsvorsorge notwendig. Der Fachkräftemangel, insbesondere im technischen Dienst, stellen den Bund, die Länder und die Kommunen angesichts des demografischen Wandels, der fortschreitenden Digitalisierung und sich verändernder Aufgaben bundesweit in vielen Bereichen der öffentlichen Verwaltungen und der kommunalen Unternehmen vor große Herausforderungen.

1. Ausgangssituation

Jede und jeder Beschäftigte im öffentlichen Dienst wird nach aktuellen Prognosen in den nächsten zehn Jahre in den Ruhestand treten, zugleich mangelt es an Nachwuchs. Gemäß einer Prognose von MC Kinsey wird es bis zum Jahr 2030 eine Personallücke von ca. 731.000 Beschäftigten geben. Damit vergrößert sich die Personallücke von heute knapp 4 Prozent auf fast 16 Prozent.

Der demografische Wandel wirkt sich bei den Zahlen der Bewerberinnen und Bewerber in allen Bereichen aus. Insbesondere im technischen Dienst besteht jetzt schon ein Mangel an geeigneten Bewerberinnen und Bewerbern. Wie eine Umfrage gezeigt hat, sind die deutlichsten Auswirkungen aber aktuell bei den technischen Beschäftigungsgruppen der Ingenieur/innen, Techniker/innen /Meister, bei den Erzieher/innen sowie insbesondere bei den IT-Fachkräften zu erwarten. Dies hat eine Umfrage: „Personalmanagement der Kommunen im demografischen Wandel“ aus dem Jahr 2018 ergeben, die von publecon durchgeführt worden ist.

Die Behörden in Deutschland werden in den nächsten Jahren viele ihrer Aufgaben digitalisieren und ihre Dienstleistungen digital anbieten. Doch schon heute ist es problematisch, IT-Spezialisten, Ingenieurinnen und Ingenieure und weitere Fachkräfte zu finden, die die Prozesse digitalisieren, optimieren und professionalisieren sollen.

Aber in allen Ländern, Kommunen und beim Bund fehlen für die unterschiedlichen Fachaufgaben gut ausgebildete Fachkräfte. Von dieser Problematik sind fast alle Verwaltungsbereiche betroffen.

Als Beispiele für den schon bestehenden Fachkräftemangel aus den technischen und naturwissenschaftlichen Aufgaben des öffentlichen Dienstes sind folgende zu nennen:

  • Mangel an Ingenieurinnen und Ingenieuren, Technikerinnen und Technikern des Bauwesens, der technischen Gebäudeausstattung, der Elektrotechnik und des Maschinenbaus im öffentlichen Hochbau mit der Folge, dass öffentliche Bauvorhaben nicht geplant, nicht genehmig und Bauleistung nicht ausgeschrieben werden kann,
  • Mangel an Ingenieurinnen und Ingenieuren, Technikerinnen und Technikern des Tiefbaus und des Verkehrswegebaus mit der Folge, dass Infrastrukturprojekte nicht fortentwickelt und umgesetzt werden
  • Mangel an Lebensmittelchemikerinnen und -chemikern, Lebensmittelkontrolleurinnen und -kontrolleuren, chemisch-technische Assistentin und Assistenten sowie Chemielaborantinnen und -laboranten in der Lebensmittelüberwachung mit der Folge das erforderliche Lebensmitteprüfungen nicht durchgeführt werden können,
  • Mangel an technisch und naturwissenschaftlich ausgebildeten Lehrkräften mit der Folge, dass es in den MINT-Fächern an allgemeinbildentend Schulen und insbesondere an Berufsschulen zu strukturellem Unterrichtsausfall kommt,
  • Mangel an Fachkräften im Bereich der Eisenbahnverkehrsunternehmen (EUV) und Eisenbahninfrakturunternehmen (EIU) in allen technischen Berufsfeldern. Zahlreiche unbesetzte Stellen für Fachkräfte gibt es in den verschiedensten Bundesbehörden und -ämtern wie zum Beispiel beim Deutschen Wetterdienst, der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes und dem Luftfahrt-Bundesamt,
  • Mangel an technischen Fachpersonal bei den Eichämtern haben die Folge, das gesetzlich vorgeschriebene Prüfungen an Messgeräten oder im Verbraucherschutz (Fertigpackungsprüfungen) verspätet oder gar nicht ausgeführt werden können,
  • Mangel an Fachpersonal für den Strahlenschutz,
  • Mangel an Fachpersonal für den Arbeitsschutz zur Umsetzung des Arbeitsschutzkontrollgesetzes,
  • Mangel an Fachpersonal zum Unterhalt der Straßen und viele weitere Bereiche des Verbraucherschutzes in der Fachkommission thematisiert worden.

Der schon bestehende Fachkräftemangel vornehmlich in den Bereichen führt zu enormen Belastungen für das Personal. Insbesondere im Hinblick des meistens hohen Verantwortungsbereichs des technischen Personals ist der Fachkräftemangel eine ernste Gefahr.

Zugleich wird damit der Wettbewerb um Personal mit der privaten Wirtschaft noch verstärkt.

Allerdings geht es nicht nur um die Rekrutierung und Anwerbung von Fachkräften auf dem Arbeitsmarkt. Das Augenmerk muss auch auf die Ausbildung junger Menschen gerichtet werden.

Zudem muss es einen langjährigen Wissenstransfer und dauerhafte Weiterbildung, gerade auf Grund der Digitalisierung, beachtet werden und gefördert bzw. ermöglicht werden.

2. Handlungsempfehlungen und -möglichkeiten

  • Entwicklung einer zwischen Bund, Länder und Kommunen gemeinsamen Strategie, um den Fachkräftemangel in den technischen und naturwissenschaftlichen Verwaltungen zu beseitigen

    Es ist wichtig, dass der Bund, die Länder und die Kommunen erkennen, das mittlerweile strukturelle Personalproblem im technischen und naturwissenschaftlichen Bereich zu beseitigen und kurzfristig die Ausbildung von technischen und naturwissenschaftlichen Fachkräften zur Fachkräftesicherung zu stärken.
     
  • Einstellung von Fachkräften

    Zwar ist es im Hinblick auf die Eingangsämter bereits jetzt möglich, Bewerberinnen und Bewerber für den einfachen Dienst in einem Amt der Besoldungsgruppe A 4 und Bewerberinnen und Bewerber für den mittleren nichttechnischen Dienst in einem Amt der Besoldungsgruppe A 6 bzw. für den mittleren technischen Dienst bis A 7 einzustellen (siehe § 23 Abs. 1 BBesG). Für den gehobenen technischen Verwaltungsdienst ist, soweit ein mit einem Bachelor abgeschlossenes Hochschulstudium oder ein gleichwertiger Abschluss gefordert wird, eine Einstellung gemäß § 23 Abs. 2 S. 1 BBesG in einem Amt der Besoldungsgruppe A 11 möglich (§ 23 Abs. 2 BBesG − neu gefasst durch das Fachkräftegewinnungsgesetz vom 22. März 2012 (BGBl. I S. 462)). Nach Einschätzung des dbb bedarf es aber weiterer Maßnahmen. Insgesamt gesehen ist es wichtig, im beamtenrechtlichen Rahmen attraktive Bedingungen für Fachkräfte zu schaffen; ein Ausweichen in den Tarifbereich sollte möglichst vermieden werden.

a) Empfehlungen für IT-Spezialisten

IT-Spezialisten sollten aufgrund der höheren Eingangsämter und der durch das Fachkräftegewinnungsgesetz geschaffenen Möglichkeiten in den technischen Verwaltungsdienst überführt werden.

b) Empfehlungen für Fachkarrieren

Fachkarrieren ohne Personalveränderung sollten gefördert werden (z. B. für IT-Spezialisten, Naturwissenschaftler in besonderen Funktionen etc.).

c) Bewerber/innen mit Berufsausbildung, Vorbereitungsdienst, Studium, hauptberuflicher Tätigkeit oder sonstigen Qualifikationen

  • Für Meister oder staatlich geprüfte Techniker sollte ein erhöhtes Eingangsamt zwischen dem mittleren Dienst und des gehobenen Dienstes eingerichtet werden.
  • Für den höheren Dienst gibt es eine solche Möglichkeit nicht. Dies könnte man in den Bereichen, in denen ein Mangel an qualifizierten Bewerbern besteht, in vergleichbarer Weise einführen.

Dabei ist zu beachten:

  • Die Trennung von Bachelor-Abschlüssen (ggf. mit Berufserfahrung oder Promotion) und Master-Abschlüssen als Bildungsvoraussetzungen für die Zulassung zu den Laufbahnen des gehobenen und des höheren Dienstes darf nicht aufgegeben werden.
  • Vielmehr muss man dem Bachelor-Absolventen im gehobenen Dienst eine realistische Chance für den Aufstieg in den höheren Dienst geben. Die wissenschaftliche Ausbildung für den Aufstieg kann auch an einer externen (Fach-) Hochschule erfolgen.

d) Schulabgänger

  • Vorab: Schülerpraktika können Vorstellungen über den öffentlichen Dienst und die spätere Berufswahl positiv und realistisch geprägt werden. Deswegen sollte die Möglichkeit eines Schülerpraktikums im öffentlichen Dienst ausgeweitet werden.
  • Duale Ausbildungs- und Studienangebote sind zu verstärken. Gerade in Mangelfächern wäre es sinnvoll, die potenziellen Bewerberinnen und Bewerber nicht erst nach dem Studium, sondern unmittelbar nach der Schule in den öffentlichen Dienst einzustellen. Sie würden dann ihr Studium an einer externen Fachhochschule/Hochschule absolvieren und die praktischen Berufszeiten in ihrer zukünftigen Dienststelle ableisten. Diese praktischen Berufszeiten könnten den Vorbereitungsdienst ersetzen.
  • Ausbildungen sollten weitest möglich im Beamtenverhältnis auf Widerruf durchgeführt werden. Es wären Änderungen der Laufbahn-/Ausbildungsverordnungen notwendig.

e) Ausweitung der demografievorsorgenden Stellenpolitik

Die Anzahl der ausgebrachten Stellen im Rahmen der demografievorsorgenden Stellenpolitik, mithilfe derer die Einstellung von Nachwuchskräften vorübergehend auf neuen, durch kw-Vermerke befristete Stellen ermöglichen, bis Dauerstellen mittelfristig durch Altersabgänge frei werden, sollte ausgeweitet werden.

Darüber hinaus ist das derzeitige Verfahren hinsichtlich der Praktikabilität deutlich zu vereinfachen.

  • Wahrnehmung und Bewerbung des öffentlichen Dienstes und der als attraktive Arbeitgeber verbessern

    Der öffentliche Dienst hat in den letzten Jahren durch regionale und lokale Imagekampagnen Anstrengungen unternommen, die Wahrnehmung des öffentlichen Dienstes zu verbessern, um so im Wettbewerb um die besten Kräfte punkten zu können. Kernbotschaft muss es sein, die Attraktivität des öffentlichen Dienstes und als Arbeitgeber /Dienstherr herauszustellen. Dies ist sowohl für dringend benötigte neue Fach- und Nachwuchskräfte als auch für das Bestandspersonal relevant.
     
  • Vielfalt der Aufgaben

    Es ist wichtig, frühzeitig in Schulen, Universitäten und Fachhochschulen oder auf Job-Messen für eine Tätigkeit mit ihren vielfältigen Tätigkeitsbereichen und Berufsbildern zu werben. Potenziellen Bewerberinnen und Bewerbern wissen häufig gar nicht, wie viele unterschiedliche Aufgabenbereiche, Ausbildungsmöglichkeiten und Tätigkeitsfelder die Verwaltungen zu bieten haben.
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dbb Geschäftsbericht