Leitantrag Mobiles Arbeiten
Die fortschreitende Digitalisierung eröffnet großen Teilen von Beschäftigten die Möglichkeit, ihre Arbeitsleistung außerhalb ihrer Arbeits- oder Dienststelle zu erbringen.
Viele Beschäftigte wollen unabhängig vom festen Arbeitsplatz arbeiten, da diese Arbeitsortsouveränität besser in ihre Lebensplanung passt. Hierdurch können etwa die Vereinbarkeit von Familie und Beruf besser umgesetzt oder lange Pendelzeiten zum Arbeitsort vermieden werden.
Allerdings wirft die Möglichkeit, unabhängig vom festen Arbeitsplatz zu arbeiten, eine Reihe von Gestaltungsfragen auf. Die gesetzlichen Regelungen geben derzeit auf viele damit zusammenhängende Fragen keine Antworten.
Der dbb spricht sich dafür aus, den Beschäftigten einen Anspruch auf Mobiles Arbeiten einzuräumen. Die nähere Ausgestaltung des Mobilen Arbeitens hat durch Tarifverträge und Betriebs- oder Dienstvereinbarungen zu erfolgen.
Mobile Arbeit hat immer nur als Angebot an die Beschäftigten zu erfolgen, niemals als Pflicht und immer mit der Möglichkeit für die Beschäftigten, die individuelle Teilnahme an dieser Beschäftigungsform mit einer gewissen Ankündigungsfrist zu widerrufen. Die Beschäftigten sollten weiterhin einen Arbeitsplatz im Betrieb bzw. in der Dienststelle haben und dürfen nicht zum Arbeiten von zuhause gezwungen werden.
Mobil arbeitende Beschäftigte dürfen keine Nachteile durch die fehlende Präsenz im Betrieb bzw. in der Dienstelle erfahren. Dies gilt insbesondere für Beurteilungen, Aufstiegschancen aber auch für die Teilnahme an Fort- und Weiterbildung.
Führungskräfte sind beim Mobilen Arbeiten vor besondere Herausforderungen gestellt. Gleichzeitig ist eine gute Führungskultur Voraussetzung für das Gelingen von guter Mobiler Arbeit. Die Arbeit- bzw. Dienstgebenden haben die Pflicht, die Führungskräfte dabei zu unterstützen, ihre Mitarbeitenden auf Distanz zu führen. Führungskräfte sind regelmäßig für die Führung auf Distanz zu schulen. Die Arbeit- bzw. Dienstgebenden sind gefordert, hinsichtlich der Ausgestaltung der Führung bei Mobiler Arbeit einheitliche Vorgaben im Betrieb bzw. in der Behörde zu etablieren.
Arbeit ohne festen Arbeitsplatz führt zu einer Reduzierung der persönlichen Kontakte mit Kolleginnen und Kollegen. Daher sollten Vorkehrungen seitens der Arbeit- bzw. Dienstgebenden getroffen werden, damit mobil tätige Beschäftigte im Betrieb bzw. in der Dienstelle weiterhin sozial eingebunden bleiben. Hier bieten sich unter anderem Präsenzveranstaltungen und technische Möglichkeiten an, um den Beschäftigten einen Austausch, zusätzlich zu den bereits zur Erledigung der Arbeit vorhandenen Kommunikationsmöglichkeiten, zu ermöglichen.
Eine gesundheitliche Beeinträchtigung kann bei mobiler Arbeit dadurch entstehen, dass es zu einer Entgrenzung von Arbeit und Privatleben kommt. Es bedarf daher Vorkehrungen, die die mobil arbeitenden Beschäftigten vor einer derartigen Entgrenzung schützen. Es muss sichergestellt werden, dass Beschäftigte außerhalb der Arbeitszeit nicht verpflichtet sind, erreichbar zu sein oder dass die Erwartung der Arbeit- und Dienstgebenden an die Beschäftigten besteht, auch außerhalb der Arbeitszeit verfügbar zu sein, um kurzfristige Arbeitsaufträge zu erledigen. Die Beschäftigten haben ein Recht auf „Nicht-Erreichbarkeit“ und dieses gilt es durch geeignete Maßnahmen durchzusetzen.
Das Arbeitsschutzgesetz gilt auch bei Mobilem Arbeiten und enthält Vorgaben, die gesundes Arbeiten auch bei ortsflexiblem Arbeiten ermöglicht. Im Rahmen von Gefährdungsbeurteilungen sind die spezifischen Belastungsdimensionen der Arbeitsform zu berücksichtigen. Zu beachten ist jedoch, dass im Rahmen des Mobilen Arbeitens eine Einrichtung fester Arbeitsplätze gerade nicht stattfindet und die Flexibilisierung der Arbeitsumstände das vorrangig angestrebte Ziel ist. Daher liegt es in der Natur der Sache, dass auch Gefährdungsbeurteilung und Unterweisung einen anderen Fokus einnehmen. Die Beschäftigten trifft eine erhöhte Verantwortung, selbst auf die Einhaltung der Arbeitsschutz- und Gesundheitsvorschriften zu achten, da sie den überwiegenden Teil der Umstände ihrer Arbeit selbst bestimmen und die Arbeit außerhalb des arbeitgebereigenen Einflussbereichs verrichtet wird.
Die Arbeitsstättenverordnung findet, mit Ausnahme bei Telearbeit, also einem fest eingerichteten Arbeitsplatz außerhalb des Betriebes bzw. der Dienststelle, auf Mobile Arbeit keine Anwendung. Dennoch hat der Arbeit- bzw. Dienstgebende auch für mobil arbeitende Beschäftigte eine Fürsorgepflicht und den Arbeits- und Gesundheitsschutz zu berücksichtigen. Wo es erforderlich ist, ist der Arbeits- und Gesundheitsschutz weiterzuentwickeln, um mobil arbeitenden Beschäftigten ausreichend Schutz zu gewähren.
Die Tragung der Kosten für die erforderlichen Arbeitsmittel für Mobiles Arbeiten sollte in Eckpunkten geregelt werden. Abgelehnt wird die Nutzung eigener IT-Endgeräte der Beschäftigten im Sinne von „Bring Your Own Device“.
Die datenschutzrechtlichen Bestimmungen sind zum Schutze der mobil arbeitenden Beschäftigten zu beachten und auf ihre Einhaltung und Umsetzung zu prüfen. Die informationstechnischen Möglichkeiten dürfen nicht zur Verhaltens- und Leistungskontrolle eingesetzt werden.
Lücken beim Unfallversicherungsschutz und bei der Haftung für Schäden am Arbeitsmaterial, zum Beispiel verursacht durch Familienangehörige, sind durch den Gesetzgeber zu schließen.
Es ist durch die Arbeit- bzw. Dienstgebenden zu gewährleisten, dass Gewerkschaften, Betriebs- oder Personalräte sowie weitere Interessenvertretungen Kontakt zu den mobil tätigen Beschäftigten herstellen und unterhalten können.
Eine besondere Herausforderung stellt sich für diejenigen Berufs- und Beschäftigungs-gruppen, die ihre Arbeit im Wesentlichen unmittelbar am Menschen verrichten oder deren Tätigkeit anderweitig die persönliche Anwesenheit am Arbeitsplatz voraussetzt. Für diese Beschäftigten bedarf es besonderer Anstrengungen und Kreativität, um auch ihnen eine höhere Selbstbestimmung bei der Gestaltung der Wahl des Arbeitsortes zu ermöglichen.
Kernforderungen des dbb sind:
- Beschäftigte erhalten einen Anspruch auf Mobile Arbeit. Sie dürfen nicht gezwungen werden, mobil zu arbeiten.
- Durch die Mobile Arbeit darf den Beschäftigten kein Nachteil entstehen.
- Eine gute Führungskultur ist Voraussetzung für das Gelingen von guter Mobiler Arbeit. Führungskräfte sind bei der Führung auf Distanz daher von den Arbeit- bzw. Dienstgebenden zu unterstützen und regelmäßig weiterzubilden.
- Es sind Vorkehrungen zu treffen, damit Beschäftigte im Betrieb bzw. in der Dienststelle weiterhin sozial eingebunden bleiben.
- Mobil arbeitende Beschäftigte haben ein „Recht auf Nicht-Erreichbarkeit“. Der Arbeit- bzw. Dienstgebende hat dies mit geeigneten Maßnahmen umzusetzen.
- Gesundes Arbeiten ist auch durch den Arbeitsschutz bei Mobiler Arbeit zu gewährleisten. Die mobil arbeitenden Beschäftigten trifft hierbei eine erhöhte Eigenverantwortung, da sie den überwiegenden Teil der Umstände ihrer Arbeit selbst bestimmen und die Arbeit außerhalb des arbeitgebereigenen Einflussbereiches verrichtet wird.
- Die Nutzung eigener IT-Endgeräte der Beschäftigten im Sinne von „Bring Your Own Device“ lehnt der dbb ab.
- Zum Schutz der mobil arbeitenden Beschäftigten wird eine Verhaltens- und Leistungsüberwachung durch informationstechnische Möglichkeiten abgelehnt.
- Gewerkschaften, Betriebs- oder Personalräten sowie weiteren Interessenvertretungen ist die Aufnahme und Unterhaltung des Kontaktes mit mobil arbeitenden Beschäftigten zu ermöglichen.
Begründung: