Gemeinsames Engagement für sichere Arbeitsplätze
Sozialpartner verabschieden Leitlinien gegen Gewalt am Arbeitsplatz
Gewalt und Belästigung durch Dritte am Arbeitsplatz sind kein Randphänomen – sie sind trauriger Alltag in vielen Berufen mit direktem Kontakt zur Öffentlichkeit.
Mit einer neuen europäischen Rahmenvereinbarung zu Gewalt und Belästigung durch Dritte haben acht europäische Sozialpartnerorganisationen nun ein gemeinsames Zeichen gesetzt. Auch die Europäische Union Unabhängiger Gewerkschaften (CESI) hat die neue Vereinbarung mit verhandelt und unterzeichnet und fordert nun deren konsequente Umsetzung in allen Mitgliedstaaten.
Die nun vorgelegten Leitlinien sind eine Reaktion auf zunehmende Übergriffe gegen Beschäftigte, etwa im öffentlichen Dienst, in der Pflege, Bildung oder im Gastgewerbe. Laut Daten der EU-Agentur Eurofound berichten mehr als 10% aller Arbeitnehmer in der EU von negativen sozialen Erfahrungen am Arbeitsplatz – mit weitaus höheren Werten in besonders exponierten Sektoren. Besonders betroffen sind junge Frauen: Jede vierte Betroffene erlebt unerwünschte sexuelle Aufmerksamkeit, vor allem im Alter zwischen 16 und 24 Jahren.
„Wenn Gewalt und Übergriffe am Arbeitsplatz als Teil des Berufsbilds hingenommen werden, verlieren wir nicht nur Fachkräfte – wir verlieren Vertrauen in unsere Arbeitswelt insgesamt“, warnt CESI-Generalsekretär Klaus Heeger. „Was wir brauchen, ist eine Kultur der Nulltoleranz, die von ganz oben getragen wird – politisch, institutionell und betriebsintern."
Umfassende Maßnahmen für mehr Sicherheit
Die Leitlinien definieren konkrete Verpflichtungen für Arbeitgeber und Arbeitnehmervertretungen. Dazu zählen eine systematische Risikoanalyse, klare betriebliche Maßnahmenpläne, niedrigschwellige und vertrauliche Beschwerdeverfahren sowie gezielte Schulungen, etwa zur Deeskalation und psychosozialen Unterstützung. Die Vereinbarung betont zudem den Schutz vor geschlechtsspezifischer Gewalt sowie Diskriminierung auf Basis von Herkunft, sexueller Identität oder Behinderung. Ein besonderes Augenmerk liegt auf der Prävention im digitalen Raum – einschließlich Cybergewalt, die sich zunehmend gegen Beschäftigte richtet.
Gleichzeitig fordern die Sozialpartner stärkere personelle Ausstattung, insbesondere in unterbesetzten Sektoren. Denn Überlastung, Nachtarbeit und Alleinarbeit erhöhen das Risiko von Übergriffen erheblich. Arbeitgeber sollen klare Signale setzen, dass gewalttätiges Verhalten durch Dritte – seien es Patienten, Kunden oder Bürger – nicht toleriert wird und rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen kann.
Partnerschaftlich gegen Gewalt
Die Sozialpartner verpflichten sich zudem, regelmäßig im europäischen sektoralen Dialog über Fortschritte bei der Umsetzung der Leitlinien zu berichten. Das Projektportal thirdpartyviolence.com dient dabei als zentrale Wissensplattform zur Verbreitung guter Praxisbeispiele und zur Unterstützung lokaler Initiativen.
„Wir dürfen nicht warten, bis etwas passiert – Prävention ist Führungsverantwortung“, betont Klaus Heeger. „Unsere Beschäftigten haben ein Recht auf Sicherheit, Respekt und Würde – in jedem Beruf und an jedem Arbeitsplatz."
Die Leitlinien sind auf der Website der CESI abrufbar.