Wildfeuer zu EU-Mutterschutz: „Wir stehen auf Seiten des Parlaments“
„Wir unterstützen die Entschließung des Europäischen Parlaments zum Mutterschaftsurlaub“, erklärte die Vorsitzende der dbb Bundesfrauenvertretung, Helene Wildfeuer. Der Widerstand des Rates müsse überwunden werden. „Diese sinnvolle Richtlinie darf nicht vorauseilendem Gehorsam gegenüber den Briten zum Opfer fallen“, so Wildfeuer mit Blick auf die Bemühungen der EU-Kommission um weniger Bürokratie im Rahmen des so genannten REFIT-Programms. Das sei offensichtlich ein Entgegenkommen gegenüber den euroskeptischen Engländern, die europäische Sozialpolitik ablehnen. „Mütter brauchen mehr Unterstützung, um Familie und Beruf ohne Abstriche vereinbaren zu können.“ Auch den vom Parlament geforderten bezahlten Vaterschaftsurlaub von mindestens zehn Tagen lobt Wildfeuer. „Kindererziehung ist die Aufgabe beider Elternteile, und beide müssen das mit ihren beruflichen Wegen vereinbaren können.“
Die vom Parlament gewünschte Novellierung der Richtlinie von 1992 über den Mutterschaftsurlaub sei lange überfällig, so Wildfeuer. „Das ist bald ein Vierteljahrhundert her. Seitdem ist viel geschehen, was der europäisch garantierte Mindestschutz nicht abbildet. Frauen dürfen nicht länger diskriminiert werden.“ Wildfeuer begrüßt die Entschließung des Parlaments, mit der die Kommission aufgefordert wird, in Verhandlungen über die Neufassung der Richtlinie einzutreten. „Sie darf nicht aus vorgeschobenen Gründen zurückgezogen werden“, fordert Wildfeuer. „Die Neuregelung ist überfällig, und sie muss deutliche Verbesserungen für die Frauen beinhalten.“ Die Einbeziehung auch der Väter begrüßt die Vorsitzende der dbb Bundesfrauenvertretung als einen Beitrag zu einer gendergerechten Neuregelung des Mutterschutzes.
Die 92er Richtlinie schreibt eine Mindestdauer von 14 Wochen bezahltem Mutterschutzurlaub vor. Die Kommission unternahm 2008 den Versuch einer Neufassung, der 18 statt 14 Wochen Mutterschaftsurlaub vorsah. Das Europäische Parlament sprach sich 2010 für eine Ausweitung des Mutterschaftsurlaubs bei voller Bezahlung auf 20 Wochen aus und forderte zudem einen zweiwöchigen Vaterschaftsurlaub. Der Rat konnte sich bis zum heutigen Tag nicht auf eine Position verständigen, ließ den Gegenstand ruhen. Die Kommission wollte den Vorgang im Rahmen des REFIT-Programms endgültig zu den Akten legen, wogegen das Parlament sich mit seiner Entschließung wehrt. Aktuell gewähren elf EU-Mitgliedstaaten einen Mutterschaftsurlaub von 20 Wochen. Sieben Mitgliedstaaten sehen auch einen vollbezahlten zweiwöchigen Vaterschaftsurlaub vor.