Niedersachen

Widersprüche gegen Alimentation: NBB appelliert an die Landesregierung

Der dbb niedersachsen und der Niedersächsische Richterbund fordern den neuen

Ministerpräsidenten Olaf Lies auf, umgehend von seiner Richtlinienkompetenz Gebrauch zu machen und den Erlass des Finanzministeriums zum Umgang mit den Widersprüchen gegen die Alimentation der niedersächsischen Beamtinnen und Beamten sofort zurückziehen zu lassen.

dbb aktuell

Im April hatte das Niedersächsische Finanzministerium ohne jegliche Beteiligung und Unterrichtung der gewerkschaftlichen Spitzenorganisationen per Erlass das Niedersächsische Landesamt für Besoldung und Versorgung (NLBV) angewiesen, alle für die Jahre 2023 und 2024 eingegangenen Widersprüche gegen die Alimentation ohne Einzelfallprüfung negativ zu bescheiden. Bemerkenswert ist die dem Erlass beigefügte Begründung, wonach aus Sicht des Finanzministeriums durch das Ende 2022 verabschiedete Gesetz zur amtsangemessenen Alimentation und durch die Einführung des Familienergänzungszuschlages die Alimentation nunmehr den verfassungsrechtlichen Vorgaben entspricht.

Der dbb niedersachsen und der Richterbund sehen diese Rechtsauffassung höchst kritisch, zumal hinsichtlich der Einführung des besoldungsfremden Familienergänzungszuschlages und der Heranziehung des Partnereinkommens eine höchstrichterliche Bewertung des Bundesverfassungsgerichts nach wie vor aussteht. Darüber hinaus gehen dbb und NRB davon aus, dass eine Vielzahl der Beschwerdeführer überhaupt nicht berechtigt sind, den Familienergänzungszuschlag zu erhalten, so dass bereits an dieser Stelle die rechtliche Argumentation des Finanzministeriums ins Leere läuft. Angesichts der ausstehenden Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, wurden in den vergangenen Jahren Widersprüche grundsätzlich ruhend gestellt, um unzählige Klagen vor den Verwaltungsgerichten, verbunden mit erheblichem Bürokratieaufwand, zu verhindern.

„Nunmehr versucht das Finanzministerium offenbar durch einen Praxiswandel umgehend zu bescheiden, um ohne eine höchstrichterlich bestätigte Rechtsgrundlage Nachzahlungen zu vermeiden. Dieses Verhalten ist nicht nur im höchsten Maße unfair den Betroffenen gegenüber, es stellt auch einen Affront insbesondere den unteren Einkommensgruppen gegenüber dar, bei denen sich die Kolleginnen und Kollegen scheuen werden, die Kosten für die Klagen vor den Verwaltungsgerichten aufzubringen“, so Alexander Zimbehl, 1.Landesvorsitzender des dbb niedersachsen. In den vergangenen Wochen haben dbb und Richterbund in diversen Gesprächen versucht das Finanzministerium zu einem Einlenken zu bewegen, eine bereits mit der Hausspitze vereinbarte Kompromisslösung wurde jedoch bis zum heutigen Tage nicht umgesetzt. Mittlerweile ergehen auf kommunaler Ebene die ersten Widerspruchsbescheide, woraufhin die Betroffenen nunmehr gezwungen sind, zur Wahrung ihrer Rechte den Weg zu den Verwaltungsgerichten zu beschreiten.

Alexander Zimbehl und Frank Bornemann, Vorsitzender des Niedersächsischen Richterbundes dazu: „Wir haben leider keine andere Wahl, als unseren Kolleginnen und Kollegen angesichts der Rechtslage zu empfehlen, Klage vor den Verwaltungsgerichten zu erheben. Unabhängig davon, dass das Finanzministerium jeglichen Fürsorgegedanken vermissen lässt, erwarten wir jetzt eine hierdurch erzwungene, vollkommen überflüssige Klagewelle. Das Vorgehen des Finanzministeriums wirkt nicht nur zum Nachteil unserer aktiven und passiven Kolleginnen und Kollegen – es bedeutet auch einen erheblichen Bürokratieaufbau und konterkariert den eigentlich dringend erforderlichen politischen Willen, eben diesem entgegenzuwirken!“

Besondere Brisanz besteht schon jetzt im kommunalen Bereich, da das Finanzministerium den eigentlich nur im Landesbereich gültigen Erlass, ebenfalls ohne jegliche Beteiligung, den niedersächsischen Kommunen zur Kenntnis gegeben hat. „Uns erreichen aus dem kommunalen Bereich erste Bescheide auf Basis einer höchst zweifelhaften Rechtsauffassung“, so Dr. Peter Specke, 2.Landesvorsitzender des dbb niedersachsen und Vorsitzender der Kommunalgewerkschaft komba. „Was hier mit den betroffenen Kolleginnen und Kollegen passiert hat nichts mit wertschätzendem Umgang zu tun. Ich kann die Kommunen nur dringend warnen, auf Basis dieser gerichtlich nicht bestätigten Rechtsauffassung weiter zu bescheiden, sondern appelliere auch hier weiterhin auf eine Ruhendstellung!“, so Specke.

Der Beamtenbund und der Richterbund haben die Verfahrensweise des niedersächsischen Finanzministeriums bereits extern verwaltungsrechtlich prüfen lassen und kommen dabei zu einer übereinstimmenden Rechtsauffassung. Im Interesse der betroffenen Beamtinnen und Beamten, aber auch der Verwaltungsgerichtsbarkeit und der nicht abzusehenden Folgen für den Landeshaushalt ist nunmehr der Ministerpräsident gefordert, diesem Alleinhandeln des Finanzministeriums einen Riegel vorzuschieben und dortig weiterhin die bestehenden Widersprüche ruhend zu stellen. Die sich ansonsten ergebenden Konsequenzen für alle Beteiligten sind aktuell kaum absehbar.

 

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