• Ulrich Silberbach

Soziale Dimension Europas: Mehr Miteinander, mehr Transparenz

Der dbb Bundesvorsitzende Ulrich Silberbach befürwortet eine Stärkung der sozialen Dimension Europas, übt aber Kritik am europäischen Sozialgipfel von Göteborg. Der am 28. November veröffentlichte Abschlussbericht finde nur teilweise überzeugende Antworten auf die Frage, wie die soziale Dimension Europas zu stärken sei.

„Es wird die Quadratur des Kreises versucht. Alle wollen sich um mehr Gemeinsamkeit bemühen, sprechen aber insbesondere über Aufgaben, die bei den Mitgliedstaaten liegen“, so der dbb Chef. Außerdem mangele es an Teilhabe und Transparenz auf dem Weg zu einem besseren sozialen Europa. „In Göteborg waren die unabhängigen Gewerkschaften nicht eingeladen. Wie sollen Fortschritte erzielt werden, wenn ein Teil der europäischen Sozialpartner von dem Dialog ausgeschlossen wird?“ Positiv sei die Verabschiedung der europäischen Säule der sozialen Rechte, die den Gewerkschaften gute Argumente liefere, so Silberbach.

Mit Skepsis sieht Silberbach die Ankündigung der EU-Kommission, die soziale Dimension im sogenannten Europäischen Semester auszubauen. „Das Europäische Semester ist ja der Versuch, die Wirtschaftspolitiken der Mitgliedstaaten besser aufeinander abzustimmen und dabei Stabilitätsregeln einzuhalten. Bisher ist das wenig verbindlich, und die Gewerkschaften sind nicht vollumfänglich beteiligt.“ Grundsätzlich würde der dbb mehr Aufmerksamkeit für die sozialen Folgen wirtschaftspolitischer Entscheidungen, zumal auf EU-Ebene, gutheißen. „Es stellt sich aber die Frage, wer auf welcher Grundlage welche Ziele festlegt. Ich kann bis dato nicht erkennen, dass wir im Europäischen Semester nachhaltig eingebunden werden“, erklärt Silberbach.

Der dbb sei gespannt auf den Europäischen Rat im Dezember, auf dem die Staats- und Regierungschefs sich für eine spürbare soziale Dimension Europas aussprechen wollen. „Aus unserer Sicht kommt es nun darauf an, dass die sozialen Rechte der EU-Bürgerinnen und Bürger auch mehr als bisher in der europäischen Gesetzgebung und im gemeinsamen Rechtsraum beachtet werden“, so der dbb Bundesvorsitzende. Es entspreche den Forderungen der Europäischen Union der Unabhängigen Gewerkschaften (CESI), der europäischen Dachorganisation des dbb, den Menschen, wie in Göteborg erklärt, an die erste Stelle zu setzen, und nicht den Markt.

Der angekündigte „Neubeginn des sozialen Dialogs“ müsse genutzt werden, um die Teilhabe auch der unabhängigen europäischen Gewerkschaften und der durch diese vertretenen fünf Millionen Beschäftigten zu sichern. „Der dbb ist immer gerne ein mitgestaltender Partner, wenn es um eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Diskriminierungsfreiheit oder auch die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit in Europa geht.“ Die Mitgliedstaaten könnten durch intensiven Austausch und den europäischen sozialen Dialog viel voneinander lernen. „Wir können in Europa nach gemeinsamen Lösungen für mehr Chancengleichheit und soziale Sicherheit suchen, brauchen ganz sicher auch soziale Mindeststandards, müssen aber gerade in der Sozialpolitik den Grundsatz der Subsidiarität einhalten“, so Silberbach. Das habe nicht nur mit dem Respekt vor „unterschiedlichen sozialen Traditionen“ zu tun, wie es im Abschlussbericht heißt, sondern auch mit Demokratie, Verlässlichkeit und Bürgernähe.

 

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