Öffentlicher Dienst der Länder
Silberbach über Einkommensrunde: Druck muss von der Straße kommen
„Die Arbeitgebenden denken fast nur in der Kategorie Probleme und nicht in der Kategorie Lösungen“, kritisierte dbb Chef Ulrich Silberbach nach der 2. Verhandlungsrunde über die Ein-kommen im Landesdienst am 3. November 2023.
„In der Konsequenz sind wir gestern und heute hier in Potsdam überhaupt nicht weitergekommen. Jetzt liegt wieder alle Last auf der dritten Runde. Das hätten wir gerne vermieden. Wahrscheinlich ist die Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) ohne Druck von der Straße einfach nicht einigungsfähig. Und genau diesen Druck werden wir jetzt liefern, so Silberbach.
Der dbb Bundesvorsitzende kritisierte die Arbeitgebenden deutlich: „Die Länder suchen gar nicht nach Lösungen, um den öffentlichen Dienst attraktiv und konkurrenzfähig zu gestalten. Im Zweifel wollen sie scheinbar einfach billig sein.“ Für so eine kurzsichtige und destruktive Politik stünden die Gewerkschaften nicht zur Verfügung. „Wir werden in den nächsten Wochen also die Warnstreiks und Protestaktionen massiv ausweiten müssen.“ Schon jetzt sei klar, dass sich die Verweigerungshaltung bei der Übertragung des Tarifabschlusses auf die Besoldung und Versorgung fortsetzen werde. „Deshalb sind auch die Landes- und Kommunalbeamten und selbstverständlich auch die betroffenen Pensionärinnen und Pensionäre aufgerufen, unsere Demos zu verstärken“, sagte Silberbach.
Vor und während der zweiten Runde der Tarifverhandlungen hatten die Beschäftigten im öffentlichen Dienst der Länder ihre Forderungen untermauert. In Bremen haben junge Beschäftigte der Polizei am 3. November 2023 ihren Unmut zum Ausdruck gebracht. „Die Sicherheitslage spitzt sich dramatisch zu, vor allem in den Stadtstaaten und Großstädten“, unterstrich Rainer Wendt, Bundesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG). „Aktionen der Letzten Generation, der Schutz jüdischer Einrichtungen, Demonstrationen: All das bindet Kräfte. Die Landespolizeien arbeiten am Limit. Ohne Unterstützung der Bundespolizei geht es oft nicht. Gerade in diesen Zeiten zeigt sich, wie wichtig ausreichend und gutes Personal ist. Das gibt es nicht umsonst. Die Deutsche Polizeigewerkschaft erwartet, dass die Ergebnisse der Tarifverhandlungen zeit- und wirkungsgleich auf die Beamtinnen und -beamten von Ländern und Kommunen übertragen werden!“
Nannette Seidler, Landesvorsitzende des Beamtenbundes und Tarifunion Sachsen (SBB), sagte am 1. November 2023 vor Beschäftigten bei einer Demonstration in Dresden: „Krisen, Inflation und Fachkräftemangel – die Gründe für unsere Forderung nach einer Erhöhung der Entgelte liegen auf der Hand.“ Die Kolleginnen und Kollegen aus dem Landesdienst blickten zu Recht hoffnungsvoll auf das Ergebnis der Einkommensrunde mit dem Bund und den Kommunen: Seidler betonte außerdem die Bedeutung der Unterstützung von Landesbeamtinnen und -beamten, die sich auf der Straße für die Forderung einsetzen. „Wir erwarten selbstverständlich, dass das Tarifergebnis zeitgleich und systemgerecht auf den Bereich der Beamtinnen und Beamten übertragen wird. Deshalb ist es umso erfreulicher, wenn auch sie sich den zahlreichen Aktionen anschließen.“
Am 30. Oktober 2023 hatten bundesweit Justizvollzugsbedienstete für mehr Geld demonstriert. Die Tarifbeschäftigten legten die Arbeit nieder. Der dbb Tarifchef Volker Geyer sagte auf einer Kundgebung vor einer Untersuchungshaftanstalt in Hamburg: „Wir müssen unseren Forderungen Nachdruck verleihen und der heutige Warnstreik sendet ein unmissverständliches Signal an die Arbeitgebenden: Ein Signal für Einkommenserhöhungen in Höhe von 10,5 Prozent, mindestens jedoch 500 Euro. Für eine Laufzeit von zwölf Monaten. Kurzum: Ein Signal für Wertschätzung.“ Zentral für den dbb sei auch die dynamische Zulage für Pflegekräfte. „Wir erwarten, dass sie auch an die Beschäftigten der ambulanten und stationären Pflege im Vollzug gezahlt wird. Pflegekräfte in vielen Kliniken bekommen sie bereits. Der Justizvollzug muss konkurrenzfähig sein.“
René Müller, Vorsitzender des Bundesverbands der Strafvollzugsbediensteten (BSBD), ergänzte: „Angriffe auf Justizvollzugsbedienstete gehören inzwischen zur Tagesordnung, die Sicherheitslage hat sich zunehmend verschärft. Die Kolleginnen und Kollegen halten ihren Kopf hin. Und was machen die Länder? Sie stimmen gleich nach der Forderungsverkündung das Lamento der Unfinanzierbarkeit an. Wertschätzung geht anders. Gerade die mittleren und unteren Gehalts- und Besoldungsgruppen sind von der extremen Inflation überproportional betroffen. Die Personallage im Justizvollzug spitzt sich zu, bundesweit fehlen uns gut 2.000 Leute. Deshalb sind die Gehaltsforderungen absolut berechtigt. Einen arbeitsfähigen Justizvollzug gibt es nicht zum Nulltarif.“
An mehreren Standorten wurden auch Mahnwachen eingerichtet, so etwa in Potsdam von der Deutschen Steuer-Gewerkschaft, in Nürnberg von der Deutschen Polizeigewerkschaft, in Düsseldorf und Münster vom Bundesverband der Lehrkräfte für berufliche Bildung und in München von mehreren Fachgewerkschaften unter dem Dach des Bayerischen Beamtenbundes (BBB). Bei der dortigen Kundgebung um betonte BBB-Chef Rainer Nachtigall: „Wir brauchen konkurrenzfähige Beschäftigungsbedingungen! Wir brauchen einen leistungsfähigen Staat!“ Die VDStra., Fachgewerkschaft der Straßen- und Verkehrsbeschäftigten, legte den Schwerpunkt ihrer Aktionen nach Bayern und führte dort Aktionen in mehreren Straßenmeistereien durch. Bei Berne (Niedersachsen) wurde außerdem die Bundesstraße 212 zum Teil blockiert. Der dbb Landeschef Alexander Zimbehl sagte auf einer Kundgebung dort: „Es sind die Kolleginnen und Kollegen, die Deutschland Tag für Tag am Laufen halten. Dies wird jedoch immer schwieriger: Wenn es zum Beispiel darum geht, neue Fachkräfte zu gewinnen und bestehende zu halten, stehen wir nicht nur in Konkurrenz mit der Privatwirtschaft, sondern auch zunehmend mit Bund und Kommunen. Es ist ein Kampf, den wir zu verlieren drohen, wenn es keine Entgelterhöhung für die Länder gibt!“
Hintergrund:
Von den Verhandlungen mit der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) sind etwa 3,5 Millionen Beschäftigte betroffen: Direkt ca. 1,1 Millionen Tarifbeschäftigte der Bundesländer (außer Hessen), indirekt ca. 1,4 Millionen Beamtinnen und Beamte der entsprechenden Länder und Kommunen sowie rund eine Million Versorgungsempfängerinnen und Versorgungsempfänger. Es ist noch eine dritte Verhandlungsrunde vom 7. bis 9. Dezember 2023 vereinbart.