dbb-Fachtagung zu Altschulden und Schuldenbremse
Schulden öffentlicher Haushalte bedrohen kommende Generationen
Die Schulden der öffentlichen Haushalte in Deutschland von über zwei Billionen Euro „bedrohen kommende Genrationen als vererbte Hypothek“. Das hat der dbb Bundesvorsitzende Klaus Dauderstädt zum Auftakt einer Fachtagung kritisiert, die der gewerkschaftliche Dachverband am 8. Juni 2015 in Berlin ausrichtete. Der dbb habe in diesem Zusammenhang „Sorgen vor dem Verlust staatlicher Handlungsfähigkeit und Souveränität“, sagte Dauderstädt.
Er erinnerte an das bereits 2012 vom dbb angeregte Gutachten des Steuerrechtsexperten und ehemaligen Bundesverfassungsrichters Prof. Paul Kirchhof „Deutschland im Schuldensog – Der Weg vom Bürgen zurück zum Bürger“. Kirchhof war unter anderem den Fragen nachgegangen, ob die Staatsschulden mit Grundgesetz und Europarecht in Einklang stehen, welche Wege aus der Schuldenkrise führen und wie Schulden der öffentlichen Hände künftig vermieden werden können.
Zweiter Themenschwerpunkt der dbb Fachtagung war die Schuldenbremse. Bei aller Zustimmung zur Begrenzung staatlicher Schulden warne der dbb davor, den „Haushaltsgesetzgebern in Bund und Ländern keinen Gestaltungsspielraum mehr zu belassen“, so Dauderstädt. Auch in Zukunft müssten notwendige Investitionen in Infrastruktur, Sicherheit, Bildung, aber auch ein funktionsfähiger öffentlicher Dienst gewährleistet werden können. Dies sei auch ein wichtiges Thema im Hinblick auf den 18. Juni 2015, an dem Bund und Länder ein Konzept für die Neuordnung ihrer Finanzbeziehungen präsentieren wollen. Der geltende Finanzausgleich läuft 2019 aus, und „trotz derzeit gut sprudelnder Steuereinnahmen ist der Konsens noch nicht greifbar“, gab Dauderstädt zu bedenken.
Werner Gatzer, Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen, verwies in seinem Vortrag auf den Vorrang, den der Bund zusätzlichen Investitionen einräume. „Dafür stehen in den Jahren 2016 bis 2018 insgesamt rund zehn Milliarden Euro bereit“, sagte Gatzer. So sollten allein sieben Milliarden Euro in die öffentliche Infrastruktur (Straße, Schiene, Wasser, digitale Infrastruktur), in Klimaschutz, Energieeffizienz, Hochwasserschutz und Städtebau fließen. Zudem werde der Bund seine „kommunalfreundliche Politik“ fortsetzen, versprach Gatzer. So sollen Länder und Kommunen 2015 und 2016 bei der Aufnahme und Unterbringung von Asylbewerbern mit jeweils 500 Millionen Euro unterstützt werden. „Noch in diesem Jahr wird ein ‚Kommunalinvestitionsförderungsfonds‘ eingerichtet und einmalig mit 3,5 Milliarden Euro ausgerüstet“, sagte Gatzer. Mit diesem Sondervermögen gewähre der Bund den Ländern bis 2018 Finanzhilfen für Investitionen in finanzschwachen Kommunen. Im Jahr 2017 werde die Entlastung der Kommunen um weitere 1,5 Milliarden auf dann 2,5 Milliarden Euro erhöht.
Der saarländische Minister für Finanzen und Europa, Stephan Toscani, sagte, das Saarland bekenne sich nachdrücklich zur Schuldenbremse als „Ergebnis generationengerechten Handelns“. „Wir wollen die finanziellen Spielräume für unsere Kinder und Enkelkinder erhalten“, sagte Toscani. „Allerdings müssen alle Länder objektiv in der Lage sein, das Ziel zu erreichen, ohne das Gebot der Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse zu verletzen.“ Im Saarland und in Bremen, wo die Lage „besonders schwierig“ sei, kämen trotz Konsolidierungshilfen und trotz Anerkennung der harten Konsolidierungsmaßnahmen durch den Stabilitätsrat weitere Schulden hinzu. Den bisherigen Defizitabbau des Saarlandes bezeichnete Toscani als „beeindruckend“. Seit 2011 sei es gelungen, das Defizit mehr als zu halbieren. Trotz eigener Anstrengungen könne aber das Saarland das Ziel auf Dauer nur erreichen, „wenn das Problem der unverschuldeten Altlasten angegangen wird. Hilfe zur Einhaltung der Schuldenbremse und Hilfe bei der Bewältigung der Altlasten heißt, die Glaubwürdigkeit und Wirksamkeit der Schuldenbremse zu sichern“, zeigte sich Toscani überzeugt.
„Öffentliche Finanzen in Deutschland – Zwischen Altschulden, Soziallasten und Investitionsbedarf“ hatte Prof. Dr. Martin Junkernheirich von der TU Kaiserslautern, Inhaber des 2008 gegründeten Lehrstuhls für Stadt-, Regional- und Umweltökonomie, seinen Vortrag überschrieben. Im Mittelpunkt einer Podiumsdiskussion sollte danach die Frage „Umsetzung der Schuldenbremse auf Kosten der Zukunft?“ stehen. Dazu erwartet wurden neben Werner Gatzer auch die Staatssekretärin im Finanzministerium des Landes Brandenburg, Daniela Trochowski, Franz-Reinhard Happel, Sprecher des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, und Thomas Eigenthaler, stellvertretender Bundesvorsitzender des dbb und Chef der Deutschen Steuer-Gewerkschaft.