Arbeitsrecht in der Corona-Pandemie
Rechte und Pflichten im Rahmen von Schutzimpfungen
Seit der EU-Zulassung des ersten Corona-Impfstoffs Ende Dezember 2020 werden die ersten Bevölkerungsgruppen nach und nach geimpft. Zur Regulierung des Impfprogramms hat die Bundesregierung eine Verordnung zum Anspruch auf Schutzimpfung gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 erlassen.
Die Coronavirus-Impfverordnung regelt unter anderem, in welcher Reihenfolge die Impfungen ablaufen. Neben Kriterien wie Alter und Vorerkrankungen werden auch bestimmte berufliche Tätigkeiten als Grund für eine bevorzugte Berücksichtigung bei der Impfung genannt. Das betrifft unter anderem verschiedene Berufsgruppen im öffentlichen Dienst. So sind beispielsweise Beschäftigte auf Intensivstationen, in Pflegeeinrichtungen oder bei Rettungsdiensten mit höchster Priorität zu impfen, Polizei- und Ordnungskräfte, die einem hohen Infektionsrisiko ausgesetzt sind, und Beschäftigte im öffentlichen Gesundheitsdienst mit hoher Priorität sowie Erzieherinnen und Erzieher, Lehrkräfte oder Personen, die in besonders relevanten Positionen in staatlichen Einrichtungen beschäftigt sind, mit erhöhter Priorität. Für diese Gruppen, und zu einem späteren Zeitpunkt dann auch für alle übrigen Beschäftigten, wird die Frage relevant, was im Arbeitsverhältnis in Bezug auf die Schutzimpfung zu beachten ist.
Nachweispflicht der Beschäftigten
Zum Nachweis ihres Anspruchs auf bevorzugte Impfung haben die in der Verordnung genannten Beschäftigten neben ihrem Ausweis auch eine Bescheinigung der Einrichtung oder des Unternehmens, bei dem sie tätig sind, vorzulegen. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, den Beschäftigten eine solche Bescheinigung auszustellen. Der Anspruch ergibt sich als Nebenpflicht aus dem Arbeitsvertrag.
Keine Verpflichtung zur Impfung
Eine Verpflichtung zur Impfung ist in der Coronavirus-Impfverordnung nicht vorgesehen. Die Inanspruchnahme der Impfmöglichkeit ist damit freiwillig. Mangels einer gesetzlichen Pflicht dürfte auch die vertragliche Vereinbarung einer Impfpflicht, etwa im Arbeitsvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung, unwirksam sein. Da es sich um eine freiwillige und persönliche Entscheidung der Beschäftigten handelt, dürfen diesen im Arbeitsverhältnis auch keine Nachteile dadurch entstehen, dass sie sich nicht impfen lassen. Dies gilt auch dann, wenn Beschäftigte an COVID-19 erkranken, obwohl sie eine Möglichkeit zur Impfung gehabt hätten und diese nicht genutzt haben.
Fragerecht der Arbeitgeber
Der Arbeitgeber darf allerdings in bestimmten Bereichen, etwa in Krankenhäusern oder bei Rettungsdiensten, gemäß § 23a Infektionsschutzgesetz nach dem Impfstatus der Beschäftigten fragen, um die Übertragung von Krankheiten zu vermeiden und über die Art und Weise der Beschäftigung zu entscheiden. Dies gilt entsprechend auch im Rahmen von Bewerbungsgesprächen in diesen Bereichen, um über die Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses zu entscheiden. In allen übrigen Fällen, in denen die Ausübung der Tätigkeit nicht vom Impfstatus abhängt, dürfte das Recht der Beschäftigten am Schutz ihrer persönlichen Daten überwiegen und damit kein Fragerecht des Arbeitgebers bestehen.
Anspruch auf bezahlte Freistellung für die Impfung
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sollen Termine im Rahmen der Gesundheitsvorsorge grundsätzlich außerhalb der Arbeitszeit wahrnehmen. Derzeit ist allerdings davon auszugehen, dass die Termine zur Schutzimpfung gegen das Coronavirus von den Beschäftigten nicht frei wählbar sein dürften und sie keinen oder nur einen sehr eingeschränkten Einfluss darauf nehmen können, ob die Impfung während der regelmäßigen Arbeitszeit oder in der Freizeit stattfindet.
Findet der Termin während der Arbeitszeit statt, ist für die Tarifbeschäftigten im öffentlichen Dienst § 29 Abs. 1 Satz 1 f) TVöD / TV-L einschlägig. Danach besteht ein Anspruch auf bezahlte Freistellung für eine ärztliche Behandlung, wenn diese während der Arbeitszeit erfolgen muss. Der Anspruch umfasst die erforderliche nachgewiesene Abwesenheitszeit einschließlich der erforderlichen Wegezeiten.
Für andere Beschäftigte, die nicht unter den Geltungsbereich von TVöD oder TV-L fallen, kann ein Anspruch auf Vergütung wegen vorübergehender Verhinderung ohne eigenes Verschulden aus § 616 Satz 1 BGB folgen, wenn im konkreten Fall keine abweichenden Vereinbarungen getroffen wurden. Die Wahrnehmung des Impftermins sollte in jedem Fall im Vorfeld mit dem Arbeitgeber besprochen werden.
Fazit
Zusammenfassend haben Beschäftigte einen Anspruch auf bezahlte Freistellung von der Arbeit zur Inanspruchnahme der Corona-Schutzimpfung. Diese ist freiwillig, der Impfstatus kann jedoch bei Beschäftigten im Gesundheits- und Pflegebereich Einfluss auf ihren konkreten Einsatz haben. Die Beschäftigten, die einer bei der Impfung priorisierten Gruppe angehören, haben gegenüber ihrem Arbeitgeber einen Anspruch auf die Ausstellung einer entsprechenden Bescheinigung.