Streitgespräch auf der 54. dbb Jahrestagung:
Privatisierung öffentlicher Aufgaben darf kein Selbstzweck sein
Zum Abschluss der 54. dbb Jahrestagung diskutierten am 8. Januar 2013 in Köln FDP-Generalsekretär Patrick Döring und Gerd Landsberg, Geschäftsführendes Präsidialmitglied des Deutschen Städte- und Gemeindebundes (DStGB), in einem Streitgespräch das Für und Wider der Privatisierung öffentlicher Aufgaben. Trotz vieler Gegensätze in den Auffassungen herrschte Einigkeit in der Einschätzung, dass das in den 1970er und -80er Jahren in Bund, Ländern und Kommunen gleichermaßen als Erfolgsrezept zur Schonung der öffentlichen Haushalte propagierte Modell „Privat vor Staat“ heute eher skeptisch zu bewerten sei.
„Die Auswirkungen der Finanz-und Wirtschaftskrise haben für Misstrauen gesorgt. Die Bürger wünschen sich wieder einen starken Staat und zeigen großes Interesse, wie ihr Lebensumfeld organisiert wird“, machte DStGB-Geschäftsführer Gerd Landsberg am Beispiel des Bürgerbegehrens zum Teilrückkauf der privatisierten Leipziger Versorgungsbetriebe deutlich. „Die Beteiligung an dieser Abstimmung war höher als bei der letzten Oberbürgermeisterwahl.“ Auch der FDP-Generalsekretär bewertete die Überführung staatlicher Aufgaben in den privatwirtschaftlichen Bereich kritisch: „Privatisierung darf kein Selbstzweck sein.“ Dies gelte vorrangig für hoheitliche Aufgaben: „Ein solches Vorgehen würde Interessen und Bedürfnissen der Bürgerinnen und Bürger nicht entsprechen“, räumte Patrick Döring ein. Dennoch sei es ratsam, gerade bei der Bereitstellung kommunaler Dienstleistungen auf private Wettbewerber zu setzen: „Häufig unterbreiten Kommunen schlechtere Angebote als die Privaten.“
„Das liegt nicht zuletzt daran, dass die Kommunen alles ausbaden müssen“, konterte Gerd Landsberg mit dem Hinweis auf die Vielzahl „sozialer Pflichtaufgaben“, die der Gesetzgeber den Kommunen aufbürde. Sobald die Rede auf die hohe Verschuldung vieler Städte und Gemeinden komme, würden vermeintlich überteuerte kommunale Bauvorhaben, wie etwa Schwimmbäder oder Freizeiteinrichtungen als überflüssige Prestige-Projekte geschmäht: „Dass die Kommunen die enorm hohen Kosten für Sozialhilfe, soziale Infrastruktur und die Eingliederung Behinderter mehrheitlich aus eigenen Mitteln bewältigen müssen, darüber spricht niemand so gerne,“ kritisierte der DStGB-Geschäftsführer und machte dies am Beispiel der Krippenplätze deutlich: Es sei der Bund gewesen, der das finanzielle Dilemma mit seiner Zusage von Kinderbetreuungsplätzen für unter Dreijährige vergrößert habe: „Was wir brauchen, ist die Umwidmung allgemeiner staatlicher Förderungsleistungen in soziale Infrastruktur. Konkret: Was bringt ein mit der Gießkanne gestreutes Betreuungsgeld im Vergleich zu direkten Leistungen für den Aufbau von Schulen und Kindergärten?“