• dbb Jahrestagung 2016, Prof. Dr. Werner Patzelt

57. Jahrestagung des dbb in Köln:

Politikwissenschaftler Patzelt: Staat muss offenen Meinungsstreit gewährleisten

Eine große Diskrepanz zwischen den Erwartungen vieler Bürgerinnen und Bürger und der politisch Verantwortlichen hat Prof. Werner Patzelt von der TU Dresden kritisiert. Der Politikwissenschaftler, der zuletzt wegen seiner in den Medien verbreiteten politischen Bewertung der Pegida-Demonstrationen bekannt geworden war, referierte am 11. Januar 2016 in Köln zum Thema der dbb-Jahrestagung „Herausforderung für die Demokratie – Politik contra Bürger?“.

dbb Jahrestagung 2016

Ein nennenswerter Teil der Bürger sympathisiere damit, was Parteien wie die AfD und die Anhänger von Pegida zum Ausdruck bringen. Dies sei, so Patzelt, unter anderem auf eine „Repräsentationslücke“ im rechten Parteienspektrum zurückzuführen. Patzelt konstatierte eine „Sozialdemokratisierung“ der Union, die sehr zum Vorteil der Mitte der CDU sei. „Von vielen, die bislang in der CDU ihre politische Heimat finden, wird dies aber bedauert“, sagte der Experte.

Video der gesamten Rede

Es gebe einen Konflikt zwischen dem, was die Bundesregierung sagt, und den Sichtweisen eines Teils der Bevölkerung, der doch eine Obergrenze der Flüchtlingszahlen will.

Statt hinzublicken, wer bei den Demos von Pegida und AfD auf die Straße geht und was diese Menschen bewegt, „war man sich schnell einig: ausgrenzen, als dumm und ignorant bezeichnen“. Dies werde sich auch in den Stimmergebnissen der anstehenden Wahlen bemerkbar machen und die Regierungsbildung erschweren. In der Flüchtlingskrise übernehme die Zivilgesellschaft eine Rolle, die nicht hoch genug zu würdigen sei, aber die Frage nach der staatlichen Verantwortung müsse auch gestellt werden.

Eine „unzulängliche Rolle“ spielen laut Patzelt die Massenmedien mit ihrem „anwaltschaftlichen Journalismus“. So habe es das Bemühen gegeben, die AfD „zunächst in die rechte Ecke und dann in die Bedeutungslosigkeit abzuschieben“. Der Staat müsse Anwalt eines offenen Meinungsstreits sein, nicht Anwalt einer bestimmten politischen Ausrichtung. „Öffentliche Zustimmung lässt sich nicht erzwingen – redliche, pluralistische, breit aufgestellte Diskussion“ sei erforderlich und ein legitimes Mittel dafür wäre der Wahlkampf. „Wenn dabei heikle Themen herausgehalten werden, entzieht man dem Bürger ein wirkungsvolles Mittel der Meinungsäußerung.“ Das führe zur Gründung von Protestparteien und „die Nebenwirkungen können schädlich sein“, sagte Patzelt.

 

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