Deutscher Philologenverband (DPhV)

Kurskorrektur in der Lehrkräftebildung angemahnt

Anlässlich der heute veröffentlichten Zahlen des Statistischen Bundesamtes, wonach mehr als jede zehnte Lehrkraft an allgemeinbildenden Schulen im Schuljahr 2023/24 ohne reguläres Lehramtsstudium als Quer- oder Seiteneinsteigerin und -einsteiger unterrichtet hat, mahnt der DPhV eine Kurskorrektur in der Lehrkräftebildung an.

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„Die Ausstiegsquote bei den Lehramtsstudierenden ist zu hoch. Es kommen zu wenige im Beruf an. Deshalb brauchen wir mehr Quer- und Seiteneinsteigende – aber viele verlassen den Beruf nach zwei, drei Jahren wieder, weil sie nicht gut genug vorbereitet wurden. Das ist kein Wunder: Sie werden zu häufig ohne ausreichende fachliche und pädagogische Begleitung als Notnagel eingesetzt, um den Unterrichtsbedarf zu decken“, betont Susanne Lin-Klitzing, Bundesvorsitzende des DPhV.

Ein zu großer Teil der Lehramtsstudierenden schafft es nicht bis in den Beruf. Mehr als 40 Prozent von ihnen scheiden, bereits während der ersten Phase der Lehrkräftebildung aus. Quer- und Seiteneinsteigende bleiben häufig nicht dauerhaft im Lehrerberuf. „Diese Entwicklung ist sehr bedenklich. Statt nachhaltiger Investitionen in die Ausbildung, Begleitung und Gesunderhaltung regulär ausgebildeter Lehrkräfte setzen viele Länder zunehmend auf schnelle Lösungen. Gerade im Sekundarbereich I und II darf es keine politisch gewünschte Zeiteinsparung bei der Bildung und Ausbildung geben. Wer heute Lehrkraft wird, muss nicht nur fachlich stark, sondern auch pädagogisch tragfähig ausgebildet sein – sonst halten wir Lehrkräfte nicht im System“, so Lin-Klitzing weiter. „Die Bildungsqualität muss gesichert werden, kurzfristige Lösungen dürfen nicht auf dem Rücken der Schülerinnen und Schüler ausgetragen werden.“

Es braucht langfristige Strategien statt Notfallmaßnahmen. Der Verband fordert daher ein grundsätzliches Umdenken in der Lehrergewinnung und -bindung, etwa: 1.) Die Reduktion des Pflichtstunden-Deputats: Die Unterrichtsverpflichtung ist über Jahrzehnte hinweg stetig gestiegen – jetzt braucht es eine echte Entlastung. 2.) Bürokratieabbau: Lehrerinnen und Lehrer müssen sich auf ihren pädagogischen Auftrag konzentrieren können – nicht auf Verwaltungstätigkeiten. 3.) Attraktive Modelle für Altersteilzeit und Sabbatjahre, um erfahrene Lehrkräfte gesund im Beruf zu halten. Von den vorzeitig ausscheidenden Lehrkräften verlassen 25 Prozent der Lehrkräfte den Schuldienst häufig wegen Erschöpfungssyndromen oder Burnout. Lin-Klitzing: „Nur auf den ersten Blick bedeuten unsere Vorschläge eine Verringerung der Lehrerstunden – tatsächlich gewinnen wir durch kluge Gesundheitsvorsorge für die Lehrkräfte aktiv Lebensarbeitszeit zurück.“

„Oberstes Anliegen der Finanz- und Kultusministerien muss es sein, gut ausgebildete Lehrkräfte im System zu halten, sprich: die Rahmenbedingungen zu verbessern. Das wäre die beste Werbung für den Beruf und würde sicher auch viele Studierende zusätzlich motivieren, in mancher Durststrecke durchzuhalten“, so Lin-Klitzing weiter. „Wer Schulen retten will, darf nicht deren Fundament schwächen: die Professionalität und die Gesundheit der Lehrkräfte.“

 

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