Strategie für Pflege und Betreuung

Europäische Fachkräfteoffensive gefordert

Die EU-Kommission hat eine Strategie für Pflege und Betreuung vorgestellt. Dem dbb gehen die Pläne aber nicht weit genug.

„Mit dieser Initiative zur Verbesserung der Situation in der Langzeitpflege und der Kinderbetreuung lenkt Brüssel die Aufmerksamkeit zu Recht auf zwei Bereiche, in denen in den Mitgliedstaaten dringender Handlungsbedarf besteht“, sagte der dbb Bundesvorsitzende Ulrich Silberbach am 9. September 2022. In Deutschland gebe es zwar bereits Fortschritte wie den Steuerzuschuss für die soziale Pflegeversicherung. „Nichtsdestotrotz fehlen nach wie vor nachhaltige Konzepte, die großen Probleme der Pflegeversicherung, allen voran die Alterung der Gesellschaft und den Fachkräftemangel, anzugehen.“ Die Initiative der Kommission benenne zwar wichtige Probleme, gehe aber in ihren Schlussfolgerungen nicht weit genug. „Der dbb fordert seit Jahren einen Rechtsanspruch auf einen Pflegeplatz – analog zur Kinderbetreuung.“

Der Rechtsanspruch allein reiche jedoch nicht aus. Der dbb Chef: „Der Rechtsanspruch muss, das gilt für die Pflege ebenso wie für die Kinderbetreuung, von einer europäischen Fachkräfteoffensive begleitet werden. Wir haben in Europa schlicht nicht mehr genug junge Leute, die sich für diese wichtigen sozialen Berufe interessieren.“ Gezielte Einwanderung könne einen Beitrag zur Lösung des Mangels darstellen, sei aber nicht die alleinige Lösung. „Der Pflegeberuf muss wie der des Erziehers und der Erzieherin attraktiver werden. Das bedeutet zuallererst bessere Arbeitsbedingungen und eine Bezahlung, die der Systemrelevanz dieser Aufgaben und ihren hohen Anforderungen gerecht wird.“

Silberbach zeigt sich offen für digitale Assistenzsysteme zur Entlastung des Pflegepersonals. Die Daten seien aber sensibel, müssten vor Fremdzugriff geschützt sein. Mit Blick auf den vielerorts bestehenden Mangel an bezahlbarem Wohnraum begrüße der dbb die Förderung neuer Wohnformen. Hier biete die deutsche Pflegeversicherung bereits Möglichkeiten wie beispielsweise die Förderung des pflegegerechten Umbaus der Wohnung und ambulanter Pflege-WGs sowie die Kostenübernahme von technischen Hilfsmitteln. „Auch Europa kann unterstützend eine Rolle spielen. In grenznahen Regionen wären länderübergreifende Regelungen wünschenswert“, sagte der dbb Bundesvorsitzende.

Um die Kostenseite zu entlasten, ruft Silberbach die EU-Kommission auf, den Leitsatz „Reha vor Pflege“ zu unterstützen: „Rechtzeitige Reha-Maßnahmen können zu einer effektiven Senkung der Pflegekosten beitragen. Was die deutsche Sozialversicherung angeht, sollten die geriatrischen Reha-Kosten nicht mehr von der Kranken-, sondern von der Pflegeversicherung getragen werden.“

 

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