Einkommensrunde 2015: Vorbereitende Branchentage beendet
Bevor Anfang 2015 die Verhandlungen über den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder beginnen, von dem etwa 2,4 Millionen Beschäftigte betroffen sind, hat der dbb auf bundesweiten Branchentagen die Diskussion mit den Mitgliedern seiner Fachgewerkschaften gesucht. Die Beschäftigten machten sich dabei das Motto „Sie und Ihre Meinung: Unverzichtbar!“ zu eigen und brachten ihre Erwartungen und inhaltlichen Forderungen in lebhaften Diskussionen mit den dbb-Vertretern zur Sprache. Zentrale Forderungen: angemessene Bezahlung und Personalausstattung, mehr Einsatz für Nachwuchsgewinnung und –förderung, Übertragung des Tarifergebnisses auf die Beamtinnen und Beamten.
Bundesweit hatte es 16 Branchentage gegeben, an denen sich unter anderem die dbb-Mitgliedsgewerkschaften komba, DSTG, DPolG, VDStra., VBE, DPhV, BSBD, BDF und vdla beteiligt hatten. „Unserem Ziel, mehr Diskussion, mehr Mobilisierung und mehr Entschlossenheit bereits im Vorfeld der eigentlichen Verhandlungsrunden zu erreichen und zu demonstrieren, haben uns diese Diskussionsveranstaltungen ein gutes Stück näher gebracht“, zog Willi Russ, Zweiter Vorsitzender und Fachvorstand Tarifpolitik des dbb, eine erste Bilanz der Branchentage. „Und das ist auch notwendig. Denn wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass auch im öffentlichen Dienst nichts mehr erreicht werden kann, wofür wir uns nicht alle gemeinsam einsetzen“, so Russ, der im kommenden Jahr die Tarifverhandlungen mit der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) führen wird. „Die vorgebrachten Argumente nehmen wir mit an den Verhandlungstisch“, versicherte Russ.
Gleichfalls ein großes Thema: Die zunehmende Gewalt gegen Beschäftigte im öffentlichen Dienst. Der stellvertretende dbb Bundesvorsitzende und Fachvorstand Beamtenpolitik Hans-Ulrich Benra sagte in Böblingen: „Wir haben in den vergangenen Monaten erlebt, wie etwa Beschäftigte von Finanzämtern oder der Arbeitsagentur gezielt attackiert wurden. Das ist in dieser Form ein neues Phänomen. Bei der Polizei – man muss es leider so sagen – gehören solche Erfahrungen schon länger zum traurigen Alltag. Der Staat muss hier endlich reagieren und seine Beschäftigten besser schützen.“
Keine Bezahlung nach Gutsherrenart
Den 150 Lehrerinnen und Lehrern, die sich am 6. November in Dortmund trafen, ging es darum, die bislang von Bundesland zu Bundesland unterschiedliche und damit willkürliche Bezahlung zu kritisieren. Ihnen sagte Russ: „Wir wollen eine Entgeltordnung für Lehrkräfte (L-EGO), damit endlich Schluss ist mit der einseitigen Festlegung der Eingruppierung der tarifbeschäftigten Lehrerinnen und Lehrer durch die Arbeitgeber. Die Bezahlung müssen die Tarifvertragspartner einvernehmlich regeln, damit Bezahlung nach Gutsherrenart unterbleibt.“ Zudem müssen 25 Jahre nach dem Mauerfall auch endlich die Ost-West-Unterschiede im Tarifrecht des öffentlichen Dienstes fallen, etwa bei der Jahressonderzahlung und beim Kündigungsschutz, machten sächsische Lehrerinnen und Lehrer am 10. November in Chemnitz deutlich.
Am 26. November unterstrichen Gymnasiallehrer, die sich in Weißenfels (Sachsen-Anhalt) trafen, dass es besonders wichtig sei, das Tarifergebnis zeit- und wirkungsgleich auf die verbeamteten Kolleginnen und Kollegen zu übertragen. Die meist unterschiedliche Übertragung der Tarifeinigung zwischen den Ländern führe zu einer weiteren Auseinanderentwicklung in der Besoldung und Versorgung der Beamtinnen und Beamten mit einer Hochschulausbildung. Wer hochmotivierte Lehrkräfte haben will, müsse deren Leistung besser honorieren. „Sicherheit hat ihren Preis“ – das machten Straßenwärterinnen und Straßenwärter auf ihren Branchentagen am 7. November im niederbayerischen Plattling und am 28. November in Wittlich (Rheinland-Pfalz) klar. „Wer tagtäglich diesen gefährlichen Job macht und volles Risiko geht, um für sichere Straßen zu sorgen, muss angemessen und fair bezahlt werden“, sagte Willi Russ in Plattling. Ein Einkommensrückstand im Länderbereich gegenüber der Bezahlung in den Kommunen sei für die Beschäftigten nicht hinnehmbar.
Wichtig: Karrierechancen und Nachwuchsförderung
Beschäftigte der Finanzverwaltung in Nordrhein-Westfalen (20. November, Düsseldorf) und Niedersachsen (25. November, Verden an der Aller) beklagten Arbeitsüberlastung und Überregulierung des Steuerrechts durch den Gesetzgeber. Nur mit mehr Personal, das machten sie eindringlich klar, könne die Flut von Steuererklärungen und Anträgen bewältigt werden. Kolleginnen und Kollegen von Berufsfeuerwehren und Rettungsdiensten nutzten ihren Branchentag am 20. November in Recklinghausen (NRW), um auf die mit ihrem Job verbundenen Gefahren hinzuweisen und ein anderes, brennendes Thema anzusprechen: die dringend notwendige Nachwuchsgewinnung. Der Bundesvorsitzende der komba gewerkschaft, Fachgewerkschaft für den Kommunal- und Landesdienst, und stellvertretende dbb Bundesvorsitzende Ulrich Silberbach sagte „Hoch motivierte, gut ausgebildete Feuerwehrleute und Retter bekommt man nicht für ein Butterbrot. Aber neben adäquater Bezahlung sind auch Karrierechancen und Nachwuchsförderung wichtig für die Zukunft der Berufsfeuerwehren.“ In Anbetracht der demografischen Struktur des öffentlichen Dienstes brauche es neben Neueinstellungen auch mehr Beförderungen und entsprechend dotierte höherwertige Stellen.
Dass das Personal in vielen Universitätskliniken bereits an der körperlichen Belastungsgrenz arbeitet, machten Beschäftigte der Uniklinik Bonn in ihrer Diskussion am 21. November klar. Krankenhäuser dürften nicht länger auf Verschleiß gefahren werden, sonst leide sowohl die Gesundheit der Patienten als auch die des Personals.
Forstbeschäftigte nutzten ihren Branchentag am 4. Dezember in Leipzig, um neben einer Tariferhöhung, Perspektiven für den forstlichen Nachwuchs und einer vergleichbaren Bezahlung gleicher Tätigkeiten auch ein Ende der Befristungen von Arbeitsverträgen zu fordern. Die Wertschätzung für den Wald als wirtschaftliche Ressource, als Ökosystem und Erholungsfaktor sei groß. Die Wertschätzung für die verantwortungsvolle Arbeit der Forstleute lasse aber zu wünschen übrig.
Tarifergebniss für Beamtinnen und Beamte übernehmen
„Wir lassen uns nicht über den Tisch ziehen“ – das machten Polizistinnen und Polizisten nicht nur in Böblingen, sondern auch auf weiteren Branchentagen in Berlin (27. November) und in Hamburg (3. Dezember) klar. Für eine faire Bezahlung für den gefährlichen und verantwortungsvollen Job seien die Kolleginnen und Kollegen zu einer kampfbetonten Tarifauseinandersetzung bereit. Der dbb Bundesvorsitzende Klaus Dauderstädt machte in Berlin deutlich, dass Einkommensunterschiede, wie sie derzeit zu Beschäftigten des Bundes und der Kommunen bestehen, für die im Landesdienst Tätigen nicht hinnehmbar seien. So betrage der Abstand zu Bund und Kommunen jetzt 1,42 Prozent, ab März 2015 sogar 3,85 Prozent. „Für die Beamtinnen und Beamten in Berlin wie in den anderen Ländern fordern wir eine parallele Übernahme der Tarifanpassungen. Aber während der Bund eine gute Übernahmepraxis vormacht, tun dies die Länder nur teilweise“, kritisierte Dauderstädt.
Am 18. Dezember 2014 werden die Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes in Berlin ihr Forderungspaket für die Einkommensrunde 2015 beschließen. Die Verhandlungen mit der TdL beginnen am 16. Februar 2015 in Berlin und werden am 26. Februar 2015 beziehungsweise 16. März 2015 in Potsdam fortgesetzt.