Familienpolitik

Alleinerziehende im Steuerrecht besserstellen

Die dbb frauen fordern mehr staatlichen Rückhalt für allein- und getrennterziehende Eltern sowie ein neues familienpolitisches Leitbild.

dbb frauen

„Unsere Familienpolitik hinkt der gesellschaftlichen Entwicklung hinterher. Die Annahme, dass ein Familienernährer ein Leben lang für Frau und Kinder sorgen kann und möchte, hat sich längst überholt. Diese bittere Wahrheit muss sich auch endlich in familienpolitischen Maßnahmen widerspiegeln. Alleinerziehende Mütter und ihre Kinder tragen das größte Armutsrisiko. Das dürfen wir als Gesellschaft nicht länger tolerieren“, mahnte dbb frauen Chefin Milanie Kreutz am 29. April 2022 mit Blick auf eine aktuelle Studie zur Absicherung von Lebenseinkommen durch Familie und Staat. Danach verfügen heute 30-jährige Mütter, die überwiegend alleinerziehend sind, in ihrem Haupterwerbsalter, das heißt zwischen 20 und 55 Jahren, nach Steuern und Abgaben zuzüglich Transfers und Familienleistungen über gut ein Viertel weniger finanzielle Mittel wie verheiratete Mütter. 
 
Eine Entkopplung von Familienstand und familienfördernder Leistungszuweisung sowie eine gesellschaftliche Entstigmatisierung von Getrennt- und Alleinerziehenden sieht Kreutz deshalb als wichtigen Dienst an der Gesellschaft. „Ganz deutlich werden die Benachteiligungen von Alleinerziehenden beim Blick ins Steuerrecht. Hier werden Ehen und eingetragene Partnerschaften, egal, ob Kinder vorhanden sind oder nicht, noch immer steuerlich bessergestellt als Eltern ohne Trauschein. Auch die von der Bundesregierung vorgesehene Kindergrundsicherung kann dieses Dilemma nicht aus der Welt schaffen“, betonte Kreutz, die sich für die Abschaffung der Lohnsteuerklasse V und die Einführung eines Familiensplittings einsetzt. 
 
Zudem müsse allen Kita- und Grundschulkindern der Zugang zu Ganztagbetreuungsangeboten ermöglicht werden, und zwar unabhängig vom finanziellen Status der Eltern. „Wir erleben zurzeit rasante Kostenanstiege in allen Bereichen des Lebens. Alleinerziehende tragen diese Mehrbelastungen mit nur einem Gehalt. Den steuerlichen Entlastungsbetrag für Alleinerziehende entsprechend zu erhöhen, wäre jetzt das richtige Signal“, forderte die dbb frauen Chefin. Sinnvoll sei zudem die Einführung eines festen Betrags, gestaffelt je Kind, der nicht nur steuermindernd wirke, sondern direkt von der Steuerschuld abgezogen werde.
 
Eine weitere wichtige Maßnahme sei die steuerliche Berücksichtigung von Betreuungskosten in Form von Werbungskosten. „Das entlastet gerade berufstätige Eltern, die allein auf sich gestellt sind und setzt gleichzeitig einen positiven Anreiz für verheiratete Mütter, eine existenzsichernde Erwerbstätigkeit aufzunehmen“, so Kreutz.
 
Hintergrund
Die von der Bertelsmann Stiftung geförderte Untersuchung zur Absicherung von Lebenseinkommen durch Familie und Staat bildet die dritte und letzte Publikation der Studienreihe „Wer gewinnt? Wer verliert?“ zu langfristigen Arbeitsmarkt- und (Lebens-)Einkommensentwicklungen von Frauen und Männern in Deutschland. Verglichen werden die äquivalenten verfügbaren Lebenseinkommen von verheirateten Eltern und Alleinerziehenden. Zwischen den Bruttolebenserwerbseinkommen von Frauen und Männern klafft danach eine deutliche Lücke. Verheiratete Frauen können diese Lücke in ihren verfügbaren Lebenseinkommen schließen – wenn sie in traditionellen Rollen durch das Partnereinkommen abgesichert sind. Alleinerziehenden, die auf eigene Erwerbstätigkeit angewiesen sind, fällt es demnach deutlich schwerer, ihren Lebensstandard zu sichern.
 

 

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