• 10. Forum Personalvertretungsrecht
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    Der dbb Bundesvorsitzende Klaus Dauderstädt bei seinem Eröffnungsstatement.
  • dbb Vize und Fachvorstand Beamtenpolitik Hans-Ulrich Benra beleuchtete in seinem Vortrag die Beteiligten der Mitbestimmungsprozesse genauer.
  • Wolfgang Bosbach (CDU), Vorsitzender des Bundestagsinnenausschusses, sieht in der zunehmenden Individualisierung auch der Beschäftigteninteressen die größte Herausforderung für die Zukunft der Mitbestimmung.

Partnerschaftliche Personalvertretungen

10. Forum Personalvertretungsrecht

Unter dem Motto „Partnerschaftliche Personalvertretungen“ hatten dbb und dbb akademie, am 18. und 19. Mai 2015 zum 10. Forum Personalvertretungsrecht ins dbb forum berlin eingeladen. Mit der Überschrift „Partnerschaftliche Personalvertretungen“ nahmen die Veranstalter den Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD für die 18. Legislaturperiode beim Wort und machten die unterschiedlichen Partnerschaften der personalvertretungsrechtlichen Akteure zum Thema – das Dreieck Dienststelle, Personalvertretung und Gewerkschaften oder etwa den partnerschaftlichen Umgang im Personalratsgremium selbst. Nachgegangen wurde zudem den Ursachen der Tendenz zur Individualisierung der Beschäftigten.

„Unter unserem Motto verstehen wir keineswegs die gelungene Beschreibung des Status quo“, betonte der dbb Bundesvorsitzende Klaus Dauderstädt in seinem Eröffnungsstatement. Vielmehr müsse es nicht zuletzt die Regierung „partnerschaftliche Personalvertretungen“ als konkreten Auftrag auffassen, Beteiligungsformen und -regeln auszubauen und zu modernisieren. „Ein leistungsfähiger öffentlicher Dienst und eine starke Dritte Gewalt brauchen eine umfassende Mitbestimmung der Beschäftigten an sozialen, personellen und organisatorischen Entscheidungen. Das Beteiligungsniveau muss angehoben und der Themenkatalog erweitert werden“, forderte der dbb Chef mit Blick auf das im Jahr 1974 zuletzt neu gefasste Bundespersonalvertretungsgesetz. Insbesondere die Rahmenbedingungen hätten sich in den vergangenen Jahrzehnten so massiv verändert – „Stichwort Digitalisierung“ –, dass eine Novellierung dringend geboten sei, um den Interessen der Beschäftigten weiterhin eine sinnvolle und wirksame Vertretung bieten zu können, so Dauderstädt.

dbb Vize Hans-Ulrich Benra, Fachvorstand Beamtenpolitik, beleuchtete in seinem Vortrag die drei Beteiligten der Mitbestimmungsprozesse genauer und zeigte auf, unter welchen unterschiedlichen Einflüssen und Gegebenheiten die Akteure von Personalrat, Gewerkschaft und Dienststelle jeweils agieren. Deutlich wurde auch hier: „Die ‚Drei in einem Boot‘ kommen nur wohlbehalten ans Ziel, wenn sie partnerschaftlich zusammenarbeiten“, unterstrich Benra. Damit dies gelinge, müssten neben der dringend gebotenen Anpassung der rechtlichen Grundlagen „an Sprache und Erfordernisse des 21. Jahrhunderts“ alle individuellen Fähigkeiten und Bedürfnisse der handelnden Akteure Berücksichtigung finden: „Personalräte brauchen Menschen mit Augenmaß, Herz und Verstand und gleichzeitig dem entscheidenden Know-how über sämtliche Möglichkeiten und Instrumente der Mitbestimmung.“ Gewerkschaften wiederum seien Unterstützer, Know-how-Geber und Coach der Personalräte, oftmals auch Rechtsbeistand. Zudem käme den Gewerkschaften im Dialog mit Beschäftigten und Dienststellen der wichtige Part eines Vermittlers zu, der mitunter freier und selbständiger agieren und beraten könne als die strengeren Regeln unterworfenen Personalvertreter. Auf Seiten der Dienststelle wiederum müsse sich die Erkenntnis noch stärker durchsetzen, dass partnerschaftliche Personalvertretung wörtlich zu nehmen sei, „wenn es um Akzeptanz für notwendige Maßnahmen und Wertschätzung der Beschäftigten geht“, betonte der dbb Vize.

Bosbach: „Vertrauen und Partnerschaft auf Augenhöhe sind nach wie vor das Maß der Dinge“

Wolfgang Bosbach (CDU), Vorsitzender des Bundestagsinnenausschusses, sieht in der zunehmenden Individualisierung auch der Beschäftigteninteressen die größte Herausforderung für die Zukunft der Mitbestimmung. „Wir müssen darauf Acht geben, dass aus diesem Wertewandel kein Werteverlust wird“, forderte Bosbach, Sprüche wie „Wenn jeder an sich selber denkt, ist auch an alle gedacht“ dürften keine neue Maxime werden. „Vertrauen und Partnerschaft auf Augenhöhe sind nach wie vor das Maß der Dinge bei allen Fragen der Mitbestimmung“, betonte der Innenpolitiker, „und alle daran Beteiligten sollten dem Versuch widerstehen, sich als Gegenspieler zu begreifen oder die Bildung von Gegensätzen als hilfreich zu betrachten. Entscheidend ist die Frage, wie man miteinander umgeht“, so Bosbach.

Ganz in diesem Sinne referierte anschließend Dirk Lechtermann, Vorsitzender Richter am Verwaltungsgericht Münster, zum Thema „Miteinander – nicht gegeneinander: Rechte und Pflichten der Personalratsmitglieder“. Einer Untersuchung des WSI zufolge, so Lichtermann, gebe es in 30 Prozent der Fälle, mit denen Personalräte befasst seien, Konfliktpotential und Auseinandersetzungen statt partnerschaftlicher Lösungsversuche. Dies hänge zum Teil mit den unterschiedlichen Rechten und Pflichten der Personalratsmitglieder (Vorsitzender, Stellvertreter, Listenmitglieder, Gruppenmitglieder) zusammen, wesentlich seien jedoch auch personenbezogene Konfrontationen, differierende Persönlichkeitsmerkmale sowie funktionsbezogene oder organisationsbezogene Dissensen. Dagegen könne ein offener Informationsaustausch zur Verbesserung der Kommunikation hilfreich sein, der Personen und Probleme strikt trenne. Nur dann seien im Personalrat gemeinsame Lösungen möglich. Die Konsensbildung, gegebenenfalls mit Hilfe einer innerorganisatorischen Mediation, müsse möglichst frühzeitig einsetzen, denn Konflikte ließen sich leichter beilegen, „wenn sie noch schwelen statt brennen“, so Lechtermann.

Zum Abschluss des ersten Tags hatten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer die Wahl, sich an einem von drei parallelen Fachforen unter Leitung von Doreen Molnar (BMA), Eva Herbst (Kommunikationstrainerin und Coach, Berlin) sowie Volker Rache (Konfliktlösungen, Berlin) zu beteiligen. Zur Auswahl standen die Themenbereiche zukunftsgerechtet Gestaltung der Arbeitswelt, gelungene Kommunikation nach innen und außen sowie Konfliktlösung durch Moderation, Mediation oder Schlichtung.

Am Folgetag standen Plenumsvorträge und Praxistipps sowie Diskussionsrunden mit dem Plenum im Mittelpunkt des Programms. Die Themenpalette reichte von den Herausforderungen durch die Individualisierung der Beschäftigten über Möglichkeiten und Grenzen politischer und gewerkschaftlicher Betätigung im Personalratswahlkampf bis hin zu einem Überblick über die aktuelle Rechtsprechung zu Wahl und Arbeit der Personalvertretungen.

In seinem Schlusswort komprimierte der Zweite dbb Vorsitzende und Fachvorstand Tarifpolitik, Willi Russ, die Tagungsergebnisse zu einer kurzen Formel: „Um erfolgreiche Personalratsarbeit zu betreiben, ‚müssen‘ wir partnerschaftlich zusammenarbeiten, nur so sind tragfähige Kollektivregelungen zu erreichen.“ Eine Fülle nützlicher Möglichkeiten, Anregungen und Handlungsanweisungen, wie dies zu erreichen sei, habe das 10. Forum Personalvertretungsrecht vorgestellt.

 

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