Interview zur Lage des öffentlichen Dienstes

Silberbach: Gebietskörperschaften werben sich gegenseitig das Personal ab

Vor dem Start der Einkommensrunde für den öffentlichen Dienst von 15 Bundesländern hat der dbb Bundesvorsitzende Ulrich Silberbach für mehr Einheitlichkeit geworben.

Politik & Positionen

Im Interview mit der Frankfurter Rundschau sagte der dbb Chef: „Wir haben im Frühjahr einen sehr guten Tarifabschluss für Bund und Kommunen hinbekommen, den besten in der Nachkriegszeit. Er war ja etwas kompliziert mit linearer Komponente, Inflationsprämie und Sockelbetrag. Aber die Kolleginnen und Kollegen haben schnell gemerkt: Hoppla, da kommt ja richtig was rum.“ Dies sei angesichts der Inflation auch dringend nötig gewesen. Dies gelte auch für die Verhandlungen mit der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL), in der alle Bundesländer außer Hessen vertreten sind. „Wir haben damit schon eine gewisse Blaupause. Wir können uns ja auch nicht selber in die Tasche lügen. Wir fordern immer, dass die drei Gebietskörperschaften Bund, Länder und Kommunen wieder gemeinsam an einem Tisch verhandeln müssen. Es braucht einen Gleichklang auch beim Einkommen. So, wie es im Moment ist, werben die Gebietskörperschaften sich gegenseitig das Personal ab.“

Der Fachkräftemangel im öffentlichen Dienst hänge unter anderem damit zusammen, dass die Bezahlung im Vergleich zur Privatwirtschaft nicht konkurrenzfähig sei. Auch bei anderen Themen sei der Staatsdienst nicht gut aufgestellt. Silberbach: „Der Öffentliche Dienst hinkt bei der Digitalisierung weit hinterher. Die jungen Leute, die heute kommen, fragen nach Homeoffice, nach mobilem Arbeiten. Die wollen vielleicht auch nicht mehr 40 Stunden arbeiten, nicht mehr fünf Tage pro Woche, das sagen sie ganz klar. Und wenn dann der Arbeitgeber sagt, bei mir gibt es aber nur die Fünf-Tage-Woche, Präsenzpflicht und die Digitalisierung ist bei uns auch noch nicht so weit – dann springen viele Bewerberinnen und Bewerber ab. Positiv punktet der öffentliche Dienst immer noch mit der Möglichkeit, eine wirklich sinnstiftende Tätigkeit fürs Gemeinwohl anzubieten.“

Der dbb Chef warb außerdem einmal mehr für Bürokratieabbau: „Wir haben viel zu komplizierte Regeln und Verfahren. All das, was wir mit Digitalisierung erleichtern könnten, findet im Moment ja noch gar nicht statt. Ich kann bei Behörden einen digitalen Antrag stellen, aber der wird immer noch ausgedruckt und durch die Diensträume getragen. Da ist der Workflow dann noch analog und nicht digital. Das macht uns natürlich Schwierigkeiten, insbesondere weil wir ja sowieso schon viel zu wenig Leute haben. Man könnte das beschleunigen, indem man Regeln und Verfahren entbürokratisiert.“ Mit schlichtem Personalabbau sei dem Anliegen des Bürokratieabbaus aber nicht gedient. „Die FDP und die Union verstehen darunter immer, dass man dann auf ein paar Leute verzichtet. Auf keinen Fall: Uns fehlen deutschlandweit schon jetzt über 360.000 Menschen, da kann man nicht sagen, Digitalisierung ermöglicht Personalabbau. Wir brauchen die Leute gegen die zunehmende Überlastung und für Serviceverbesserungen für Bürgerinnen und Bürger.“

 

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