Leitantrag Versorgungsrecht

Positionen und Handlungsnotwendigkeiten im Versorgungsrecht

Die Beamtenversorgung ist rechtlich und strukturell eigenständig und ein über Artikel 33 Grundgesetz (GG) geschützter Bestandteil des Berufsbeamtentums

Für Beamtinnen und Beamte stellt das eigenständige, sichere und leistungsfähige Alterssicherungssystem der Beamtenversorgung einen herausragenden und wichtigen Bestandteil ihrer Beschäftigungsbedingungen dar. Deshalb müssen Beamtinnen und Beamte auf den Bestand und die Sicherheit ihrer Alterssicherung vertrauen können. Sie spiegelt die Wertschätzung und die Geltung des Leistungsprinzips für langjährigen Dienst wider.

Die Beamtenversorgung ist ein zentrales Anliegen der Berufspolitik und gewerkschaftlichen Arbeit des dbb in Bund und Ländern

Aufgrund ihrer Eigenständigkeit, des abgeschlossenen Empfängerkreises und auch wegen ihrer guten Leistungen ist die Beamtenversorgung häufig Gegenstand von unsachlichen Behauptungen und verfälschenden Darstellungen in den Medien. Diesen tritt der dbb klar, sachlich und anlassbezogen entgegen. Auch erteilt er Forderungen nach einer Einheitsversicherung eine Absage.

Die Beamtenversorgung in Bund und Ländern ist neben der Besoldung ein gleichrangiger Teil der Alimentation. Daher ist es unlauter, diese fortlaufend zu diskreditieren und prinzipiell in Frage zu stellen. Für die Beamtinnen und Beamten muss der Bestand, die Leistungsfähigkeit und die Verlässlichkeit der Beamtenversorgung unstreitig und eindeutig sein.

Zu einer verlässlichen Alterssicherung gehört die Teilhabe an der allgemeinen finanziellen und wirtschaftlichen Entwicklung und der Schutz vor dauerhafter Entwertung. Dies gilt umso mehr, als dass sich keine Bezieherin und kein Bezieher von Alterssicherungsleistungen mehr umorientieren oder anderweitige Vorsorge treffen kann.

Die Beamtenversorgung ist kein Gegenstand für Leistungskürzungen. Vielmehr sind laufende Anpassungen an aktuelle Entwicklungen nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts erforderlich. Auch sind Neuerungen im Sinne einer angestrebten Grundeinheitlichkeit des Versorgungsrechts bundesweit umzusetzen.

Der dbb sieht für die nächsten Jahre folgende Handlungsnotwendigkeiten:

Eine stabile Ausgestaltung der Alterssicherungssysteme erfordert stetige Anstrengungen, um zukunftsfähige Lösungen zu entwickeln und auf den Weg zu bringen.

Das rechtlich und strukturell eigenständige Alterssicherungssystem ist im Bestand zu sichern sowie systemkonform und bundeseinheitlich weiterzuentwickeln.

  • Ständig wiederkehrende Überlegungen und Forderungen, die in Diversität bestehenden Altersversorgungssysteme in Deutschland zu einer Einheitsversicherung umzugestalten, sind getragen von der Absicht, die eigenständige Beamtenversorgung zu beseitigen.
  • Einen sinnbehafteten Fortschritt oder eine in der Gesamtbetrachtung finanzielle Vorteilhaftigkeit, enthalten solche Überlegungen und Begehrlichkeiten dabei jedoch nicht. Denn die Hoffnungen auf damit scheinbar verbundene Einnahmesteigerungen und Ausgabeneinsparungen sind nicht erfüllbar.
  • Dies hat zuletzt im Jahr 2020 auch die von der Bundesregierung eingesetzte Kommission „Verlässlicher Generationenvertrag“ erkannt und in ihrem Abschlussbericht berücksichtigt. Eine Einbeziehung der Beamtinnen und Beamten in das bestehende System der gesetzlichen Rentenversicherung hätte zur Folge, dass die Dienstherren die Arbeitgeberbeiträge zusätzlich zu tragen hätten und zugleich die Bruttobezüge der Beamtinnen und Beamten im Hinblick auf eine Beitragspflicht angehoben werden müssten. Somit wäre eine Systemumstellung insgesamt mit erheblichen finanziellen Mehrausgaben verbunden, für die die Haushalte der Gebietskörperschaften keinen Raum haben.
  • Neben diesen Erkenntnissen und faktischen Einsichten ist eine Einbeziehung von Beamtinnen und Beamten in eine sogenannte Erwerbstätigenversicherung mit der verfassungsmäßigen Ordnung des Grundgesetzes nicht vereinbar.

Keine isolierten Leistungskürzungen oder sachfremde Zugriffe auf die Beamtenversorgung

  • Die über Artikel 33 GG eigenständige Beamtenversorgung ist eine Vollversorgung. Sie verbindet Grund- und Zusatzversorgung.
  • Die Beamtenversorgung ist ein wesentlicher und erforderlicher Attraktivitätsbaustein des Berufsbeamtentums. Sie bietet als Teil des gegenseitigen Dienst- und Treueverhältnisses von Dienstherren und Beamten eine jeweils amtsangemessene Alterssicherung.
  • Wie alle Alterssicherungssysteme bedarf die Beamtenversorgung der stetigen Weiterentwicklung. Reformmaßnahmen, die geeignet und notwendig sind, die dauerhafte finanzielle Leistungsfähigkeit zu erhalten, wie z. B. die Anhebung der Lebensaltersgrenzen in der gesetzlichen Rentenversicherung von 65 auf 67 Jahre, wurden richtigerweise in die Beamtenversorgung übertragen. Reformen in der gesetzlichen Rentenversicherung können Anhaltspunkte für Weiterentwicklungen sein. Sie dürfen mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht ausschließlich aus Einsparzwecken erfolgen und müssen systemkonform unter Berücksichtigung der Eigenständigkeit durchgeführt werden.

Eintritt für eine „Grundeinheitlichkeit“ der wesentlichen versorgungsrechtlichen Regelungen in Bund und Ländern

  • Die tragenden verfassungsrechtlichen Grundsätze der Beamtenversorgung und deren höchstrichterliche Präzisierungen binden Bund und Länder als Gesetzgeber gleichermaßen und erfordern bei den zentralen Regelungsinhalten und Berechnungsgrundlagen zumindest gleichartige Mindeststandards.
  • Etwaige Reformmaßnahmen in der gesetzlichen Rentenversicherung können ausschließlich unter Berücksichtigung der rechtlichen und strukturellen Eigenständigkeit des Systems der Beamtenversorgung einen Maßstab für eine in Bund und Ländern gleichmäßige Weiterentwicklung der Beamtenversorgung sein.
  • Gleiche Anforderungen und Aufgaben an den Beamtendienst sollten mit zumindest ähnlichen und materiell gleichwertigen Bedingungen in der Altersversorgung einhergehen; dies ist nicht zuletzt auch erforderlich, um die wichtige, Gebietskörperschaft übergreifende Mobilität und Flexibilität der Beamtinnen und Beamten aufrechtzuerhalten.

Verbesserungen bei Ruhegehaltfähigkeit von Bezügebestandteilen

  • Die Ruhegehaltfähigkeit von Gehaltsbestandteilen ist punktuell auszubauen und in Bund und Ländern gleichgerichtet zu entwickeln. So müssen Gehaltsbestandteile, welche die Bezüge zu Aktivzeiten langjährig geprägt haben, sich auch im Ruhegehalt niederschlagen.
  • Dies gilt insbesondere für den Bereich der Stellenzulagen, welche bislang nur in einigen Bundesländern berücksichtig werden.
  • Auch aus dem Grund, dass neben Bayern, Nordrhein-Westfalen und Sachsen nunmehr auch der Bund eine Wiederherstellung der Ruhegehaltfähigkeit (zunächst der Polizeizulage) umsetzt, sollte der dbb den diesbezüglichen Handlungsdruck in den anderen Bundesländern verstärken.

Gerechte Anerkennung von Kindererziehungs- und Pflegezeiten

  • Gesellschaftlich anerkannte Tätigkeiten, insbesondere im Rahmen familienpolitisch bedingter Freistellungszeiten für Kindererziehung und Pflege von Angehörigen, müssen ausreichend honoriert werden, um eine gerechte und angemessene Kompensation der Ausfallzeiten in der Altersversorgung zu gewährleisten.
  • Der dbb fordert – nachdem der Bund zuletzt den Ländern Bayern und Sachsen gefolgt ist – insbesondere die Gesetzgeber in den Ländern auf, in dem Bereich der Kindererziehungszuschläge endlich eine rentengleiche Berücksichtigung statt eines willkürlichen Flickenteppichs zu beschließen.

Europarechts- und systemkonforme Regelungen zur Portabilität

  • Die sogenannte Mitnahmefähigkeit von Versorgungsansprüchen ist gesetzlich flächendeckend in allen Rechtskreisen zu regeln. Dies erfolgt in sinnvollster Weise durch ein separates Altersgeldgesetz, welches einen eigenständigen Altersversorgungsanspruch eröffnet, durch welchen der Verlust des „betrieblichen Teils“ der Alterssicherung systemkonform eingegrenzt wird. Primär soll durch eine in vielen Bundesländern noch ausstehende Regelung die vielerorts noch obligatorische sozialversicherungsrechtliche und wirtschaftlich sehr nachteilige Nachversicherung beim freiwilligen Ausscheiden aus dem Beamtendienst abgemildert werden. Dadurch soll auch ein Wechsel von Beamtinnen und Beamten zwischen öffentlichem Dienst und Privatwirtschaft erleichtert werden sowie die seit langem bestehenden, offenkundigen europarechtlichen Probleme der bisherigen Rechtslage in vielen Gebietskörperschaften beseitigt werden.

Ausbau der Teilkapitaldeckung bei der Finanzierung

  • Die Erkenntnis, dass für eine langfristige Sicherheit und Finanzierbarkeit der Alterssicherungssysteme grundlegende Weichenstellungen erforderlich sind, ist schon lange vorhanden.
  • Eine sich für die Beamtenversorgung daraus ergebende konsequente Rücklagenbildung für die später berechenbar anfallenden und vorhersehbaren Versorgungsausgaben ist in den weiter zurückliegenden Jahrzehnten jedoch überwiegend unterlassen und versäumt worden. Erst ab 1999 erfolgte die bundeseinheitliche Einführung der Versorgungsrücklagen – und darüber hinaus die spätere Ergänzung durch kapitalgedeckte Versorgungsfonds in Bund und vielen Ländern.
  • Der dbb ruft die Gesetzgeber in Bund und Ländern dazu auf, Versorgungskosten über Versorgungsrücklagen und -fonds mittelfristig zusätzlich und nachhaltig abzusichern und gegen zweckfremde Zugriffe zu schützen. So hat das Land Sachsen in der Landesverfassung festgelegt, dass die Mittel für Versorgungsempfänger vom allgemeinen Staatshaushalt getrennt auszuweisen und zweckgebunden zu verwenden sind. Dies gilt es in allen Ländern und im Bund entsprechend zu regeln, da es notwendig ist, die Alterssicherungssysteme dauerhaft finanzierbar und generationengerecht auszugestalten sowie in ihren jeweiligen Besonderheiten nachhaltig weiterzuentwickeln.
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dbb Geschäftsbericht