• Hartwig Schmitt-Königsberg

VBOB zu humanitären Visa: Wir müssen handlungsfähig sein

„Die Bundesregierung muss sich auf den Fall einstellen, dass der Gerichtshof der Europäischen Union die EU-Mitgliedstaaten zur Einführung humanitärer Visa verpflichtet “, so der Vorsitzende des Verbandes der Beschäftigten der obersten und oberen Bundesbehörden (VBOB), Hartwig Schmitt-Königsberg. Für den Auswärtigen Dienst würde eine solche EuGH-Entscheidung weitreichende Folgen haben, erklärte der Gewerkschaftschef am Mittwoch in Berlin. „Wir müssen personell wie materiell vorbereitet sein, um die Handlungsfähigkeit unserer Auslandsvertretungen sicherzustellen.“ Schmitt-Königsberg erwartet eine sehr hohe Zahl von Anträgen auf humanitäre Visa, sollte dieser Weg eröffnet werden.

Folgten die Richter den Schlussanträgen des EuGH-Generalanwalts Mengozzi, würde die Asylprüfung faktisch in die Botschaften vorverlagert. „Die Visastellen unserer Auslandsvertretungen sind auf diese Aufgabe weder personell noch technisch oder räumlich vorbereitet“, sagte Schmitt-Königsberg. Zwar bliebe das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) in Deutschland zuständig für die abschließende Asylprüfung, mit der Erteilung eines humanitären Visums gehe aber zwangsläufig eine umfassende Vorprüfung einher. „Da wären unsere Kolleginnen und Kollegen in den Auslandsvertretungen nach internationalem wie nach europäischem Recht bereits zu kompletten und individuellen Prüfungen verpflichtet.“

Anträge auf humanitäre Visa müssten auch sehr zügig behandelt werden können, so der VBOB-Chef. „Jeder Tag, den die Antragsteller länger in ihrem Land verbringen müssen, erhöht potentiell die Gefahr, dass sie Opfer von Folter oder einer anderen unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung werden.“ Wenn der EuGH mit einem solchen Urteil auf die Flüchtlingskrise reagiere, nehme er größten Einfluss auf die Asyl- und Migrationspolitik der Europäischen Union und ihrer Mitgliedstaaten. Humanitäre Visa könnten für die Berechtigten die irregulären, gefährlichen Fluchtwege überflüssig machen, so Schmitt-Königsberg. „Wenn Flüchtende sich nicht mehr illegal und mithilfe von Schleusern auf den Weg nach Europa begeben müssten, könnte das die Geschäftsgrundlage der Schleuser empfindlich treffen.“

„Ich gehe davon aus, dass die Zahl der Antragsteller auf humanitäre Visa sehr hoch sein und uns vor große Schwierigkeiten stellen würde, denn Deutschland ist als Zielland sehr attraktiv und hat – anders als die meisten anderen EU-Mitglieder - in fast allen Ländern eine Botschaft. Darauf müssen die deutschen Auslandsvertretungen vorbereitet werden.“ Diese litten jedoch ohnehin schon an Personalmangel. „Wir haben als VBOB erfolgreich auf eine Aufstockung der Haushaltsmittel des Auswärtigen Amts hingewirkt, weil die Personaldecke schon lange zu dünn geworden ist. Aber die erzielten positiven Veränderungen reichen bei weitem nicht aus, wenn der EuGH im Sinne des Generalanwalts entscheiden sollte.“ Die Regierung dürfe nicht einfach abwarten, wie der EuGH entscheidet, so Schmitt-Königsberg. „Es braucht jetzt ganz schnell Pläne für massive Personalaufstockungen und die Schaffung der technischen und räumlichen Voraussetzungen an den deutschen Auslandsvertretungen.“

 

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