Interview mit Annette Schöpf, Leiterin der Autobahnmeisterei München West
„Respektvoller Umgang ist wichtig!“
Annette Schöpf ist Straßenmeisterin und seit drei Jahren Leiterin der Autobahnmeisterei München-West. Wir haben mit der 26jährigen Kollegin über den Übergang zur Autobahn GmbH gesprochen und darüber, wie das Arbeiten für eine Frau in einer Männerdomäne ist.
Schöpf berichtet von einem entspannten und klischeefreien Umgang der Geschlechter im Umgang miteinander. Die Kollegin ist Mitglied im Verband der Straßenmeister in Bayern, einem Mitgliedsverband des BTB.
dbb:Die Autobahn GmbH hat ihre ersten Prüfungen hinter sich. Was hat auf Anhieb gut geklappt und was muss noch besser werden?
Annette Schöpf: Unser Betriebsdienst hat auch in der Übergansphase gut weitergearbeitet. Der Winterdienst war herausfordernd, aber wir haben es gut hinbekommen. Wo ich noch Luft nach oben sehe, ist bei der Kommunikation zwischen der Zentrale, also Berlin, der Niederlassung und den Autobahnmeistereien. Außerdem müssen manche Systeme, zum Beispiel SAP, noch auf die Bedürfnisse der einzelnen Meistereien angepasst werden.
Wir stehen im intensiven Kontakt mit unseren Kolleginnen und Kollegen bei der Autobahn GmbH und stellen fest, dass vor allem darüber geklagt wird, geltendes Tarifrecht würde nicht einheitlich angewandt, zum Beispiel bei der „Zulage Gefahrenraum Autobahn“. Wie erleben Sie das in München West?
Es gibt derzeit noch Unstimmigkeiten im Bereich der Eingruppierung. Diese stammen aber zum Teil auch noch aus den Unterschieden in den jeweiligen Bundesländern, wenn zum Beispiel früher unterschiedliche Grundqualifikationen gefordert waren. Das Tarifrecht sieht hier aber ein Höhergruppierungsverfahren bei Antragstellung vor.
Der MTV Autobahn ist die tarifrechtliche Grundlage für die neue GmbH. Ist der Tarifvertrag alltagstauglich?
Er stellt ganz sicher eine spürbare Verbesserung dar. Aber natürlich sehen die Beschäftigten immer noch Potential nach oben. Das ist wohl immer so. Aus meiner Sicht könnte auch der Bereich der Verwaltung noch verbessert werden. Ich bedauere, dass Meistertitel oftmals nicht honoriert werden. Manchmal wurde früher mehr Qualifikation in den Bundesländern gefordert als heute.
Wie hoch ist der Frauenanteil in Ihrem Beruf?
In Bayern ist der Anteil sehr gering, ich bin die einzige Leiterin und Autobahnmeisterin dort.
Werden Männer und Frauen in der Autobahnmeisterei München West gleichermaßen behandelt oder spüren Sie hier ein Ungleichgewicht?
Ich bin gut aufgenommen worden und kann keine Ungleichheit feststellen. Dumme Bemerkungen gibt es auch nicht. Es braucht eine Zeit, bis man wahrgenommen wird, gerade wenn Externe ins Büro kommen. Da kommt es vor, dass die den Leiter suchen und zunächst mal verdutzt sind, wenn sie auf eine Leiterin treffen. Das legt sich aber immer schnell.
Muss man sich in einer Männerdomäne ein „dickes Fell“ zulegen?
Das ist so allgemein schwer zu beurteilen. Ich arbeite schon immer in diesem Bereich, seit ich mit 15 Jahren die Ausbildung begonnen habe. Mir war von Anfang an respektvoller Umgang wichtig und den gab es. Man muss Grenzen definieren, aber dann geht’s. Es liegt auch an einem selbst. Ich war immer kämpferisch. Bei meiner Ausbildung waren wir von circa 80 Auszubildenden anfangs drei Frauen und nur eine ist im Ziel angekommen. Aber mittlerweile sind es mehr Kolleginnen geworden als 2009 zu meinem Ausbildungsstart.
Gibt es einen Unterschied zwischen „weiblichem und männlichem Führen“? Gibt es vielleicht auch männliche Kollegen, die ein Problem haben, Anweisungen von einer Leiterin der Autobahnmeisterei zu bekommen?
Nein, einen solchen Unterschied gibt es nicht, geführt wird gleich. Ich habe noch nie erlebt, dass es Probleme gab, die mit dem Geschlecht zu tun hatten.
Bis heute sind Frauen in Führungspositionen in Autobahnmeistereien eher selten. Wie sehen Sie die Chancen für junge Frauen, die die Karriereleiter erklimmen wollen, und welchen Rat würden Sie ihnen geben?
Meiner Meinung nach ist fachliche Kompetenz gefordert, egal, welches Geschlecht ich habe. In unserem Job darf man sich vor Verantwortung nicht scheuen. Und außerdem: Die Arbeit macht Spaß und ist definitiv für beide Geschlechter gleichermaßen geeignet.
Eine persönliche Frage zum Schluss: Sie haben bereits mit 26 Jahren eine Führungsposition erreicht. Was hat Sie angetrieben und hatten Sie dieses Ziel schon beim eben erwähnten Ausbildungsbeginn fest vor Augen?
In einer Führungsposition war ich schon mit 23, da ich ja schon seit drei Jahren als Dienststellenleiterin arbeite. Nein, dieses Ziel hatte ich so am Anfang noch nicht vor Augen. Dass ich es soweit geschafft habe, ist eine Mischung aus Mut, Wille und Ehrgeiz sowie Freude und Spaß an der Arbeit. Auch die Unterstützung vom Arbeitgeber spielte bei mir eine große Rolle. Durch eine gute Ausbildung und daraus resultierende Förderungsmöglichkeiten bin ich schneller an mein jetziges Ziel gelangt.