Kein Streikrecht für Beamte
OVG bestätigt dbb Rechtsauffassung
Der dbb Bundeshauptvorstand hat der Forderung nach einem Streikrecht für Beamte auf seiner Sitzung am 6. Und 7. Juni 2011 eine klare Absage erteilt. „Das Streikverbot gehört zu den tragenden Säulen des Berufsbeamtentums“, heißt es unmißverständlich in einem entsprechenden Beschluß.
n der vergangenen Tarifrunde in den Ländern hatten die DGB Gewerkschaften GEW und ver.di, Beamte zu Streikmaßnahmen aufgerufen und sich dabei auf eine nicht rechtskräftigen Entscheidung des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom Dezember letzten Jahres berufen.
Mittlerweile liegt eine erste obergerichtliche Entscheidung vor, die die Rechtsauffassung des dbb in vollem Umfang bestätigt:
In der Berufungsentscheidung des Oberverwaltungsgerichts Münster vom 7. März 2012 (Az: 3d A 317/11.O) hob das OVG die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Düsseldorf auf und bestätigte damit die ursprüngliche Disziplinarverfügung. In den Leitsätzen stellte der Senat fest, dass Beamte in der Bundesrepublik Deutschland kein Streikrecht haben, dass die Koalitionsfreiheit durch die im Grundgesetz ebenfalls verankerten hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums eingeschränkt wird und dass sich auch aus europäischem Recht keine anderweitige Bewertung ergibt.
In den Entscheidungsgründen stellt das OVG Münster fest, dass die Klägerin in vierfacher Hinsicht gegen die ihr obliegenden Dienstpflichten verstoßen habe: der Pflicht, sich mit voller Hingabe dem Beruf zu widmen, der Pflicht zum achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten, der Pflicht, nicht ohne Genehmigung dem Dienst fernzubleiben sowie der Gehorsamspflicht. Hierbei handele es sich um beamtenrechtliche Kernpflichten.
Die Koalitionsfreiheit des Art. 9 Abs. 3 GG stehe zwar auch Beamten zu, sie werde aber nach dem Prinzip der praktischen Konkordanz durch die in Art. 33 Abs.5 GG verankerten beamtenrechtlichen Strukturprinzipien mit Verfassungsrang eingeschränkt. Die Unzulässigkeit des Beamtenstreiks sei als hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums verfassungsrechtlich bestimmt; die Treuepflicht sei ein prägendes Strukturmerkmal.
Für eine funktionsbezogene Differenzierung für Beamte ergebe sich aus dem Grundgesetz keine Grundlage. Der Beamtenstatus sei nicht aufspalt- und teilbar; die besondere Treuepflicht sei unabhängig von der Art der Tätigkeit, die ein Beamter ausübe. Das Beamtenrecht im Sinne des Art. 33 Abs. 5 GG kenne keine funktionsbezogenen Beamtenkategorien mit unterschiedlichen Rechten und Pflichten. Die Treuepflicht treffe Beamte gleichermaßen in der Leistungs- wie der Eingriffsverwaltung.
Das Streikrecht lasse sich auch nicht aus Völker- oder Europarecht herleiten, weder aus der Europäischen Menschenrechtskonvention, EMRK, noch aus der Rechtsprechung des Gerichtshofes für Menschenrechte, EGMR. In der Auseinandersetzung mit verschiedenen EGMR-Verfahren hält der Senat fest, dass der EGMR häufig darauf abgestellt habe, dass sich die europäischen Staaten sehr unterschiedlich entwickelt hätten; bei Auslegung der EMRK-Entscheidungen sei den einzelstaatlichen Besonderheiten Rechnung zu tragen.
Unabhängig davon stehe die EMRK als völkerrechtlicher Vertrag in der deutschen Rechtsordnung nur im Rang eines Bundesgesetzes. Grundgesetzliche Regelungen gingen diesem vor.
Die Bundesleitung des dbb begrüßt diese Entscheidung, die juristisch umfassend das geltende Streikverbot für Beamte begründet und dies auch unter Berücksichtigung des europäischen Rechts, insbesondere der Europäischen Charta für Menschenrechte. Darüber hinaus stellt das Gericht auch die funktionale Bedeutung der besonderen Bindungen des Beamtenrechts für die öffentliche Aufgabenerfüllung fest.