Einkommensrunde öffentlicher Dienst
Motiviertes Personal gibt es nicht zum Nulltarif
Beschäftigte des Landesdienstes haben am 12. Februar 2019 in mehreren Städten ihren Unmut über die Verhandlungstaktik der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) geäußert.
In Leipzig gingen rund 3000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes auf die Straße. dbb Chef Ulrich Silberbach untermauerte den Anspruch der Kolleginnen und Kollegen auf Teilhabe an der allgemeinen Einkommensentwicklung und verwies auf den Bezahlungsabstand zum Bund: „Die Bedürfnisse der Beschäftigten der Länder sind keine anderen als die derjenigen in den Kommunen und beim Bund. Auch sie müssen Miete, Strom und Schulsachen für ihre Kinder bezahlen. Die Lücke zu schließen ist keine Frage des Wohlwollens, sondern eine Verpflichtung der Arbeitgeber.“ Die Länder dürften sich mit dem Verweis auf Haushaltslagen nicht aus ihrer gesellschaftlichen Verantwortung stehlen: „In der Bundesrepublik fehlen derzeit bis zu 50 000 Lehrerinnen und Lehrer, eine Million Unterrichtsstunden fallen aus – pro Woche! Wer am Rückgrat des Bildungssystems spart, spart an den Zukunftschancen der kommenden Generationen.“ Wenn Schule es nicht mehr schaffe, „die Kleinen fit für Großes“ zu machen, komme das die Gesellschaft am Ende teurer, als bereits heute für eine nachhaltige Bildungspolitik zu sorgen.
Auch in Hamburg zogen 1.500 Frauen und Männer mit einem Protestmarsch durch die Innenstadt. Einige von ihnen machten mit einem Sprung in die eiskalte Alster auf die prekäre Lage des öffentlichen Dienstes aufmerksam. „Uns steht das Wasser bis zum Hals“, betonte dbb Vize Friedhelm Schäfer. „Der öffentliche Dienst hat es mit Personaldefiziten im sechsstelligen Bereich, einer ausgesprochen angespannten Angebotslage auf dem Arbeitsmarkt und demografischen wie technischen Mega-Herausforderungen zu tun. Den Arbeitgebern fällt dazu nichts Besseres ein als das Zelebrieren von Tarifritualen“, kritisierte Schäfer mit Blick auf die TdL, die unter der Führung von Berlins Finanzsenator Matthias Kollatz auch zur zweiten Verhandlungsrunde am 6./7. Februar in Potsdam mit leeren Händen gekommen war und die Gewerkschaftsforderungen erneut als überzogen zurückgewiesen hatte. „Wer jetzt auf Zeit spielt, verspielt die Zukunft“, warnte Schäfer und forderte die Arbeitgeber auf, endlich ein verhandelbares Angebot auf den Tisch zu legen.
In Stuttgart forderten mehr als 1000 Beschäftigte des öffentlichen Dienstes höhere Einkommen. dbb Tarifchef Volker Geyer verteidigte die Forderung der Gewerkschaften nach 6 Prozent mehr Lohn: „Das Argument der Arbeitgeber, unsere Forderung raube ihnen Geld für wichtige Investitionen, ist Unsinn. Gute Tarifpolitik ist die beste Investition in die Zukunft. Wenn nicht in Lehrkräfte, Polizisten, Erzieherinnen, IT-Fachkräfte oder Ingenieure – in wen oder was will Baden-Württemberg sonst investieren?“ Vor dem Hintergrund des Personalmangels im öffentlichen Dienst, der sich aufgrund demografischer Faktoren künftig noch verstärken werde, sei es unabdingbar, jetzt die Voraussetzungen für attraktive berufliche Perspektiven zu schaffen, die neues Personal nicht nur anlocken, sondern auch binden können. „Die kontinuierlich positive Entwicklung der Länderhaushalte der vergangenen Jahre spricht dafür, und das fordern wir jetzt ein!“
Hintergrund
Kernforderungen des dbb
6 Prozent mehr Einkommen, mindestens 200 Euro (Laufzeit: 12 Monate). Eine angemessene und zukunftsfähige Entgeltordnung für den TV-L. Die Erhöhung der Pflegetabelle um 300 Euro. Ein Fahrplan für die Einführung der Paralleltabelle im Bereich der Lehrkräfte. Stufengleiche Höhergruppierung. 100 Euro mehr für Auszubildende und unbefristete Übernahme.
Von den Verhandlungen über den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) sind insgesamt rund 3,3 Millionen Beschäftigte betroffen: Eine Million Tarifbeschäftigte der Länder (ohne Hessen, das nicht Mitglied der TdL ist und gesondert Verhandlungen führt), für die der TV-L direkte Auswirkungen hat, sowie rund 2,3 Millionen Beamte und Versorgungsempfänger in Ländern und Kommunen (ohne Hessen), auf die der Tarifabschluss übertragen werden soll, um den Gleichklang der wirtschaftlichen und finanziellen Entwicklung im öffentlichen Dienst zu gewährleisten. Am 28. Februar 2019 wollen sich Gewerkschaften und Arbeitgeber nun zum vorerst letzten Verhandlungstermin erneut in Potsdam treffen.