• dbb Chef Ulrich Silberbach im Gespräch mit einer ihm gegenüber stehenden Person

dbb Chef Silberbach im FAZ-Interview

„Die neue Bundesregierung droht die Bodenhaftung zu verlieren“

Angesichts der ambitionierten Pläne der Ampel-Koalition warnt der dbb Bundesvorsitzende Ulrich Silberbach vor eine Überforderung des Staates.

Politik & Positionen

„Wir brauchen eine klare und konsequente Aufgabenkritik“, forderte der dbb Chef im Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (Ausgabe vom 19. Januar 2022). „Eigentlich müsste mit jedem neuen Gesetz, das beschlossen wird, ein altes entfallen, damit Spielraum für die neuen Aufgaben entsteht. Deshalb bin ich in Sorge, wenn sich Politik lauter neue, anspruchsvolle Aufgaben vornimmt, ohne sich dieser Frage zu stellen. Politisch auf den Punkt gebracht, ist meine Diagnose: Die neue Bundesregierung droht die Bodenhaftung zu verlieren. Sie verkennt, dass der Staat – so wie er jetzt aufgestellt ist – nicht in der Lage sein wird, das umzusetzen, was sie auf den Weg bringen will.“

Der dbb warne bereits seit viele Jahren davor, dass die Leistungsfähigkeit des öffentlichen Dienstes aufgrund des andauernden Personalmangels an ihre Grenzen stoße. „Schon heute fehlen 330.000 Beschäftigte, um alle politisch vorgegeben Aufgaben sinnvoll zu erfüllen. Zugleich erreichen allein in den nächsten zehn Jahren 1,3 Millionen der rund 5 Millionen Angestellten und Beamten den Ruhestand. Die Personallücke wird also täglich größer – gleichzeitig plant die neue Bundesregierung einen ambitionierten Aufbruch: Klimaschutz, Digitalisierung, Diversität und mehr. Wir gehen da ja mit. Aber einfach noch mehr Aufgaben draufpacken, ohne die Ausstattung des öffentlichen Dienstes fundamental zu verbessern, das wird nicht funktionieren“, warnte Silberbach.

Wenn die Regierungen von Bund und Ländern nicht endlich bereit seien, in die Personal- und Sachausstattung zu investieren, führe das auch zu gesellschaftlichen Verwerfungen. Als ein Beispiel nannte der dbb Bundesvorsitzende die Bildungspolitik: „Seit Jahren hören wir, dass gute Schulen die Grundlage für Wohlstand und Stabilität im Lande seien. Es wird der Anspruch von Inklusion und Diversität formuliert: Kein Kind soll zurückbleiben, auch nicht, wo in Grundschulklassen nur wenige Kinder der deutschen Sprache mächtig sind. Das ist alles gut, alles richtig – aber wenn es an die Umsetzung geht, regieren plötzlich Sparkommissare. Soll etwa eine einzelne Lehrerin, ein einzelner Lehrer mit einer Klasse von 25 Kindern so etwas leisten? Natürlich erfordert das mehr Pädagogen und kostet Geld. Aber weil das ausbleibt, geht auch hier Vertrauen in den Staat verloren.“

Es gebe einen Zusammenhang zwischen frustrierenden Erfahrungen, die Bürgern mit schlecht ausgestatteten, schwerfällig wirkenden Behörden machen, und einem teils bedenklich abnehmenden Vertrauen in staatliche Handlungsfähigkeit und Politik, betonte Silberbach. „In letzter Konsequenz zeigt sich das sogar in der steigenden Zahl jener abscheulichen Fälle von Verrohung und Gewalt, die etwa Polizisten, Sanitäter oder Feuerwehrleute bei ihren Einsätzen erleben. Wir erleben einen gefährlichen Respektverlust gegenüber denen, die im Dienste unseres Gemeinwesens arbeiten. Und eine wichtige Ursache dieses Problems ist, dass politisch allzu oft mehr versprochen wird, als die öffentliche Verwaltung objektiv leisten kann.“

 

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