Brief an Ministerpräsidenten
dbb lehnt gesetzliche Zwangs-Tarifeinheit und „gewerkschaftliche Monokultur“ ab
Mit einem Brief an die Ministerpräsidenten der Länder hat der dbb Bundesvorsitzende Peter Heesen auf die Ankündigung des rheinland-pfälzischen Landeschefs Kurt Beck (SPD) reagiert, eine Bundesratsinitiative zur gesetzlichen Festschreibung der Tarifeinheit einbringen zu wollen. „Der dbb sieht in der neuen Rechtsprechung keinerlei Bedarf für eine Gesetzesänderung, schon gar nicht für eine Grundgesetzänderung. Etwaige Vorhaben lehnt der dbb als Eingriff in das Wesen der Tarifautonomie ab“, heißt es in dem Schreiben an die Ministerpräsidenten vom heutigen Tag.
Mit seinem Urteil habe das BAG einer Entwicklung Rechnung getragen, die im tarifpolitischen Alltag längst Einzug gehalten habe und in der sich die kontinuierliche Ausdifferenzierung der Berufswelt in Deutschland und der Interessen der Arbeitnehmer widerspiegele. Vor diesem Hintergrund sei „eine Tarifpluralität geradezu zwingend. Würde diese Tarifpluralität nunmehr durch eine erzwungene Tarifeinheit, also einem Prinzip der Zwangssolidarität, ersetzt, wäre dies mit dem Grundgesetz nicht in Einklang zu bringen, vielmehr nähmen Akzeptanz und Legitimität der Tarifautonomie irreparablen Schaden. Die Folge wäre eine gewerkschaftliche Monokultur“, warnte der dbb Chef und wies alle dahingehenden Bestrebungen – auch die entsprechende Initiative von BDA und DGB – zurück: Die Vorschläge griffen tief in die Tarifautonomie ein und verletzten die verfassungsrechtlichen Vorgaben der Koalitionsfreiheit – vergleichbar „mit der Abschaffung unseres bundesrepublikanischen Mehrparteiensystems und dessen Ersetzung durch ein Einparteiensystem“.
Die Tarifautonomie benötige weder vom Grundsatz her noch in ihrem praktischen Funktionieren die Tarifeinheit, stellte Heesen klar. „Die Tarifautonomie setzt den Tarifpluralismus zwingend voraus. Dabei kann die Tarifeinheit nur als eine Option verstanden werden, die am Ende von tarifautonomen Verhandlungen von den Tarifpartnern im Einzelfall vereinbart werden kann, aber nicht muss.“ In der Folge der neuen BAG-Rechtsprechung seien die Tarifpartner – nicht jedoch der Gesetzgeber – in der Pflicht. „Dies gilt umso mehr, als das hohe Verantwortungsbewusstsein aller Tarifpartner in der Vergangenheit Garant dafür ist, dass auch durch die nunmehr gestärkte Tarifpluralität Wildwuchs und vermeintliches Streikchaos in Deutschland nicht Einzug halten werden.“