Verband Bildung und Erziehung (VBE)
Barrieren in der Schule: Inklusion in Deutschland stockt
Repräsentative Umfrage zeigt geringe Entwicklung seit 2020 und massive Lücke zwischen Anspruch inklusiver Beschulung und schulischer Realität
„Die Inklusion in der Schule ist in den letzten fünf Jahren kaum vorangekommen“, kommentiert der stellvertretende Bundesvorsitzende des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE), Tomi Neckov. Dies zeigt die vom VBE in Auftrag gegebene, repräsentative forsa-Befragung von 2.737 Lehrkräften zur schulischen Inklusion.
Nach Befragungen in 2015, 2017 und 2020 können mit der Umfrage 2025 Entwicklungen aufgezeigt werden – wo es sie gibt. „Die größte Herausforderung bleibt, dass die Lehrkräfte die Chancen von Inklusion sehen, aber täglich mangelnde Ausstattung und fehlende Unterstützung erleben. Hier zeigt sich ein strukturelles Versagen. Die Politik muss begreifen: Inklusion ist kein Randthema – sie ist ein Prüfstein für den Zustand unseres Bildungssystems. Und wenn 41 Prozent der Befragten angeben, dass ihre Schule nicht barrierefrei ist, wird offensichtlich, dass etwas gehörig schiefläuft. Der mangelnde Zugang betrifft nicht nur Kinder mit Behinderung“, betont Neckov. „Auch Eltern und Lehrkräfte werden ausgeschlossen. Das widerspricht dem Grundrecht auf Teilhabe und freie Berufswahl.“
Die grundsätzliche Zustimmung zur Inklusion ist hoch: 62 Prozent der befragten Lehrkräfte (2015: 57 %) halten das gemeinsame Lernen von Kindern mit und ohne Behinderung für sinnvoll – bei Lehrkräften mit praktischer Erfahrung im inklusiven Unterricht liegt der Anteil sogar bei 69 Prozent. Doch aufgrund fehlenden Personals, großer Klassen und mangelnder individueller Förderung halten nur 28 Prozent Inklusion auch in der aktuellen schulischen Umsetzung für praktikabel. Das hat Folgen: Fast die Hälfte der Befragten spricht sich für den mehrheitlichen Erhalt von Förderschulen aus, ein Drittel für den vollständigen Erhalt. Nur knapp 20 Prozent sprechen sich für die mehrheitliche Abschaffung von Förderschulen aus.
Es zeigt sich eine starke Korrelation zwischen dem Befürworten des Abschaffens von Förderschulen und der Erfahrung mit Inklusion. Neckov betont: „Das Erleben macht offen für die Vorteile von Inklusion! Es darf aber keine Zusatzaufgabe ohne Ressourcen sein. Die Offenheit für das inklusive Beschulen und die Aufgabe, dies umzusetzen, muss mit den notwendigen Rahmenbedingungen einhergehen.“ In zwei Dritteln der Fälle bleibt die Klassengröße unverändert, wenn Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf hinzukommen. Ebenfalls zwei Drittel der Befragten geben an, dass inklusiv unterrichtende Lehrkräfte regelmäßig eine Doppelbesetzung mit einer sonderpädagogischen Fachkraft an der Seite haben – auch wenn sich das fast alle wünschen. Die Unterstützung multiprofessioneller Teams kann nur die Hälfte der Befragten wahrnehmen.
Nicht zuletzt können herausfordernde Situationen kaum aufgefangen werden. Nur von einem Fünftel der Befragten wird von unterstützenden Maßnahmen an ihrer Schule berichtet. Der VBE-Vize Neckov macht deutlich: „Die Konsequenz dieser Arbeitsbedingungen sind Überlastung und Frustration. Die Politik muss reagieren und mit kurzfristig zu ergreifenden Maßnahmen für echte Entlastung sorgen!“
Weiterer Ergebnisse der Umfrage gibt es unter vbe.de.