Beamteneinsatz auf bestreikten Stellen

Das Bundesverfassungsgericht hat in einem Beschluss vom 2. März 1993 unter anderem zu der Frage der Verfassungswidrigkeit des Einsatzes von Beamten auf bestreikten Arbeitsplätzen im Bereich der Deutschen Bundespost Stellung genommen. Hiernach sei für die Zulässigkeit des Einsatzes von Beamten auf bestreikten Arbeitsplätzen eine gesetzliche Regelung zwingend erforderlich. Eine solche gesetzliche Regelung sei insoweit unentbehrlich, da es zumindest auch um das Verhältnis von Staat und Privatsubjekten gehe. Der Staat befinde sich bei der Reaktion auf Streikmaßnahmen in einer Doppelrolle. So sei die Bundespost einerseits Trägerin öffentlicher Verwaltung und nehme hoheitliche Aufgaben wahr. Soweit sie jedoch Arbeitnehmer auf arbeitsrechtlicher Grundlage beschäftige, betätige sie sich als Privatrechtssubjekt. Bei dem zwangsweise angeordneten Einsatz von Beamten auf bestreikten Arbeitsplätzen bediene sich die Bundespost eines Mittels, das ihr nur als Hoheitsträgerin zur Verfügung stehe. Solle auch der Staat in seiner Eigenschaft als Arbeitgeber mit besonderen Kampfmitteln gegenüber den Gewerkschaften ausgestattet werden, so müsse dies in einem offenen, durch entsprechende Verfahrensgarantien flankierten Gesetzgebungsverfahren ausdrücklich geregelt werden. Da eine entsprechende gesetzliche Regelung bisher fehle, sei der Einsatz von Beamten auf bestreikten Arbeitsplätzen rechtswidrig, so das Fazit des Bundesverfassungsgerichts.

Bis zum jetzigen Zeitpunkt ist eine dementsprechende gesetzliche Regelung nicht geschaffen worden.

Unabhängig von der verfassungsgerichtlich festgestellten Rechtswidrigkeit einer dienstlichen Anordnung gegenüber einem Beamten, die Tätigkeiten eines streikenden Arbeitnehmers zu übernehmen, ist jedoch die Frage der Verpflichtung des einzelnen Beamten zu sehen, einer solchen Anordnung dennoch Folge zu leisten. In diesem Zusammenhang ist die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 7. November 1994 zur Gehorsamspflicht der Beamten zu beachten. Hiernach bestehe die Gehorsamspflicht des Beamten als hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums grundsätzlich auch bei rechtswidrigen Weisungen wie z.B. der Anordnung, während eines Streiks des Tarifpersonals der Bundespost Arbeiten zur Aufrechterhaltung des Postbetriebs auszuführen. Bei Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit dienstlicher Anordnungen stehe dem Beamten das sogenannte Remonstrationsverfahren offen, was ihn allerdings nicht von der Pflicht zur sofortigen Ausführung der Weisung entbinde. Für den Fall, dass der Beamte der Auffassung sei, dass die an ihn ergangene dienstliche Weisung zugleich in rechtswidriger Weise in seine persönliche Rechtsstellung eingreife und ihn in seinen ihm auch als Beamten zustehenden Grundrechte verletze, könne er verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch nehmen. Bei verfassungswidrigen Anordnungen könne die Gehorsamspflicht nur entfallen, wenn ein evidenter, besonders schwerer Verfassungsverstoß vorliege, so z.B. wenn das aufgetragene Verhalten erkennbar strafbar oder ordnungswidrig sei. Allerdings ist auch hier zu beachten, dass grundsätzlich zuvor das Remonstrationsverfahren abgeschlossen sein muss (vgl. Plog, Wiedow, Lemhöfer, Bayer in Kommentar zum BBG § 55 Rz. 18; §56 Rz. 12). Das Bundesverfassungsgericht gelangt in der vorgenannten Entscheidung aus dem Jahr 1994 zu dem Ergebnis, dass zumindest zum Zeitpunkt der Erteilung der Weisungen im Jahr 1992 aufgrund der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Bundesarbeitsgerichts von einer offenkundigen Rechtswidrigkeit der Anordnung, die die jeweiligen Beamten berechtigt hätte, die Befolgung der Anordnungen letztendlich zu verweigern, nicht gesprochen werden könne.

Vor dem Hintergrund, dass nach derzeitigem Kenntnisstand anderslautende Entscheidungen von Bundesverwaltungs- und Bundesarbeitsgericht nicht ergangen sind, bleibt festzuhalten, dass auch weiterhin nicht von einer erkennbaren Rechtswidrigkeit bei der dienstlichen Anordnung an Beamte, Tätigkeiten von bestreikten Arbeitnehmerstellen zu übernehmen, auszugehen ist. Allerdings ist in diesem Zusammenhang die weitere höchstrichterliche Rechtsprechung zu verfolgen.

Somit ist nach unserer Einschätzung auch weiterhin eine Befolgungspflicht anzunehmen, wobei der betroffene Beamte die Rechtmäßig- /bzw. Rechtswidrigkeit der Anordnung – wie zuvor ausgeführt – gerichtlich überprüfen lassen kann.

Im Übrigen ist davon auszugehen, dass der Einsatz von Beamten auf bestreikten Arbeitsplätzen zu unaufschiebbaren Notdienstmaßnahmen grundsätzlich rechtmäßig ist. Zwar hat sich das Bundesverfassungsgericht im Rahmen der Entscheidung vom 7. November 1994 zu dieser Frage nicht explizit geäußert. Aber aufgrund der zahlreichen Stimmen aus Literatur und sonstiger Rechtsprechung liegt die Einschätzung nahe, dass der öffentliche Arbeitgeber im Arbeitskampf für Notdienstarbeiten und zur Erfüllung gesetzlicher Pflichten auf den ersatzweisen Einsatz von Beamten zurückgreifen kann.

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