Entfernung eines Justizvollzugsbeamten aus dem Beamtenverhältnis
Bei einer Disziplinarklage gegen einen Justizvollzugsbeamten wegen des Besitzes kinderpornografischen Bildmaterials reicht der Orientierungsrahmen für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme bis zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis.
Der Fall
Der Beklagte ist Justizvollzugsbeamter in Nordrhein-Westfalen. Im August 2013 wurde u.a. auf seinem privaten Computer eine Vielzahl kinderpornografischer Bilder und Videos entdeckt. Durch Strafbefehl wurde gegen den Beamten wegen öffentlichen Zugänglichmachens von kinderpornografischem Material gemäß § 184b Abs. 1 Nr. 2 StGB a.F. eine Gesamtfreiheitsstrafe von elf Monaten festgesetzt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde.
Mit seiner daraufhin erhobenen Disziplinarklage strebte das klagende Land die disziplinargerichtliche Entfernung des Beamten aus dem Beamtenverhältnis an. Nach eigener Sachaufklärung ist das Verwaltungsgericht und abweichend von dem Strafbefehl lediglich vom Besitz kinderpornografischen Materials gemäß § 184b Abs. 4 StGB a.F. ausgegangen und hat auf eine Zurückstufung des Beamten in das nächstniedrigere Amt erkannt. Die dagegen gerichtete Berufung des Landes hat das Oberverwaltungsgericht zurückgewiesen.
Die Entscheidung
Das Bundesverwaltungsgericht hat die Entscheidungen der Vorinstanzen aufgehoben und den Beamten aus dem Beamtenverhältnis entfernt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:
Nach den Feststellungen der Vorinstanzen hatte der Beamte über 1000 Bilddateien mit kinderpornografischem Material auf verschiedenen privaten Medien gespeichert. Damit hat er gegen seine Pflicht zu achtungs- und vertrauensgerechtem Verhalten verstoßen. Dieses Fehlverhalten, obwohl außerdienstlich begangen, ist disziplinarwürdig, weil es zum Tatzeitpunkt strafrechtlich mit einer Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren geahndet werden konnte. Bei einem Strafdelikt mit dieser Strafandrohung reicht der Orientierungsrahmen für die disziplinargerichtliche Ahnung im Allgemeinen nur bis zu einer Zurückstufung in ein niedrigeres Amt. Dagegen gilt ein weiter reichender Orientierungsrahmen bis hin zur Entfernung aus dem Dienst, wenn der Besitz des kinderpornografischen Materials einen hinreichenden Bezug zu dem Statusamt des Beamten aufweist. Letzteres hat das Bundesverwaltungsgericht bislang zum einen bei Lehrern (v.a. wegen ihrer Obhutspflicht für die ihnen anvertrauten Kinder) und zum anderen bei Polizeivollzugsbeamten (weil diese Straftaten zu verhindern haben) bejaht. Dieser weiter reichende Orientierungsrahmen gilt auch für Justizvollzugsbeamte. Dies beruht u.a. auf der Erwägung, dass - würde ihr Fehlverhalten bekannt - dies zu einem Achtungs- und Autoritätsverlust führte, der es ausschließt, sie statusamtsgemäß zur Aufrechterhaltung von Sicherheit und Ordnung in einer Justizvollzugsanstalt einzusetzen. Bei einem möglichen, ebenfalls statusamtsgemäßen Einsatz in einer Jugendstrafvollzugsanstalt können sogar Jugendliche ab 14 Jahren in ihrer Obhut sein.
Das Fazit
Auch bei Justizvollzugsbeamten kann strafbares Verhalten (wie hier wegen des Besitzes von Kinderpornografie) außerhalb des Dienstes zu einer Entfernung aus dem Beamtenverhältnis führen, weil ihr Verhalten zu einem Achtungs- und Autoritätsverlust führen kann und sie deshalb ihrem Dienst nicht mehr erbringen können. Bei ihnen wird, wie auch bei Lehrkräften, ein Bezug zu ihrem Beamtenstatus hergestellt, da sie auch mit Jugendlichen ab 14 Jahren beruflich in Kontakt kommen können.
Vorinstanzen:
OVG Münster, 3d A 2378/15.O - Urteil vom 27. Juni 2018 -
VG Münster, 13 K 156/15.O - Urteil vom 15. September 2015 -
(Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 16. Juni 2020, Aktenzeichen 2 C 12.19)