Zwei Urteile zur Professorenbesoldung mit unterschiedlichem Ausgang

1. Die mit Wirkung vom 1. Januar 2013 in Schleswig-Holstein eingeführte Regelung des Landesbesoldungsgesetzes, die eine vollständige Verminderung von vor dem Jahr 2013 gewährten Leistungsbezügen durch die im Zuge der Besoldungsreform vorgenommene Grundgehaltserhöhung ermöglicht, verstößt nicht gegen das Grundgesetz

Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 22.06.2023, Az. –2 C 13.21–

2. Das Bundesverwaltungsgericht hält die zum 1. Januar 2013 in Bremen eingeführte Regelung der Besoldung von Professoren für verfassungswidrig. Daher hat es das anhängige Verfahren ausgesetzt und die Sache dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Bundesverwaltungsgericht, 22.06. 2023, Az. –2 C 4.22–

Die Fälle

Da beide Fälle zeigen, wie verschiedene Bundesländer (hier Schleswig-Holstein und Bremen) durch unterschiedliche Regelungen zu einer verfassungsgemäßen Besoldung von Professoren zu gelangen versuchen, werden hier zwei Fälle mit unterschiedlichem Ausgang abgebildet.

1. Die beiden Schleswig-Holsteinischen Kläger sind Professoren im Landesdienst. Sie erhalten neben ihrem Grundgehalt Leistungsbezüge. Das Bundesverfassungsgericht stellte 2012 klar, dass die hessische W-Besoldung den Anforderungen an die Mindestalimentation nicht gerecht wurde und deshalb verfassungswidrig sei. Darauf reagierten die Bundesländer, und erließen unterschiedliche Regelungen, um eine Verfassungsmäßigkeit zu erreichen. Das Land Schleswig-Holstein erhöhte ab 2013 die Grundgehälter, und reduzierte gleichzeitig die zuvor gewährten Leistungsbezüge. Dagegen wandten sich die Kläger mit Verfahren vor dem Verwaltungsgericht und dem Oberverwaltungsgericht, die Klagen wurden abgewiesen.

2. Anders liegt der in Bremen handelnde Fall. Um die W-Besoldung verfassungsgemäß auszugestalten, hat der Gesetzgeber dort nicht die Grundgehälter der Professoren erhöht, sondern jeweils unabhängig vom individuellen Bestand an Leistungsbezügen durch das am 1. Januar 2013 in Kraft getretene Gesetz Mindestleistungsbezüge je in Höhe von 600 Euro monatlich bewilligt, die unbefristet sind und an den Besoldungsanpassungen teilnehmen. Waren aber vor diesem Stichtag bereits individuelle Leistungsbezüge in Höhe von 600 Euro monatlich gewährt worden, erhöhten sich die Leistungsbezüge nicht. Der Kläger verfügte am 1. Januar 2013 bereits über individuelle Leistungsbezüge in Höhe von 870 Euro monatlich, so dass er lediglich von der Entfristung sowie den regelmäßigen Besoldungserhöhungen profitierte. Er wendet sich die gesetzliche Neuregelung des Landes Bremen, weil diese durch die von einer individuellen Leistung unabhängige Bewilligung von Mindestleistungsbezügen den durch seine besonderen individuellen Leistungen begründeten Abstand zu Professoren ohne individuelle Leistungsbezüge beseitige. Die beiden Vorinstanzen haben die gesetzliche Regelung zur Bewilligung von Mindestleistungsbezügen als verfassungsgemäß angesehen und dementsprechend die Klage abgewiesen, mit der er erreichen wollte, dass ihm die Mindestleistungsbezüge zusätzlich zu seinen individuellen Leistungsbezügen gezahlt werden.

Die Entscheidungen

1. Die in Schleswig-Holstein in Rede stehenden Leistungsbezüge unterfallen als Bestandteile der Professorenbesoldung zwar grundsätzlich dem Schutz des Artikel 33 Absatz 5 Grundgesetz (GG) mit dem die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums gesichert werden. Auch im Geltungsbereich dieser Norm sind Einschränkungen durch Gesetz aber jedenfalls dann möglich, wenn sie aus sachlichen, sich aus dem System der Beamtenbesoldung ergebenden Gründen gerechtfertigt sind. Das Bundesverwaltungsgericht hat das hier für gegeben erachtet. Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur hessischen Professorenbesoldung bestand für das beklagte Land Anlass, die Professorenbesoldung neu zu strukturieren. Dass in diesem Rahmen gemäß § 39a Besoldungsgesetz Schleswig-Holstein die Grundgehälter generell erhöht und zugleich bestehende Leistungszulagen abgeschmolzen worden sind, ist nicht sachwidrig. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht in der Vergangenheit bereits für das in den dortigen Fällen allein entscheidungserhebliche teilweise Abschmelzen entschieden. Es gilt ebenso für die gegebenenfalls vollständige Abschmelzung. Auch der Leistungsgrundsatz des Art. 33 Abs. 2 GG, der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG und das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot sind nicht verletzt.

2. Anders sieht es dagegen bei dem in Bremen gelagerten Fall aus. Zwar sahen beide Vorinstanzen die gesetzliche Regelung zur Bewilligung von Mindestleistungsbezügen als verfassungsgemäß an und hat dementsprechend die Klage abgewiesen, mit der der Kläger erreichen wollte, dass ihm die Mindestleistungsbezüge zusätzlich zu seinen individuellen Leistungsbezügen gezahlt werden. Das Bundesverwaltungsgericht gelangte hingegen zu der Auffassung, dass die gesetzlichen Regelungen über die Bewilligung von Mindestleistungsbezügen mit Art. 3 Abs. 1 und Art. 33 Abs. 5 GG unvereinbar sind. Es hat das Verfahren ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Wird der Wortlaut der Regelung zugrunde gelegt, so verstößt die Vorschrift gegen das aus Art. 3 Abs. 1 GG folgende Gebot, dass der Gesetzgeber eine von ihm getroffene Entscheidung auch folgerichtig und widerspruchsfrei umzusetzen hat. Bei dem auch vom Land Bremen zugrunde gelegten zweigliedrigen Modell der Besoldung von Professoren aus Grundgehalt und Leistungsbezügen erfordert die Bewilligung von Leistungsbezügen gerade eine individuelle Leistung, die durch diesen Leistungsbezug honoriert wird. Im Gegensatz dazu ist der vom Gesetzgeber geregelte pauschale Mindestleistungsbezug nicht das Äquivalent einer individuellen Leistung eines Hochschullehrers, sondern der Sache nach die Erhöhung des von der individuellen Leistung unabhängigen Grundgehalts.

Wird die gesetzliche Neuregelung zum 1. Januar 2013 dagegen nach ihrer Wirkung betrachtet, handelt es sich um die Erhöhung der Grundgehaltssätze unter vollständiger Anrechnung dieser Erhöhung auf bestehende individuelle Leistungsbezüge. Diese mit dem Wortlaut der gesetzlichen Regelung nicht zu vereinbarende Auslegung hat zur Folge, dass aufgrund individueller Leistung erworbene Leistungsbezüge in Höhe von 600 Euro monatlich infolge der Anrechnung vollständig aufgezehrt werden. Zudem führt sie dazu, dass unterschiedliche Gruppen von Hochschullehrern je nach dem Zeitpunkt ihrer Ernennung und der Zubilligung von Leistungsbezügen aufgrund ihrer individuellen Leistung ohne rechtfertigenden Grund unterschiedlich behandelt werden.

Das Fazit

Das Bundesverwaltungsgericht hat mit seinen beiden Entscheidungen deutlich gemacht, dass die Regelungen, die die Bundesländer in Reaktion auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Verfassungswidrigkeit der hessischen Professorenbesoldung erlassen haben, dann verfassungsgemäß sind und dem Grundsatz der amtsangemessenen Alimentation entsprechen, wenn die Grundgehälter erhöht werden. In diesem Fall kann gleichzeitig auch eine Reduzierung der Leistungsbesoldung bis zur vollen Höhe erfolgen.

Quellen:
Pressemitteilungen des Bundesverwaltungsgerichts Nr. 52/ 2023 und 53/2023 vom 22.06.2023
BVerwG 2 C 11.21 - Urteil vom 22. Juni 2023

Vorinstanzen:
OVG Schleswig, OVG 2 LB 9/19 - Urteil vom 29. April 2021 -
VG Schleswig, VG 12 A 5/18 - Urteil vom 14. Mai 2019 -
BVerwG 2 C 4.22

Vorinstanzen:
OVG Bremen, OVG 2 LB 261/20 - Urteil vom 02. Februar 2022 -
VG Bremen, VG 6 K 1040/15 - Urteil vom 10. April 2018 -

 

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