Corona-Sonderzahlung nur für aktive Landesbedienstete (Rheinland-Pfalz)

Die Beschränkung der Auszahlung der Jahr 2022 gewährte Corona-Sonderzahlung auf Bedienstete, die zum 29. November 2021 in einem aktiven Dienst- oder Ausbildungsverhältnis zum beklagten Land Rheinland-Pfalz gestanden haben, ist rechtlich nicht zu beanstanden.

Verwaltungsgericht Koblenz, Urteil vom 22.11. 2022,–5 K 645/22.KO–

Der Fall

Der Kläger stand bis zu seinem Eintritt in den Ruhestand im Jahr2012 als Richter im Dienst des Landes Rheinland-Pfalz. Zum 8. April 2022 trat das Landesgesetz zur Anpassung der Besoldung und Versorgung in Kraft, wonach Beamtinnen und Beamte, Richterinnen und Richter sowie Rechtsreferendarinnen und Rechtsreferendare, die zum 29. November 2021 in einem aktiven Dienst- oder Ausbildungsverhältnis zum Land Rheinland-Pfalz gestanden haben, zur Abmilderung der zusätzlichen Belastung durch die COVID-19-Pandemie Anspruch auf eine einmalige Corona-Sonderzahlung haben.

Der Kläger begehrte ebenfalls die Corona-Sonderzahlung. Zur Begründung führte er aus, die fehlende Berücksichtigung von Versorgungsempfängerinnen und -empfängern bei der Sonderzahlung sei verfassungswidrig. Schriftlich beantragte er bei dem Beklagten, ihm eine Corona-Sonderzahlung in Höhe von 932,75 € (71,75 % von 1.300,00 €) zu gewähren, hilfsweise, bei der Berechnung seiner Versorgungsbezüge für die Dauer von 14 (Leer-)Monaten eine fiktive Erhöhung von 2,8 % zu unterstellen. Zur Begründung verwies er u.a. auf den Tarifvertrag über eine einmalige Corona-Sonderzahlung vom 29. November 2021 zwischen der Tarifgemeinschaft deutscher Länder und dem dbb beamtenbund und tarifunion und machte geltend, der Beklagte habe es unter Verstoß gegen das Alimentationsprinzip, den allgemeinen Gleichheitssatz sowie die Fürsorgepflicht unterlassen, diese tarifliche Regelung in dem Landesgesetz zur Anpassung der Besoldung und Versorgung vom 8. April 2022 (LBVAnpG 2022) entgegen der gängigen Praxis des Gleichklangs der Besoldungs- und Versorgungsbezüge nicht lediglich für Beamtinnen und Beamte sowie Richterinnen und Richter, sondern auch für Versorgungsempfängerinnen und -empfänger zu übernehmen. Der Beklagte erließ daraufhin einen Widerspruchsbescheid, in dem er im Wesentlichen ausführte, dem Kläger könne mangels gesetzlicher Grundlage weder eine Corona-Sonderzahlung noch eine anderweitige Erhöhung der Versorgungsbezüge gewährt werden. Insbesondere sei er als Versorgungsempfänger nicht vom dem anspruchsberechtigten Personenkreis des Art. 1 LBVAnpG 2022 erfasst. Dagegen ging der Kläger gerichtlich vor.

Die Entscheidung

Das Verwaltungsgericht Koblenz hat die Klage für überwiegend unzulässig und im Übrigen unbegründet abgewiesen. Die allgemeine Leistungsklage ist insgesamt unzulässig. Versorgungsleistungen, die gesetzlich nicht vorgesehen sind, können aufgrund des versorgungsrechtlichen Vorbehalts des Gesetzes und des Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers auch dann, wenn die Verfassungsmäßigkeit der Alimentation in Frage steht, nicht zugesprochen werden. Gegen eine verfassungswidrig zu niedrigbemessene Alimentation ist daher mittels Feststellungsklage vorzugehen.

Die hilfsweise erhobene Feststellungsklage ist unbegründet. Es bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken, dass – unter Berücksichtigung der Stichtagsregelung – nicht sämtlichen Versorgungsempfängerinnen und -empfängern ein Anspruch auf eine Corona-Sonderzahlung eingeräumt worden ist. Gemäß Art. 1 Satz 1 LBVAnpG 2022 wird den Beamtinnen und Beamten, Richterinnen und Richtern sowie Rechtsreferendarinnen und Rechtsreferendaren zur Abmilderung der zusätzlichen Belastung durch die COVID-19-Pandemie eine einmalige Sonderzahlung gewährt. Diese wird nach Art. 1 Satz 4 LBVAnpG 2022 nur gewährt, wenn die genannten Personen am 29. 11. 2021 unter den Geltungsbereich des Landesbesoldungsgesetzes oder der Landesverordnung über die Gewährung von Unterhaltsbeihilfen an Rechtsreferendarinnen und Rechtsreferendare fallen (Nr. 1), das Dienst- oder Ausbildungsverhältnis am 29. November 2021 besteht (Nr. 2) und in der Zeit vom 1. Januar 2021 bis einschließlich zum 29. November 2021 an mindestens einem Tag Anspruch auf Dienstbezüge, Anwärterbezüge oder Unterhaltsbeihilfen bestanden hat (Nr. 3).

Die Beschränkung des anspruchsberechtigten Personenkreises auf Bedienstete, die zum 29. November 2021 in einem aktiven Dienst- oder Ausbildungsverhältnis gestanden haben, verstößt weder gegen das Alimentationsprinzip noch gegen den allgemeinen Gleichheitssatz.

Das Alimentationsprinzip, das zu den vom Gesetzgeber wegen ihres grundlegenden und strukturprägenden Charakters zu beachtenden hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums im Sinne des Art. 33 Abs. 5 Grundgesetz (GG) zählt, verpflichtet den Dienstherrn, Beamtinnen und Beamte sowie Richterinnen und Richter lebenslang angemessen zu alimentieren und ihnen nach ihrem Dienstrang, nach der mit ihrem Amt verbundenen Verantwortung und nach der Bedeutung der rechtsprechenden Gewalt und des Berufsbeamtentums für die Allgemeinheit entsprechend der Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse und des allgemeinen Lebensstandards einen angemessenen Lebensunterhalt zu gewähren. Für die Beurteilung der Angemessenheit der Alimentation kommt es indes allein auf deren Gesamthöhe an. Einzelne Besoldungs- und Versorgungsbestandteile wie Sonderzahlungen oder Stellenzulagen genießen hingegen für sich betrachtet nicht den verfassungsrechtlichen Schutz eines hergebrachten Grundsatzes des Berufsbeamtentums. Bei der Umsetzung der Pflicht zur amtsangemessenen Alimentation besitzt der Gesetzgeber überdies sowohl hinsichtlich der Struktur als auch hinsichtlich der Höhe einen weiten Gestaltungsspielraum. Die einmalig anlässlich der Pandemie gewährte Sonderzahlung lässt sich eindeutig nicht dem Alimentationsprinzip oder einem sonstigen hergebrachten Grundsatz des Berufsbeamtentums zuordnen.

Die Beschränkung der Sonderzahlung auf aktive Bedienstete in Art. 1 LBVAnpG 2022 ist auch nicht gleichheitswidrig. Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet dem Gesetzgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Er ist verletzt, wenn sich ein vernünftiger, sich aus der Natur der Sache ergebender oder sonst wie sachlich einleuchtender Grund für die gesetzliche Differenzierung oder Gleichbehandlung nicht finden lässt, sodass die Bestimmung als objektiv willkürlich bezeichnet werden muss. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Besoldungs- und Versorgungsempfängerinnen und -empfänger von Verfassungs wegen kein Recht auf eine allgemeine, stets prozentual vollkommen gleiche und gleichzeitig wirksam werdende Besoldungs- und Versorgungsanpassung haben. Es existiert insbesondere kein hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums, der den Gesetzgeber verpflichtet, eine strikte Parallelität der Besoldungs- und Versorgungsentwicklung zu gewährleisten. Die Ungleichbehandlung findet ihre sachliche Rechtfertigung darin, dass Versorgungsempfängerinnen und -empfänger, die zum Stichtag nicht in einem aktiven Dienstverhältnis standen, während der Pandemie überwiegend keinen Dienst geleistet haben. Ausweislich der Begründung des Gesetzesentwurfs der Landesregierung vom 8. Februar 2022 zu Art. 1 LBVAnpG 2022 sollen mit der Corona-Sonderzahlung nämlich die vielfältigen – zweifelsohne über die mit einer reinen Maskenpflicht verbundenen Unannehmlichkeiten hinausgehenden – Herausforderungen, denen sich der öffentliche Dienst während der -Pandemie zu stellen hatte, wie beispielsweise zusätzliche Arbeitsbelastungen, ein erhöhtes Maß an Flexibilität und Einsatzbereitschaft sowie ein gestiegenes Risiko für die Gesundheit, abgemildert werden. Darüber hinaus stellt die Corona-Sonderzahlung eine Anerkennung für die besonderen Leistungen – vergleichbar einer Erschwerniszulage – der Abgeltung dienstlicher Mehrbelastungen, so war es nicht veranlasst, sie auch Versorgungsempfängerinnen und -empfängern zu gewähren, die diesen Belastungen nicht oder jedenfalls nicht in gleicher Weise ausgesetzt waren. Deshalb ist es nicht zu beanstanden, dass Ruheständler, die bereits vor Beginn der Pandemie in den Ruhestand getreten sind, von dem Kreis der anspruchsberechtigten Personen ausgenommen wurden. Dass sie im privaten Bereich ebenfalls von pandemiebedingten Einschränkungen betroffen waren, ist in diesem Zusammenhang mangels dienstlichen Bezugs nicht relevant. Auch stellt die Sonderzahlung keine verdeckte tarifliche Erhöhung der Entgelte dar, die nach gängiger Praxis eine entsprechende Anpassung der Versorgungsbezüge hätte nach sich ziehen müssen. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber die Corona-Sonderzahlung bewusst anstelle einer Erhöhung der Bezüge beschlossen hätte, um Versorgungsempfängerinnen und -empfängern eine entsprechende Anpassung vorzuenthalten. Der Gesetzgeber ist − auch angesichts der grundsätzlichen Unterschiede zwischen der Tarifentlohnung und der Besoldung bzw. Versorgung – von vornherein nicht verpflichtet, die Ergebnisse von Tarifverhandlungen für Beschäftigte des öffentlichen Dienstes spiegelbildlich auf die Besoldung und Versorgung zu übertragen (vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 24. September 2007 – 2 BvR 1673/03 –, juris Rn. 51). Er hat über die Frage der Anpassung der Besoldung und Versorgung, einschließlich der Gewährung von Sonderzahlungen, vielmehr in eigener Verantwortung zu entscheiden. Maßgeblich für die Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit der landesrechtlichen Vorschrift betreffend die Corona-Sonderzahlung ist deshalb nicht, welchen (verdeckten) Zweck die Tarifparteien mit der Corona-Sonderzahlung verfolgten, sondern allein, dass diese nach dem gesetzgeberischen Willen von einer Zweckbestimmung getragen ist, die den Anforderungen des Art. 3 Abs. 1 GG genügt.

Das Fazit

Die Corona-Sonderzahlung des Landes Rheinland-Pfalz stellt eine Anerkennung für die besonderen Leistungen – vergleichbar einer Erschwerniszulage – zur Abgeltung dienstlicher Mehrbelastungen dar. Es war nicht veranlasst, sie auch Versorgungsempfängerinnen und -empfängern zu gewähren, die diesen Belastungen nicht oder jedenfalls nicht in gleicher Weise ausgesetzt waren.

Die Corona-Sonderzahlung auf Bedienstete zu beschränken, die zum 29. November 2021 in einem aktiven Dienst- oder Ausbildungsverhältnis des Landes gestanden haben, verstößt weder gegen das Alimentationsprinzip noch gegen den allgemeinen Gleichheitssatz und stellt auch keine verdeckte tarifliche Erhöhung der Entgelte dar.

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