Klage auf Abschluss eines Tarifvertrags

Eine Regelung in einem Tarifvertrag, die eine Verpflichtung zum Abschluss eines Tarifvertrags vorsieht, verleiht einer Gewerkschaft nur dann einen einklagbaren Anspruch auf Abschluss eines Tarifvertrags, wenn die Regelung hinreichend bestimmt ist (LAG Köln, Urteil vom 6. Januar 2012, Aktenzeichen 4 Sa 776/11).

Der Fall

Die Klägerin ist eine Gewerkschaft, die im Orchesterbereich organisiert. Der Beklagte ist ein Arbeitgeberverband mit Mitgliedern aus dem Bereich der Orchester, die sich in Trägerschaft von Kommunen und Ländern befinden. Klägerin und Beklagter haben den Tarifvertrag für Musiker in Kulturorchestern (TVK) abgeschlossen. Dieser enthält eine Regelung, nach der die Vergütungen der vom TVK erfassten Musiker bei Änderungen der Entgelte der Beschäftigten, die unter den TVöD/VKA fallen, durch Tarifvertrag sinngemäß diesen Veränderungen anzupassen sind, wenn die Arbeitgeber der Musiker den TVöD/VKA anwenden. Im Jahr 2010 konnten sich die Klägerin und der Beklagte nicht auf den Abschluss eines Tarifvertrags zur Anpassung der Vergütung der vom TVK erfassten Musiker einigen. Die Klägerin machte daraufhin einen Anspruch auf Abschluss eines entsprechenden Tarifvertrags gerichtlich geltend.

Die Entscheidung

Die Klage hatte keinen Erfolg.

Der Beklagte kann nicht dazu verurteilt werden, einen konkreten Tarifvertrag abzuschließen. Hierzu ist die im TVK enthaltene Regelung zu unbestimmt. Nach den Ausführungen des Gerichts ist die Klausel im TVK über die sinngemäße Anpassung der Vergütungen an die Veränderungen im TVöD/VKA als Vorvertrag zu behandeln. Dementsprechend wäre die Klausel nur dann verbindlich, wenn aus ihr klar zu erkennen wäre, welchen Inhalt der später abzuschließende Hauptvertrag haben soll. Hierfür müssen zwar nicht alle Einzelheiten des Hauptvertrags bereits feststehen. Allerdings muss sich dessen Inhalt aus den Erklärungen der Vertragsparteien zum Vorvertrag bestimmen lassen oder aus diesem bereits ergeben. Dies ist nach Auffassung des Gerichts hier nicht der Fall. Aus der im TVK enthaltenen Regelung lässt sich nicht erkennen, welchen Inhalt der Tarifvertrag genau haben soll. Die geplante tarifvertragliche Regelung ist nicht nur in ihren Einzelheiten unklar, sondern auch in ihrem Kern. Denn die Entgeltstrukturen in TVK und TVöD sind so unterschiedlich, dass nicht klar erkennbar ist, auf welche Art und Weise eine sinngemäße Anpassung erfolgen soll. Eine Entscheidung des Gerichts für einen bestimmten Weg der Anpassung würde einen unzulässigen Eingriff in die Gestaltungsfreiheit der Tarifvertragsparteien bedeuten.

Die Revision zum BAG wurde zugelassen, so dass die Entscheidung noch nicht rechtskräftig ist.

Das Fazit

In zahlreichen Tarifverträgen sind Klauseln zu finden, die die Entgeltentwicklung in einem bestimmten Bereich an die Ergebnisse von Tarifverhandlungen in einem anderen Bereich ankoppeln. Hierbei existiert nicht nur die Variante, dass eine ausgehandelte Entgelterhöhung in einem anderen Bereich automatisch übernommen wird, sondern auch diejenige Variante, die in einer spezifischen Ausgestaltung dieser Entscheidung zugrunde lag. Hier wurde keine automatische Übernahme vereinbart. Vielmehr sollte eine sinngemäße Angleichung durch Tarifvertrag erfolgen. Nach den Ausführungen des Gerichts ist eine solche Vereinbarung wie ein Vorvertrag zu behandeln. Ein solcher muss ausreichend bestimmt sein, um einen einklagbaren Anspruch zu verleihen. Für Tarifvertragsparteien empfiehlt es sich daher, Klauseln, über die eine Anbindung an Tarifergebnisse in anderen Bereichen erzielt werden soll, so konkret wie möglich zu fassen.

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