Anerkennung von Vorbeschäftigungszeiten

Art. 45 AEUV und Art. 7 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 492 / 2011 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Union stehen einer nationalen Regelung entgegen, die vorsieht, dass die von den Arbeitnehmern einer Gebietskörperschaft ununterbrochen bei ihr zurückgelegten Dienstzeiten bei der Ermittlung des Stichtags für die Vorrückung in höhere Entlohnungsstufen vollständig, alle anderen Dienstzeiten dagegen nur teilweise berücksichtigt werden (EuGH, Urteil vom 5. Dezember 2013, Aktenzeichen C 514 / 12).

Der Fall

Die Vorlageentscheidung betrifft einen österreichischen Rechtsstreit zwischen dem Zentralbetriebsrat der gemeinnützigen Salzburger Landeskliniken Betriebsgesellschaft mbH (SALK) und dem Land Salzburg. Das beklagte Land ist Alleingesellschafterin einer Dachgesellschaft von drei Landeskliniken. Das Entgelt der Mitarbeiter der Landeskliniken richtet sich unter anderem nach dem Dienstalter. Es kommt dabei nicht auf die tatsächliche Berufserfahrung an, sondern auf die Jahre, die zwischen dem 18. beziehungsweise dem 22. Lebensjahr und dem Dienstantritt liegen. Dienstnehmer kommen in den Genuss einer vollständigen Berücksichtigung von früheren Dienstzeiten, wenn sie ununterbrochenen in der SALK oder im Land Salzburg tätig waren, wobei es unerheblich ist, ob die erworbene Berufserfahrung für die bei der SALK wahrgenommenen Aufgaben einschlägig ist oder nicht. Frühere Berufserfahrungen bei anderen Arbeitgebern werden zwar auch angerechnet, jedoch nur pauschal zu 60 Prozent.

Die Entscheidung

Der EuGH sah darin eine mittelbare Diskriminierung aller so genannten Wanderarbeiter, die aus einem anderen Staat der Europäischen Union kommen. Gleichzeitig können durch die Regelung auch bereits beim Land Salzburg beschäftigte Dienstnehmer davon abgehalten werden, von ihrem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch zu machen, da bei einer eventuellen Rückkehr in den Dienst des Landes Salzburg die bis dahin zurückgelegten Dienstzeiten nur teilweise angerechnet werden. Nach Auffassung des EuGH ist eine solche Regelung weder durch das Bestreben des Arbeitgebers, die Dienstnehmer zu binden, noch durch die angeführten Ziele der Verwaltungsvereinfachung und der Transparenz gerechtfertigt. Hinsichtlich der Benachteiligung der Wanderarbeitnehmer hat der EuGH darauf hingewiesen, dass sich die in Rede stehende Regelung zwar auch zum Nachteil der inländischen Dienstnehmer auswirken kann, zum Beispiel bei Arbeitnehmern, die bei einem anderen inländischen Arbeitgeber einschlägige Berufserfahrung gesammelt haben. Doch muss eine Maßnahme, um sie als mittelbar diskriminierend qualifizieren zu können, nicht bewirken, dass alle Inländer begünstigt werden oder dass unter Ausschluss der Inländer nur die Staatsangehörigen der anderen Mitgliedstaaten benachteiligt werden.

Das Fazit

Die vom EuGH in dieser begrüßenswerten Entscheidung angelegten Maßstäbe und die daraus resultierenden Folgen sind auf in Deutschland geltenden Vorschriften zur Berücksichtigung von Erfahrungszeiten übertragbar. Auch deutsche tarifvertragliche Regelungen sind europarechtskonform anzuwenden und bereits vorgenommene Einstufungsentscheidungen können unter Umständen zu korrigieren sein. So insbesondere in den Fällen, wenn bei der Anrechnung von einschlägiger Berufserfahrung ausdrücklich danach differenziert wird, ob die Berufserfahrung bei demselben oder einem anderen Arbeitgeber erworben wurde, wie zum Beispiel in § 16 Abs. 2 TVöD für die Beschäftigten des Bundes in den Entgeltgruppen 9 bis 15, in § 16 Abs. 2 TV-L oder in §§ 4, 5 TV-V. Diese Tarifvorschriften könnten nach dem aktuellen Urteil des EuGH einer europarechtskonformen Anpassung bedürfen.

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