Fristlose Kündigung eines ordentlich unkündbaren Arbeitnehmers wegen privater Internetnutzung

Fortgesetzte grobe Verstöße gegen das Verbot der privaten Internetnutzung während der Dienstzeit rechtfertigen die fristlose Kündigung aus wichtigem Grund eines ordentlich unkündbaren Arbeitnehmers auch ohne vorhergehende Abmahnung. (BAG, Urteil vom 27. April 2006 - 2 AZR 386/05)

Der Fall

Dem bei der beklagten Behörde der Bundeswehr seit über 30 Jahren beschäftigten Kläger stand ein PC mit Internetzugang zur Verfügung, der nach einer Dienstvorschrift nicht zu privaten Zwecken genutzt werden durfte. Bei einer Überprüfung des PC stellte die Beklagte fest, dass der Kläger über einen Zeitraum von zehn Wochen fast täglich zwischen 15 Minuten und drei Stunden, insgesamt ca. 50 Stunden, während seiner Arbeitszeit privat im Internet gesurft und dabei insbesondere pornografische Seiten besucht hat. Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis außerordentlich mit sofortiger Wirkung. Der Kläger macht die Unwirksamkeit der Kündigung geltend.

Die Entscheidung

Die verbotene Internetnutzung für private Zwecke ist selbst dann ein Kündigungsgrund, wenn dadurch keine besonderen Gefahren, etwa durch das Herunterladen vireninfizierter Dateien, und auch keine besonderen Kosten für den Arbeitgeber entstanden sind. Allein die Beschäftigung mit privaten Dingen in einem erheblichen Umfang während der Dienstzeit stellt einen Verstoß gegen die Arbeitspflichten dar und rechtfertigt eine Kündigung, die keine vorhergehende Abmahnung erfordert. Dabei wird die Ansicht von Seiten mit pornographischem Inhalt als zusätzlicher Pflichtenverstoß bewertet. Bei einer fristlosen Kündigung eines ordentlich unkündbaren Beschäftigten aus wichtigem Grund muss lediglich geprüft werden, ob dem Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung des Beschäftigten bis zum Ablauf einer „fiktiven“ Kündigungsfrist – das bedeutet die Kündigungsfrist eines vergleichbaren, ordentlich kündbaren Beschäftigten – zumutbar ist. Wird die Zumutbarkeit verneint, kann dem Beschäftigten fristlos gekündigt werden.

Das Fazit

Bereits bei einer unerlaubten privaten Internetnutzung während der Arbeitszeit von 20 Minuten liegt ein Verstoß gegen die Dienstpflichten vor, der grundsätzlich den Ausspruch einer fristlosen Kündigung rechtfertigt; dies gilt erst recht für den Besuch von Internetseiten mit pornographischem Inhalt. Zu beachten ist, dass für Beschäftigte des Öffentlichen Dienstes gegenüber einem Angestellten in der Privatwirtschaft gem. § 8 Abs. 1 Satz 1 BAT beziehungsweise § 41 TVöD (BT-V) gesteigerte Verhaltenspflichten gelten. Danach hat der Beschäftigte seine Dienstpflichten ordnungsgemäß zu erfüllen und sich so zu verhalten, wie es von Beschäftigten des Öffentlichen Dienstes erwartet wird. Dazu gehört nicht die über Monate fast täglich zwischen einer Viertelstunde und knapp drei Stunden dauernde Beschäftigung mit Internetpornografie am Arbeitsplatz. Werden solche Verfehlungen bekannt und schreitet der Dienstherr hiergegen nicht mit arbeitsrechtlichen Maßnahmen ein, fällt dies auf die Behörde zurück und ist für das Ansehen des gesamten Öffentlichen Dienst abträglich.

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