mit der TdL (2023) & Hessen (2024)
Keine Diskriminierung von Teilzeitbeschäftigten durch die Regelung von Überstunden im TVöD-K
Der 6. Senat des Bundesarbeitsgerichts (BAG) hat entschieden, dass im öffentlichen Dienst Teilzeitbeschäftigten ein Zuschlag für Überstunden erst ab dem Überschreiten der regelmäßigen Arbeitszeit von Vollzeitbeschäftigten zusteht. Darüber hinaus verstößt § 7 Absatz 8c) TVöD-K gegen das Gebot der Normenklarheit und ist daher unwirksam (BAG, Pressemitteilung zum Urteil vom 15. Oktober 2021, Aktenzeichen 6 AZR 253/19).
Der Fall
Die Klägerin ist bei der Beklagten als Pflegekraft auf einer Intensivstation mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 32 Stunden beschäftigt. Sie arbeitet dort in Wechselschicht- beziehungsweise Schichtarbeit nach einem für den Monat geltenden Dienstplan. Der dort geltende Haustarifvertrag nimmt hinsichtlich der Vergütung Bezug auf den TVöD-K. Die Klägerin leistete im Zeitraum von Januar bis Juni 2017 geplante, also im Dienstplan vorgesehene Überstunden. Darüber hinaus leistete sie auch so genannte ungeplante Überstunden, das heißt, sie arbeitete länger, als es nach dem Dienstplan vorgesehen war. Die jeweils geleisteten Überstunden gingen über die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit der Klägerin hinaus, ohne jedoch die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von Vollzeitbeschäftigten zu überschreiten. Für diese Arbeitsstunden erhielt die Klägerin von der Beklagten das anteilige tarifliche Tabellenentgelt, jedoch nicht die darüber hinaus beanspruchten Überstundenzuschläge auf Grundlage der §§ 7 Absatz 8 c), 8 Absatz 1 Satz 1, 2a) TVöD-K. Die Klägerin ist der Ansicht, dass ihr die Zuschläge hinsichtlich der ungeplanten Überstunden auch dann zustünden, wenn sie ihre vertraglich vereinbarte regelmäßige Arbeitszeit nicht überschreite. Des Weiteren komme es ihrer Ansicht nach auch bei den geplanten Überstunden nicht auf eine Überschreitung der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit eines Vollzeitbeschäftigten an. Denn sonst würde sie als Teilzeitbeschäftigte gegenüber Vollzeitbeschäftigten diskriminiert. Der Fall endete letztlich vor dem BAG.
Die Entscheidung
Der 6. Senat des BAG ändert mit dieser Entscheidung seine bisherige Rechtsprechung. Er wies die Revision der Klägerin zurück. Zur Begründung führt das Gericht aus, dass sich die Vergütung von geplanten Überstunden allein nach der Vorschrift des § 7 Absatz 7 TVöD-K richte. Die bislang von der Rechtsprechung vorgenommene Differenzierung von geplanten und ungeplanten Überstunden geht nach Ansicht des BAG zu weit über den Wortlaut des § 7 Absatz 8 c) hinaus. Denn ein solcher Regelungswille der Tarifvertragsparteien ist der Norm nicht zu entnehmen. Die Regelung verstößt daher gegen das Gebot der Normenklarheit, das für Tarifverträge gilt. Das bedeutet, dass tarifliche Regelungen so formuliert sein müssen, dass sie aus sich heraus verständlich und für alle anwendbar sind. Dies ist bei § 7 Absatz 8 c) nicht der Fall und daher ist er unwirksam. Infolgedessen wird nun auch bei Wechselschicht- und Schichtarbeit die Grundregel des § 7 Absatz 7 TVöD-K angewandt. Da dieser nur Bezug auf die regelmäßige Arbeitszeit eines Vollzeitbeschäftigten nimmt, hat die Klägerin keinen Anspruch auf die begehrten Überstundenzuschläge. Denn dafür müsste sie ungeplante Überstunden machen, die die regelmäßige Arbeitszeit eines Vollzeitbeschäftigten überschreiten und nicht bis zum Ende der folgenden Kalenderwoche ausgeglichen werden können. Das war vorliegend nicht der Fall. Bei den von der Klägerin geleisteten „Überstunden“ handelte es sich somit um Mehrarbeit, für die die Regelung des § 7 Absatz 6 TVöD-K maßgeblich ist. Diese Arbeitsstunden sind nicht mit Überstundenzuschlägen zu vergüten. Das BAG sieht hierin auch keine Diskriminierung von Teilzeitbeschäftigten gegenüber Vollzeitbeschäftigten, weil für sie völlig unterschiedliche Regelungssysteme des TVöD-K in Bezug auf das Entstehen und den Ausgleich von Mehrarbeit und Überstunden gelten.
Das Fazit
Auch wenn die ausführlichen Urteilsgründe noch abzuwarten sind, macht diese Entscheidung klar, dass die Tarifvertragsparteien dringend gehalten sind, Tarifnormen klar und deutlich zu formulieren. Anderenfalls kann es sein, dass Gerichte diese kippen und ein Zustand entsteht, der von den Beteiligten möglicherweise nicht gewollt war. Das BAG stärkt aber mit diesem Urteil auch explizit die Tarifautonomie der Tarifvertragsparteien. Denn es lässt in Bezug auf die Abgeltung von Überstunden eine unterschiedliche Behandlung von Voll- und Teilzeitbeschäftigten zu.