Tarifliche Freistellungstage und krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit

Der Anspruch auf tarifliche Freistellungstage, der an die Stelle des Anspruchs auf ein tarifliches Zusatzgeld tritt, bleibt bestehen, wenn Arbeitnehmende während der Freistellung arbeitsunfähig erkranken (BAG, Pressemitteilung zum Urteil vom 23. Februar 2022, Aktenzeichen 10 AZR 99/21).

Der Fall

Die Parteien streiten über einen Anspruch auf Freistellung im Umfang von zwei Tagen. Für beide Parteien findet der Manteltarifvertrag für die Metall- und Elektroindustrie Nordrhein-Westfalen vom 8. November 2018 (MTV) sowie der Tarifvertrag Tarifliches Zusatzgeld für die Metall- und Elektroindustrie Nordrhein-Westfalens vom 14. Februar 2018 (TV T-ZUG) Anwendung. Nach einer Regelung des MTV können bestimmte Gruppen von Arbeitnehmenden, anstatt des tariflichen Zusatzgeldes nach TV T-ZUG, bezahlte arbeitsfreie Tage in Anspruch nehmen. Der klagende Arbeitnehmer hatte sich im Jahr 2019 für Freistellungstage entschieden, die dann an die Stelle des Zusatzgeldes nach TV T-ZUG traten. Er war dann an zwei der festgelegten Freistellungstage arbeitsunfähig erkrankt und wollte daher von der Beklagten bestätigt haben, dass er die zwei Freistellungstage an anderen Tagen nachholen dürfe. Die Beklagte wies die Forderung auf Nachgewährung der Freistellungstage jedoch zurück. Der Kläger erhob daraufhin Klage, um feststellen zu lassen, dass ihm für das Jahr 2019 noch die bezahlte Freistellung für zwei Arbeitstage zustehe. Er war der Ansicht, dass der Freistellungsanspruch durch die bloße Festlegung von freien Tagen nicht erfüllt worden sei. Denn die freie Zeit müsse auch tatsächlich nutzbar gewesen sein. Dem stehe jedoch eine krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit entgegen. Die Beklagte hingegen argumentierte, dass der Freistellungsanspruch bereits dadurch erfüllt worden sei, dass sie die freien Tage festgelegt und den klagenden Arbeitnehmer von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung an diesen Tagen freigestellt habe.

Die Entscheidung

Das Landesarbeitsgericht hat zugunsten des Feststellungsantrags des Klägers entschieden. Hiergegen hat die Beklagte Revision eingelegt, die jedoch keinen Erfolg hatte. Denn das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat entschieden, dass der tarifliche Anspruch auf bezahlte arbeitsfreie Tage nicht erfüllt ist, wenn Arbeitnehmende an den Freistellungstagen arbeitsunfähig erkrankt sind. Aus der Auslegung des MTV ergebe sich, dass der Freistellungsanspruch an Tagen krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit nicht erfüllt werden könne. Der Anspruch auf Freistellung könne grundsätzlich auch nicht auf das Kalenderjahr befristet werden und bestehe fort, so das BAG. Lediglich wenn die Freistellungstage aus personenbedingten Gründen im gesamten restlichen Kalenderjahr nicht gewährt werden könnten, gehe der Anspruch auf Freistellung unter. In einem solchen Fall bestehe dann aber im Umfang der nicht realisierten Freistellungstage nach § 25.3 MTV der Anspruch auf das tarifliche Zusatzgeld nach TV T-ZUG.

Das Fazit

Das BAG hat hier richtigerweise entschieden, dass der Freistellungsanspruch nicht erfüllt ist, wenn Beschäftigte an den festgelegten Freistellungstagen arbeitsunfähig erkrankt sind. Denn wenn bestimmten, besonders belasteten Gruppen von Arbeitnehmenden schon die Möglichkeit eröffnet wird, anstatt des tariflichen Zusatzgeldes Freistellungstage zu wählen, dann müssen diese Beschäftigten diese Freistellungstage auch tatsächlich nutzen können. Dies ist aber gerade nicht der Fall, wenn die Beschäftigten an den Freistellungstagen arbeitsunfähig erkrankt sind.

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