Eingruppierung einer Sozialarbeiterin in der Tätigkeit eines Amtsvormunds

Zum Berufsbild einer Sozialarbeiterin mit staatlicher Anerkennung gehört auch die Tätigkeit als Amtsvormund, die der Entgeltgruppe (EG) S 11b des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst in der für den Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) geltenden Fassung (TVöD/VKA) unterfällt. Nach dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) begründen die Aufgaben jedoch keine besondere Schwierigkeit im Sinne der – im vorliegenden Fall beanspruchten – EG S 15 TVöD/VKA (BAG, Urteil vom 24. Februar 2021, Aktenzeichen 4 AZR 269/20).

Der Fall

Die Klägerin ist ausgebildete Sozialarbeiterin mit dem Abschluss Bachelor of Arts und seit Mai 2013 bei der Beklagten beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis findet kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahmeklausel der TVöD/VKA Anwendung. Die Klägerin war zunächst in der EG S 11b TVöD/VKA eingruppiert und übte später eine Tätigkeit im Allgemeinen Sozialen Dienst aus, die mit der EG S 14 TVöD/VKA vergütet wurde. Mit ihrem Einverständnis wurde sie versetzt und ist seit Mai 2016 als „Sozialarbeiter / -in Amtsvormundschaften“ tätig. Hierfür erhält sie ein Entgelt nach der EG S 12 TVöD/VKA. Die von der Beklagten erstellte Arbeitsplatzbeschreibung für diese Tätigkeit beinhaltet folgende Hauptaufgaben: „Führen von bestellten Vormundschaften / Pflegschaften kraft richterlicher Anordnung, Führen von Vormundschaften bei Ruhen der elterlichen Sorge bei rechtlichem Hindernis, Prüfung von Einzelpersonen zur Ausübung einer Vormundschaft / Pflegschaft. Von der Arbeitszeit der Klägerin entfallen 75 Prozent auf die Ausübung der Aufgaben eines Amtsvormunds. Im September 2016 begehrte die Klägerin von der Beklagten rückwirkend zum Mai 2016 nach der EG S 15 vergütet zu werden, jedoch ohne Erfolg. Sie ist der Ansicht, dass sich ihre Tätigkeit zu mindestens einem Drittel durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung aus der Tätigkeit nach der EG S 12 TVöD/VKA heraushebt. Denn sie müsse über vertiefte und umfassende Rechtskenntnisse verfügen, dies zeige schon die Arbeitsplatzbeschreibung der Beklagten. Zudem würde sich die besondere Schwierigkeit der Tätigkeit auch darin zeigen, dass sie gegenüber der Beklagten einem eingeschränkten Weisungsrecht unterliegt, aber gleichzeitig auch der Aufsicht durch das Familiengericht untersteht. Auch wiesen viele der ihr mittels Amt anvertrauten Kinder und Jugendlichen eine „gescheiterte Lebensbiographie“ auf, so dass sie mehr als nur beratend und unterstützend tätig sein muss. Zudem habe sie diverse Fortbildungen – unter anderem eine Zusatzausbildung zur Traumapädagogik – absolviert, die für die Ausübung ihrer Tätigkeit erforderlich seien. Die Beklagte hingegen ist der Auffassung, dass die Tätigkeit weder besonders schwierig noch bedeutend im Vergleich zu einer solchen nach EG S 12 TVöD/VKA sei. Auch könne die Klägerin auf ein innerstädtisches Beratungsnetzwerk zurückgreifen. Die beiden Vorinstanzen haben die Klage jeweils abgewiesen.

Die Entscheidung

Die Klage hatte auch vor dem BAG keinen Erfolg. Zunächst stellt das Gericht fest, dass die der Klägerin übertragene Tätigkeit der Aufgaben eines Amtsvormunds einen Arbeitsvorgang ausmachen. Denn sie besteht in der Personen- und Vermögenssorge für das Mündel. Das „Mündelwohl“ ist das Ziel und somit das Arbeitsergebnis der in diesem Zusammenhang zu verrichtenden Tätigkeiten. Da der Arbeitsvorgang 75 Prozent der Gesamtarbeitszeit der Klägerin ausmacht, ist dieser für die tarifliche Bewertung entscheidend. Da die EG S 15 auf der EG S 12 und diese wiederum auf der EG S 11b TVöD/VKA aufbaut, war zunächst zu prüfen, ob diese Anforderungen durch die Klägerin erfüllt sind. Die Vormundschaft für Kinder und Jugendliche im Rahmen der Amtsvormundschaft zu übernehmen, gehört zu den typischen Aufgaben einer Sozialarbeiterin, so dass die Tätigkeit der Klägerin in die EG S 11b TVöD/VKA einzuordnen ist. Zwischen den Parteien besteht Einigkeit, dass die Klägerin „schwierige Tätigkeiten“ nach der EG S 12 TVöD/VKA ausübt, denn danach wird sie auch vergütet und das wurde im Prozess auch nicht in Frage gestellt. Allerdings hat das Gericht die besondere Schwierigkeit und Bedeutung der auszuübenden Tätigkeit, derer es für eine Eingruppierung in die EG S 15 TVöD/VKA bedarf, nicht gesehen. Die Klägerin benötigt zwar unstreitig zahlreiche Rechtskenntnisse und muss über ein psychologisches und pädagogisches Grundwissen sowie über sozialpädagogische Kenntnisse verfügen, aber das unterscheidet sich nicht von der Tätigkeit einer Sozialarbeiterin mit schwierigen Tätigkeiten, die in der EG S 12 TVöD/VKA eingruppiert ist. Richtig ist, dass die Klägerin Kenntnisse benötigt, um die Lage des Kindes oder des Jugendlichen einschätzen und entsprechende Entscheidungen treffen zu können. Allerdings pflegt und erzieht sie das Mündel nicht selbst. Sie gibt hierfür lediglich den Rahmen vor, wie das Unterbringen in einer Pflegestelle, hält Kontakt zum Mündel und vertritt es in Rechtsgeschäften. Zudem hat sie die Möglichkeit, auf gesetzlich vorgesehene Unterstützung zurückzugreifen. Da die Klägerin ihre Aufgaben zu jeder Zeit nur im gesetzlich zulässigen Rahmen ausüben darf, ist die Aufsicht durch das Familiengericht nach Ansicht des BAG kein „Erschwernisgrund“. Zudem handelt es sich bei Mündeln, für die eine Amtsvormundschaft bestellt wurde, vielfach um Kinder und Jugendliche, die aus schwierigen familiären Verhältnissen kommen. Das ist jedoch bei Tätigkeiten mit Personengruppen, die unter die Protokollerklärung Nr. 12 des Anhangs zu der Anlage C (VKA) zum TVöD fallen, wie zum Beispiel Strafgefangene oder Suchtmittel-Abhängige, oftmals nicht anders. Dies allein hebt die Tätigkeit daher ebenfalls nicht aus den schwierigen Tätigkeiten der EG S 12 TVöD/VKA heraus, so das Gericht. Die Anforderungen und Beschreibung der Tätigkeit in der Stellenbeschreibung der Beklagten ist auch nicht mit einer tariflichen Bewertung gleichzusetzen. Letztlich reichen die Ausführungen der Klägerin bezüglich ihrer erworbenen Zusatzqualifikationen auch nicht aus, um festzustellen, dass diese für die Ausübung der Tätigkeit tatsächlich erforderlich waren.

Das Fazit

Auch wenn das BAG im vorliegenden Fall eine Vergütung nach EG S 15 TVöD/VKA wohl zutreffend verneint hat, zeigt das Urteil, wie wichtig es ist, die Eingruppierungsmerkmale für Sozialarbeiter/-innen und Sozialpädagogen/-innen weiter zu überarbeiten. Denn nur so kann eine verbesserte Zuordnung zu den jeweiligen Entgeltgruppen erreicht werden.

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