mit der TdL (2023) & Hessen (2024)
Eingruppierung von Altentherapeutinnen und Altentherapeuten
Altentherapeutinnen und Altentherapeuten werden mangels hinreichender Vergleichbarkeit mit Ergotherapeutinnen und Ergotherapeuten nicht wie diese eingruppiert (Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Urteil vom 28. April 2020, Aktenzeichen 3 Sa 440/19).
Der Fall
Der Kläger ist seit 2011 als Altentherapeut im Sozialen Dienst in einem Seniorenheim der Beklagten beschäftigt. Er verfügt über einen Hochschulabschluss als Diplom-Sozialwissenschaftler, über eine Weiterbildung zum Altentherapeuten sowie über die Zusatzqualifikation als Demenzexperte. Auf das Arbeitsverhältnis findet kraft einzelvertraglicher Vereinbarung der TVöD – Allgemeiner Teil und TVöD – Besonderer Teil Pflege- und Betreuungseinrichtungen (TVöD BT-B) Anwendung. Die Beklagte bezahlt den Kläger nach Entgeltgruppe 8 des Teil A der Anlage 1 zum TVöD (Entgeltordnung). Der Kläger beantragte jedoch eine Eingruppierung in die Entgeltgruppe 9b der Entgeltordnung Teil B Abschnitt XI Nr. 6 TVöD. Unter den Abschnitt fallen Ergotherapeutinnen und Ergotherapeuten als Beschäftigte in Gesundheitsberufen. Der Kläger ist der Ansicht, seine Tätigkeit als Altentherapeut erfülle die Tätigkeitsmerkmale dieser Entgeltgruppe, und erhob Klage vor dem Arbeitsgericht. Das erstinstanzliche Gericht hat die Klage abgewiesen. Mit der vorliegenden Berufung verfolgt der Kläger sein Klageziel weiter.
Die Entscheidung
Die Berufung hatte keinen Erfolg. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung einer Vergütung nach Maßgabe der Entgeltgruppe 9b der Entgeltordnung Teil B Abschnitt XI Nr. 6 TVöD. Der Anspruch ergebe sich weder unmittelbar aus der Tarifnorm, noch könne er über eine ergänzende Tarifauslegung hergeleitet werden. Der Kläger erfülle nicht die Voraussetzungen der Entgeltgruppe 9b der Entgeltordnung Teil B Abschnitt XI Nr. 6 TVöD. Die Entgeltgruppe baue auf der Entgeltgruppe 7 der Entgeltordnung Teil B Abschnitt XI Nr. 6 TVöD auf und setze daher voraus, dass der Kläger Ergotherapeut mit staatlicher Anerkennung und entsprechender Tätigkeit sein müsste. Der Kläger verfüge aber weder über die staatliche Anerkennung als Ergotherapeut, noch übe er überhaupt eine entsprechende Tätigkeit aus. Seine Tätigkeit als Altentherapeut fällt unter keine der Entgeltgruppen der Entgeltordnung Teil B Abschnitt XI Nr. 6 TVöD. Auch lasse sich eine analoge Anwendung der Entgeltgruppe 9b der Entgeltordnung Teil B Abschnitt XI Nr. 6 TVöD nicht mit einer ergänzenden Tarifauslegung auf den Kläger als Altentherapeuten begründen. Eine ergänzende Tarifauslegung setze eine unbewusste Regelungslücke voraus. Zwar sei hier von einer Tariflücke auszugehen, da sich die Tätigkeit des Klägers als Altentherapeut keiner der Entgeltgruppen der Entgeltordnung des TVöD unmittelbar zuordnen lasse. Jedoch lasse sich nicht feststellen, dass die Tariflücke unbewusst besteht. Das Berufsbild der Altentherapeutin beziehungsweise des Altentherapeuten bestehe bereits viele Jahre, dennoch hätten die Tarifvertragsparteien die Tätigkeit nicht in der Entgeltordnung geregelt. Aber selbst bei unterstellter unbewusster Tariflücke scheide eine ergänzende Tarifauslegung aus. Denn die Berufsbilder des Ergo- und Altentherapeuten hätten zwar eine gewisse Nähe und auch Überschneidungen. Bei dem zu betreuenden Personenkreis, der Zielrichtung, Ausgestaltung der Tätigkeit und Schwerpunktsetzung wiesen sie aber auch teilweise deutliche Unterschiede auf. Die Ergotherapie sei im Personenkreis breiter, nämlich nicht allein auf ältere Menschen und zudem in der Sache stärker gesundheitsfördernd ausgerichtet als die Altentherapie mit ihrer mehr sozialfürsorglichen Ausrichtung speziell auf den Personenkreis der älteren Menschen. Weiterhin handle es sich bei der Ergotherapeutin um einen staatlich anerkannten dreijährigen Ausbildungsberuf. Bei der Altentherapeutin handle es sich um einen Weiterbildungsberuf mit einer regelmäßigen einjährigen Weiterbildungsdauer. Zwar muss ein Altentherapeut über eine Vorausbildung verfügen, seine Tätigkeit als solche liegt jedoch lediglich der einjährigen Weiterbildung zugrunde. Die Entgeltordnung sei somit weder unmittelbar noch im Wege der ergänzenden Tarifauslegung auf die Tätigkeit des Klägers als Altentherapeut anwendbar. Mangels Eingruppierungsbestimmungen richtet sich die Vergütung des Klägers also nach der arbeitsvertraglichen Regelung.
Das Fazit
Um die Tarifautonomie der Tarifvertragsparteien nach Artikel 9 Absatz 3 Grundgesetz zu gewährleisten, dürfen die Gerichte die Grenzen der zulässigen Tarifauslegung nicht überschreiten. Im vorliegenden Verfahren wurde dies ausreichend berücksichtigt. Die Revision wurde nicht zugelassen.