Tätowierung aus rechtsextremer Szene rechtfertigt außerordentliche Kündigung einer Lehrkraft

Die Entlassung eines Lehrers aufgrund seiner Tätowierungen aus der rechtsextremen Szene bleibt wirksam. Angesichts der Tattoos bestehe keine Gewähr für eine Verfassungstreue, so dass der Schule eine weitere Beschäftigung des Klägers unzumutbar sei. Die fehlende Eignung des Klägers rechtfertige die außerordentliche Kündigung (Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 11. Mai 2021, Aktenzeichen 8 Sa 1655/20).

Der Fall

Der im Jahr 1983 geborene Kläger ist diplomierter Lebensmittelchemiker und stand seit August 2016 in einem Arbeitsverhältnis als Lehrkraft mit dem Land Brandenburg. Er war im Schuldienst ein so genannter Quereinsteiger und in den Fächern Chemie, Physik und Mathematik eingesetzt. Der Kläger trug auf seinem Oberkörper mehrere Tattoos. Neben Thors Hammer mit einer Wolfsangel und einer schwarzen Sonne auf der Brust wurde unter anderem auch sein Bauchbereich durch den Spruch „Meine Ehre heißt Treue“ in Frakturschrift über dem Hosenbund ausgefüllt. Bei einem Schulsportfest im Jahr 2018 zog der Kläger bei großer Hitze sein T-Shirt aus, so dass sein freier Oberkörper und die Tattoos zu sehen waren. Nach diesem Vorfall fand eine Aussprache bei dem stellvertretenden Schulleiter statt. Der Kläger versicherte in einer schriftlichen Stellungnahme, nie eine rechte Gesinnung gehabt zu haben und niemals Mitglied einer rechten Gruppierung gewesen zu sein, geschweige denn überhaupt eine Affinität zum Rechtsextremismus gehabt zu haben. Zudem versicherte er, zukünftig jegliche Tätowierung an seinem Körper verdeckt zu halten. Daraufhin bat das Schulamt zunächst den zuständigen Verfassungsschutz um Bewertung. Dieser teilte mit, dass die Zurschaustellung der Symbole auf einen „harten Rechtsextremismus“ hindeute und erheblicher Zweifel an der Treuepflicht sowie an dem Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung bestünde. Daraufhin kündigte das beklagte Land dem Kläger fristlos.

Die Entscheidung

Das Gericht entschied, dass die fehlende Verfassungstreue des Klägers einen Mangel an der Eignung für die Ausübung der Tätigkeit als Lehrkraft und damit ein wichtiger Grund für die fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses darstellt. Entscheidend für die Beurteilung sei, welche staatliche Aufgaben der/die Arbeitgebende wahrzunehmen hat, welche Verhaltenspflichten der/dem Arbeitnehmenden obliegen und welches Aufgabengebiet innerhalb der Verwaltung er / sie zu bearbeiten hat. Verhaltenspflichten der Arbeitnehmenden des öffentlichen Dienstes im Länderbereich sind unter anderem in § 3 Absatz 1 Satz 2 des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) festgelegt. Danach sind die Beschäftigten verpflichtet, sich durch ihr gesamtes Verhalten zur freiheitlich demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes (GG) zu bekennen. Allerdings folge aus § 3 Absatz 1 Satz 2 TV-L nicht, dass alle Beschäftigten des Landes zu der jeweils auszuübenden Tätigkeit – vergleichbar einer verbeamteten Person – eine Pflicht zur Verfassungstreue obliegt. Die gesteigerte politische Treuepflicht lasse sich nicht schematisch auf alle Beschäftigten des öffentlichen Dienstes übertragen, sondern ergebe sich aus der Stellung und dem Aufgabenkreis der / des Beschäftigten. Geschuldet werde diejenige politische Loyalität, die für die funktionsgerechte Amtsausübung unverzichtbar ist. Eine Lehrkraft müsse den ihr anvertrauten Kindern und Jugendlichen glaubwürdig die Grundwerte unserer Verfassung vermitteln. In öffentlichen Schulen sollten die Kinder und Jugendlichen erkennen, dass Freiheit, Demokratie und sozialer Rechtsstaat Werte sind, für die einzusetzen es sich lohne. Die Lehrtätigkeit sei eine „Aufgabe von großer staatspolitscher Bedeutung“. Die Vermittlung der Grundwerte der Verfassung liege als allgemeines Erziehungs- und Unterrichtsprinzip der gesamten Tätigkeit einer Lehrkraft zugrunde. Im vorliegenden Fall resultiere aus der Tätowierung des Klägers „Meine Ehre heißt Treue“ ein Verfassungstreuepflichtverstoß des Klägers. Bei diesem Spruch handelt es sich um einen Wahlspruch der nationalsozialistischen Schutzstaffel (SS) und geht auf Adolf Hitlers Satz „SS-Mann, deine Ehre heißt Treue!“ aus dem Jahr 1932 zurück. Die Verwendung des Spruches steht gemäß § 86a StGB unter Strafe. Durch das Tragen der Tätowierung komme eine Ablehnung der verfassungsmäßigen Ordnung des Grundgesetzes zum Ausdruck. Dabei sei es zunächst auch unerheblich, ob sich die Tätowierung in einem sichtbaren Bereich des Körpers befindet oder nicht. Durch das Sichtbarmachen beim Sportfest habe der Kläger aber auch gezeigt, dass er sich mit dem Tattoo identifiziert. Weiterhin habe sich der Kläger zu keinem Zeitpunkt bis zum Ausspruch der Kündigung vom Aussagegehalt seiner Tätowierung hinreichend distanziert. Die Aussage des Klägers, er habe keine verfassungsfeindliche Gesinnung, war für das Gericht nicht glaubhaft.

Das Fazit

Das Urteil zeigt folgerichtig, dass Lehrkräfte ein positives Verhältnis zu den Grundwerten und Grundprinzipien unserer Verfassung haben müssen. Dies sei unerlässlich, damit den Schülerinnen und Schülern das Wissen und die Überzeugung vermittelt werden können, dass diese Demokratie ein verteidigungswertes und zu erhaltendes Gut ist.

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