TdL und Hessen
Kündigungsgründe Probezeitkündigung
Erklärt ein Vorgesetzter kurz vor Ablauf der Probezeit, dass der oder die Beschäftigte „natürlich“ übernommen werde, so ist eine kurz darauf ausgesprochene Probezeitkündigung unwirksam (Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf, Urteil vom 14. Januar 2025, Aktenzeichen 3 SLa 317/24).
Der Fall
Die sechsmonatige Probezeit des Klägers bei der Beklagten stand kurz vor dem Ende, als sein Vorgesetzter ihm am 17. November 2023 erklärte, er werde „natürlich“ übernommen. Trotzdem hörte die Beklagte kurz darauf – am 4. Dezember 2023 – den Betriebsrat zu einer beabsichtigten Probezeitkündigung an und nahm diese nach Zustimmung des Betriebsrats am 8. Dezember 2023 vor. Als Begründung wurde angegeben, dass der Kläger keine ausreichende Arbeitsleistung erbringe und für die Stelle ungeeignet sei. Der betreffende Vorgesetzte war Prokurist der Beklagten und für Personalentscheidungen in der Abteilung des Klägers zuständig. Er hatte sowohl den Anstellungsvertrag des Klägers als auch dessen Kündigung unterzeichnet. Gegen die Kündigung wandte sich der Kläger nun vor Gericht.
Die Entscheidung
Das LAG Düsseldorf gab dem Kläger Recht. Die Kündigung sei wegen Treuwidrigkeit aufgrund widersprüchlichen Verhaltens nichtig. Der Vorgesetzte sei ein erkennbar personalentscheidungsbefugter Vertreter der Beklagten. Seine Aussage sei wegen der Stellung als Prokurist sowie des Umstands, dass er sowohl Anstellungsvertrag als auch Kündigung unterzeichnet habe, von besonderem Gewicht und unterscheide sich von Äußerungen anderer Vorgesetzter, die gegebenenfalls als bloße Kundgabe der persönlichen Meinung aufzufassen seien. Durch seine Bemerkung in Zusammenhang mit seiner Stellung und dem nahenden Ende der Probezeit habe er bei dem Kläger ein berechtigtes Vertrauen darauf geschaffen, dass dieser die Probezeit „bestanden“ habe.
Die Beklagte habe auch nicht angeführt, dass es nach der Äußerung des Vorgesetzten Vorkommnisse gegeben habe, die die vorherige Beurteilung der Leistungen des Klägers verändert hätten. Das Gericht stellte klar: Würde die abweichende Beurteilung des Klägers auf solche Vorkommnisse zurückgehen, wäre der Meinungsumschwung sachlich nachvollziehbar und daher nicht willkürlich.
Das Fazit
Überzeugend führt das LAG hier die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts fort, wonach eine Kündigung nichtig sein kann, wenn sie ein widersprüchliches Verhalten der Arbeitgeberin darstellt (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 30. März 2023, Aktenzeichen 2 AZR 309/22). Dreh- und Angelpunkt war, ob der Kläger auf den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses über die Probezeit hinweg vertrauen durfte oder nicht. Überzeugend ist nicht nur, dass das Gericht, das im vorliegenden Fall bejahte, sondern auch die dabei angelegten Kriterien: Erstens, von wem die widersprüchliche Äußerung kam und zweitens, ob der Widerspruch durch Vortrag einer Begründung für den Meinungsumschwung aufgehoben werden konnte.