mit der TdL (2023) & Hessen (2024)
Berücksichtigung von Urlaubsstunden bei Mehrarbeitszuschlägen
Für das Erreichen des Schwellenwerts, ab dem nach den Regelungen des Manteltarifvertrags für die Zeitarbeit ein Anspruch des Arbeitnehmers auf Mehrarbeitszuschläge besteht, sind nicht nur die tatsächlich geleisteten Stunden zu berücksichtigen, sondern auch die genommenen Urlaubsstunden (Pressemitteilung BAG, Urteil vom 16. November 2022, Aktenzeichen 10 AZR 210/19).
Der Fall
Der Kläger war als Leiharbeitnehmer bei der Beklagten tätig. Auf das Arbeitsverhältnis fand der Manteltarifvertrag für die Zeitarbeit in der Fassung vom 17. September 2013 (MTV) Anwendung. Aus § 4.1.2. des MTV ergibt sich unter anderem, dass Mehrarbeitszuschläge in Höhe von 25 Prozent für Zeiten gezahlt werden, die in Monaten mit 23 Arbeitstagen über 184 geleistete Stunden hinausgehen. Der Kläger arbeitete im August 2017, auf den 23 Arbeitstage entfielen, 121,75 Stunden und nahm zudem zehn Tage Urlaub, die die Beklagte mit 84,7 Stunden abrechnete. Die Beklagte zahlte dem Kläger für diesen Monat keine Mehrarbeitszuschläge, wogegen der Kläger klagte. Er verlangte für die über 184 Stunden hinausgehenden Stunden Mehrarbeitszuschläge. Er war der Meinung, dass bei der Berechnung der Mehrarbeitszuschläge auch die für den Urlaub abgerechneten Stunden einzubeziehen seien.
Die Entscheidung
In den Vorinstanzen hatte der Kläger mit seiner Klage keinen Erfolg, weshalb er Revision vor dem Bundesarbeitsgericht (BAG) einlegte. Auf ein Vorabentscheidungsersuchen des BAG entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH), dass eine tarifliche Regelung, die bei der Berechnung von Mehrarbeitszuschlägen nur die tatsächlich geleisteten Stunden berücksichtigt, nicht aber die in Anspruch genommenen Urlaubsstunden, gegen Unionsrecht (Artikel 7 der Richtlinie 2003/88/EG) verstoße. Unter Zugrundelegung dieser Entscheidung hatte die Revision des Klägers vor dem BAG Erfolg. So müsse die tarifliche Regelung des § 4.1.2. MTV bei gesetzeskonformer Auslegung so verstanden werden, dass bei der Berechnung von Mehrarbeitszuschlägen nicht nur die tatsächlich geleisteten Stunden, sondern auch die Urlaubsstunden mit zu berücksichtigen seien, um zu klären, ob der Schwellenwert für Mehrarbeitszuschläge überschritten worden sei. Denn ansonsten wäre die Regelung geeignet, den Arbeitnehmenden davon abzuhalten, seinen gesetzlichen Urlaub in Anspruch zu nehmen. Dies sei mit § 1 Bundesurlaubsgesetz in seinem unionsrechtskonformen Verständnis nicht vereinbar.
Das Fazit
Würde man bei der Berechnung von Mehrarbeitszuschlägen die Urlaubszeiten nicht berücksichtigen, würde dies dazu führen, dass der Arbeitnehmer auf die Inanspruchnahme seines Urlaubs verzichtet, um keinen finanziellen Nachteil zu erleiden. Dies würde jedoch dem Sinn und Zweck des Urlaubs, Erholung zu gewähren, zuwiderlaufen, weshalb der Entscheidung des BAG zuzustimmen ist.