§ 1 BetrAVG alter Fassung mit höherrangigem Recht vereinbar

Nach § 1b BetrAVG neuer Fassung wird die Anwartschaft auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung unverfallbar, wenn das Arbeitsverhältnis vor Eintritt des Versorgungsfalles, aber nach Vollendung des 30. Lebensjahres endet und die Versorgungszusage zu diesem Zeitpunkt mindestens fünf Jahre bestanden hat. Nach der bis zum Ablauf 2000 gültigen Fassung des § 1 BetrAVG wurde die Anwartschaft erst dann unverfallbar, wenn der Arbeitnehmer bei Ausscheiden 35 Jahre alt war und entweder die Versorgungszusage mindestens zehn Jahre bestanden hat oder der Beginn der Betriebszugehörigkeit mindestens zwölf Jahre zurück liegt und die Versorgungszusage mindestens drei Jahre bestanden hat. Diese Regelung ist mit höherrangigem Recht vereinbar.

Sie verstößt entgegen der Auffassung der Klägerin weder gegen Artikel 3 GG noch gegen das europarechtliche Lohngleichheitsgebot. Die Klägerin war zwischen 1963 und 1980 bei der beklagten Gewerkschaft beschäftigt und schied mit dem Ende des Mutterschaftsurlaubs im Alter von 33 Jahren aus dem Arbeitsverhältnis aus. Ihr war eine Versorgung nach Maßgabe der Richtlinien einer Unterstützungskasse zugesagt worden. Diese verwiesen für den Fall des vorzeitigen Ausscheidens auf die gesetzlichen Vorschriften. Die Klägerin hatte argumentiert, es liege eine unzulässige mittelbare Frauendiskriminierung vor, weil mehr Frauen als Männer wegen der Altersgrenze unverfallbare Anwartschaften nicht erwürben. Es kann dahingestellt bleiben, ob das von der Klägerin vorgelegte Datenmaterial auf eine wesentliche Benachteiligung der Frauen schließen lässt. Eine etwaige Ungleichbehandlung ist durch objektive Faktoren gerechtfertigt, die nichts mit einer Diskriminierung auf Grund des Geschlechts zu tun haben. Ursprünglich waren Regelungen, wonach der Arbeitgeber nur dann betriebliche Altersversorgung gewähren muss, wenn der Arbeitnehmer bis zum Versorgungsfall dem Unternehmen angehört, unbeschränkt zulässig. Mit der Unverfallbarkeitsvorschrift des § 1 Absatz 1 BetrAVG alter Fassung hat der Gesetzgeber die Vertragsfreiheit der Arbeitgeber zugunsten des Sozialschutzes der Arbeitnehmer eingeschränkt. Er hat seinen Gestaltungsspielraum nicht dadurch überschritten, dass er lange vor der Regelaltersgrenze erworbene Anwartschaften für weniger schutzwürdig hielt als später erworbene.

(BAG, Urteil vom 18. Oktober 2005 - 3 AZR 506/04)

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