Urlaubsansprüche beim Wechsel von der Vollzeit in die Teilzeit

Arbeitnehmer verlieren durch den Wechsel von der Vollzeit- in die Teilzeitbeschäftigung keine während der Vollzeit erworbenen Urlaubsansprüche (EuGH, Beschluss vom 13. Juni 2013, Rechtssache C - 415/12, Bianca Brandes gegen Land Niedersachsen).

Der Fall

Die Klägerin war im Landesdienst in Vollzeit beschäftigt. Im Jahr 2010 erhielt sie aufgrund ihrer Schwangerschaft ein Beschäftigungsverbot bis zur Entbindung im Dezember 2010. Infolge des Beschäftigungsverbots sowie der anschließenden Elternzeit konnte die Klägerin den Urlaubsrest von 29 Urlaubstagen nicht nehmen. Mit Wirkung zum 22. Dezember 2011 wechselte sie von einer Vollzeit- in eine Teilzeittätigkeit mit einem Umfang von drei Arbeitstagen pro Woche. Das beklagte Land passte aufgrund dessen den in der Zeit der Vollzeitbeschäftigung erworbenen Urlaub entsprechend der neuen Anzahl der Arbeitstage an, so dass der Klägerin nunmehr nur noch 17 Tage Resturlaub zustanden. Dagegen erhob die Klägerin Klage. Das Arbeitsgericht legte dem EuGH die Frage vor, ob eine derartige Quotierung mit einschlägigem Unionsrecht vereinbar sei.

Die Entscheidung

Der EuGH hat seine Rechtsprechung zur „Tirol-Entscheidung“ vom 22. April 2010 (Rechtssache C - 486/08) bestätigt, wonach eine Anpassung des im Vollzeitarbeitsverhältnis erworbenen Anspruchs auf Urlaub bei einem Übergang in eine Teilzeitbeschäftigung nicht erfolgen dürfe. Der EuGH hat entschieden, dass Urlaubsansprüche, die vor einer Elternzeit nicht genommen werden konnten, nicht verfallen und bei einer Reduzierung der Arbeitszeit nach der Elternzeit nicht anteilig gekürzt werden können. Entscheidend für den Umfang des Urlaubsanspruchs ist nach Auffassung des EuGH der Zeitraum, in dem der Anspruch erworben wurde (Vollzeit) und nicht der, in dem er geltend gemacht werden kann (Teilzeit). Das heißt, die in Vollzeit erworbenen Urlaubstage sind auch auf der Basis von Vollzeit zu vergüten und sie sind nicht anzahlmäßig zu kürzen. Mit dem vorliegenden Beschluss hat der EuGH betont, dass es sich bei dem Anspruch des Arbeitnehmers auf bezahlten Jahresurlaub um einen besonders bedeutsamen Grundsatz des Sozialrechts der Union handelt und dieser nicht restriktiv auszulegen ist. Eine Quotierung der von einem vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmer bereits erworbenen Ansprüche auf Jahresurlaub verstößt daher gegen das Unionsrecht.

Dieser Grundsatz gilt allerdings nur dann, wenn der Arbeitnehmer während der Vollzeitbeschäftigung tatsächlich nicht die Möglichkeit hatte, diesen Anspruch auszuüben.

Das Fazit

Die vorliegende Entscheidung sowie die Tirol-Entscheidung des EuGH haben weitreichende praktische Auswirkungen, da häufig bei einem Übergang in die Teilzeitbeschäftigung Resturlaubsansprüche von mehreren Tagen bestehen, die während der Vollzeittätigkeit nicht genommen werden konnten. Sollte dem Arbeitgeber die Rechtsprechung nicht bekannt sein, wäre es sinnvoll, in dem Urlaubsantrag darauf hinzuweisen, dass man den „alten“ Resturlaub aus der Vollzeitbeschäftigung in Anspruch nimmt, und gegebenenfalls auf die Rechtsprechung des EuGH zu verweisen.

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