Bund und Kommunen
Angesammelter Urlaub während Beschäftigungsverbot
Auch bei Beschäftigungsverboten, die nahtlos aufeinander folgen, verfällt der angesammelte Urlaub aufgrund der Regelung des § 24 Satz 2 Mutterschutzgesetz (MuSchG) nicht (Bundesarbeitsgericht (BAG), Urteil vom 20. August 2024, Aktenzeichen 9 AZR 226/23).
Der Fall
Die Klägerin, eine angestellte Zahnärztin, bekam in einem kurzen Zeitraum zwei Kinder, sodass sich mehrere Beschäftigungsverbote wegen Mutterschutzes und Stillzeiten anschlossen. Bei der ersten Schwangerschaft erteilte der Arbeitgeber der Klägerin ein erstes Beschäftigungsverbot. Darauf folgten nahtlos bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses weitere Beschäftigungsverbote wegen Mutterschutzes und Stillzeiten für beide Kinder. Sie durfte daher von Dezember 2017 bis Ende März 2020, als das Arbeitsverhältnis endete, durchgehend nicht arbeiten. Die Arbeitnehmerin verfolgte mit der Klage das Ziel, von ihrem Arbeitgeber die finanzielle Abgeltung von 68 Urlaubstagen zu erhalten: Fünf Tage Resturlaub aus dem Jahr 2017, die sie wegen des ersten Beschäftigungsverbotes nicht mehr nehmen konnte und 63 Tage Urlaub für die Jahre 2018 und 2019. Die Höhe der Abgeltung dieser Urlaubsansprüche hätte insgesamt etwa 13.000 Euro betragen. Der Arbeitgeber lehnte dies mit der Begründung ab, dass während des Beschäftigungsverbots keine Urlaubsansprüche entstanden seien. Jedenfalls seien diese Ansprüche nach § 24 Satz 2 MuSchG verfallen, der für während eines Beschäftigungsverbots entstandene Urlaubsansprüche nicht greife.
Die Entscheidung
Das BAG sprach der Arbeitnehmerin den Anspruch auf Abgeltung von 68 Urlaubstagen zu, die sie wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr nehmen konnte. Arbeitgebende müssen gemäß § 7 Absatz 4 Bundesurlaubsgesetz in Verbindung mit § 24 MuSchG Urlaubstage abgelten, die wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden konnten. Das Gericht stellte in diesem Fall fest, dass der Klägerin bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses im März 2020 noch 68 Urlaubstage zustanden, auch wenn sie in der Zeit von 2017 bis 2020 wegen der Beschäftigungsverbote nicht gearbeitet hat. § 24 Satz 1 MuSchG regelt nämlich, dass Ausfallzeiten während eines mutterschutzrechtlichen Beschäftigungsverbots bei der Urlaubsberechnung als Zeiten tatsächlicher Arbeitsleistung gelten. Demnach sind auch während des Beschäftigungsverbots sämtliche Urlaubsansprüche entstanden. Laut BAG ergibt die Auslegung des § 24 Satz 2 MuSchG, dass die Urlaubsansprüche bei mehreren aufeinanderfolgenden Beschäftigungsverboten mehrfach übertragen werden. Demnach kann die Klägerin den in dem Zeitraum angesammelten Urlaub nach Ende des letzten Beschäftigungsverbots im laufenden oder im nächsten Kalenderjahr beanspruchen. Aufgrund der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31. März 2020, hatte die Klägerin demnach einen Anspruch auf Abgeltung der 68 Urlaubstage nach § 7 Absatz 4 Bundesurlaubsgesetz.
Das Fazit
Die Entscheidung des BAG ist konsequent. Ein anderes Ergebnis würde dem gesetzgeberischen Willen, der mit den Regelungen im MuSchG zum Schutz von Müttern und werdenden Müttern verfolgt wird, nicht gerecht werden. Das Urteil stellt klar, dass Urlaubsansprüche während mutterschutzrechtlicher Beschäftigungsverbote nicht verfallen und sich bei aufeinanderfolgenden Verboten kumulieren können. Dies stärkt die Rechte von Arbeitnehmerinnen erheblich. Für Arbeitnehmerinnen bedeutet das Urteil mehr Sicherheit in Bezug auf ihre Urlaubsansprüche und eine klare Regelung für die Zeit nach einem Beschäftigungsverbot.