Streik für Tarifsozialplan ist zulässig

Gewerkschaften dürfen zu Streiks für einen Tarifvertrag aufrufen, mit dem die Nachteile aus einer von einem Unternehmen geplanten Betriebsänderung ausgeglichen oder gemildert werden sollen. (BAG, Urteil vom 24. April 2007 - 1 AZR 252/06)

Der Fall

Ein Unternehmen verhandelte mit dem Betriebsrat und der IG Metall über den Abschluss eines Sozialplans beziehungsweise eines Tarifvertrages. Beide Regelungen hatten einen geplanten Arbeitsplatzabbau im Umfang von über 500 Arbeitsplätzen zum Gegenstand. Nach Streiks im einem Werk des Unternehmens kam es im Juni 2003 zu einer Einigung. In der Folgezeit verklagte der Arbeitgeberverband, dem das Unternehmen als Mitglied angehört, die IG Metall auf Unterlassung von Streikhandlungen zur Erzwingung eines Tarifsozialplans.

Die Entscheidung

Gewerkschaften dürfen zu Streiks für einen Tarifvertrag aufrufen, in dem wirtschaftliche Nachteile aus einer Betriebsänderung ausgeglichen oder gemildert werden sollen. Für die Aufstellung betriebsbezogener Sozialpläne sind zwar nach §§ 111, 112 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) Arbeitgeber und Betriebsrat zuständig. Das BetrVG schränkt jedoch die Regelungsbefugnis von Tarifvertragsparteien nicht ein. Typische Sozialplaninhalte wie zum Beispiel Ansprüche auf Abfindungen, Umzugsbeihilfen oder Qualifizierungsmaßnahmen stellen zugleich tariflich regelbare Angelegenheiten dar. Ist der Arbeitgeber(verband) zum Abschluss eines entsprechenden Tarifvertrages nicht bereit, darf hierfür gestreikt werden. Die Gewerkschaften können mit dem Streik auch sehr weitgehende Tarifforderungen verfolgen. Der Umfang einer Streikforderung, die auf ein tariflich regelbares Ziel gerichtet ist, unterliegt wegen der durch das Grundgesetz garantierten Koalitionsbetätigungsfreiheit einer Gewerkschaft und im Interesse der Funktionsfähigkeit der Tarifautonomie keiner gerichtlichen Kontrolle.

Das Fazit

Streiks zum Zwecke der Erzwingung eines Tarifsozialplans sind rechtlich zulässig. Bei der Ablaufplanung für eine Betriebsänderung muss der Arbeitgeber in Zukunft die Möglichkeit berücksichtigen, dass Gewerkschaften die Forderung nach einem Sozialtarifvertrag erheben und dessen Abschluss durch Streikmaßnahmen erzwingen können. Das Verfahren der Betriebsänderung wird dadurch komplexer und teurer für den Arbeitgeber; verhindern können die Gewerkschaften im Rahmen von Tarifverhandlungen die beabsichtigte Betriebsänderung jedoch nicht.

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