TdL und Hessen
Keine unmittelbare Außenwirkung von internen Verwaltungsvorschriften
Tariflicher Mehrurlaub kann nach dem TV-L verfallen. Verwaltungsvorschriften wie beamtenrechtliche Urlaubsregelungen finden jedoch nur dann auf Arbeitsverhältnisse Anwendung, wenn sie vertraglich, durch Gesamtzusage oder betriebliche Übung wirksam einbezogen wurden (Bundesarbeitsgericht (BAG), Urteil vom 28. Januar 2025, Aktenzeichen 9 AZR 66/24).
Der Fall
Der als schwerbehinderter Mensch anerkannte Kläger ist bei der Beklagten als Forstwirt im öffentlichen Dienst tätig. Er ist der Auffassung, ihm stünden aus dem Jahr 2021 noch zehn Tage tariflicher Mehrurlaub zu. Der Kläger war im Jahr 2022 für mehrere Monate arbeitsunfähig erkrankt und konnte deshalb den ursprünglich geplanten Urlaub nicht antreten. Die Beklagte vertrat die Auffassung, der tarifliche Mehrurlaub sei nach den Regelungen des einschlägigen Tarifvertrags (TV-L-Forst) am 30. September 2022 verfallen. Der Kläger argumentierte hingegen, dass aufgrund eines Schreibens des Niedersächsischen Finanzministeriums aus dem Jahr 2001 die für Beamte geltenden, längeren Fristen des § 8 der Niedersächsischen Erholungsurlaubsverordnung (NEUrlVO) auch für Tarifbeschäftigte anzuwenden seien. Das BAG hob die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen auf, das annahm der Mehrurlaub sei verfallen, und verwies die Sache zur erneuten Verhandlung zurück.
Die Entscheidung
Das BAG stellte klar, dass Schreiben wie das genannte Ministeriumsschreiben grundsätzlich keine unmittelbare Außenwirkung gegenüber Arbeitnehmenden entfalten. Erlasse, Verfügungen und Verwaltungsvorschriften haben regelmäßig nur verwaltungsinterne Bedeutung. Mit ihnen richtet sich der Dienstherr an nachgeordnete weisungsabhängige Organe, Ämter oder Dienststellen. Ob ausnahmsweise unmittelbare Außenwirkung vorliegt, sei anhand des Inhalts der Erklärung zu ermitteln, die unter Berücksichtigung der gesamten Umstände zu betrachten ist. Arbeitgebende können Außenwirkung herstellen durch einzelvertragliche Vereinbarung mit den Beschäftigten, im Wege einer Gesamtzusage oder durch Etablierung einer betrieblichen Übung. Eine solche Umsetzung sei im konkreten Fall vom Landesarbeitsgericht nicht ausreichend festgestellt worden und müsse nachgeholt werden. Für die Beurteilung, unter welchen Voraussetzungen der tarifliche Mehrurlaub verfällt, ist somit nicht bereits das Schreiben des Niedersächsischen Finanzministeriums maßgebend, sondern erst dessen Umsetzung durch die Beklagte. Die Vorgaben des Ministeriums haben – unabhängig davon, ob sie eine statische oder dynamische Bezugnahme enthalten – für sich gesehen weder Auswirkungen auf rechtsgeschäftliche Vereinbarungen zwischen den Arbeitsvertragsparteien noch auf die Befugnis der öffentlichen Arbeitgebenden, im Außenverhältnis davon abweichende rechtsgeschäftliche Verpflichtungen einzugehen.
Das Fazit
Insgesamt verdeutlicht die Entscheidung, dass Verwaltungsvorschriften nur dann unmittelbare Wirkung auf Arbeitsverhältnisse entfalten, wenn sie in geeigneter Weise in diese eingebunden werden. Entscheidend dafür sind die Umstände des Einzelfalls.