Benachteiligung wegen einer Behinderung

Die unterlassene Bestellung von Inklusionsbeauftragten kann ein Indiz für den Zusammenhang zwischen Schwerbehinderung und Benachteiligung sein, sofern die Maßnahme die spezifischen Belange schwerbehinderter Menschen betrifft (Bundesarbeitsgericht (BAG), Urteil vom 26. Juni 2025, Aktenzeichen 8 AZR 276/24).

Der Fall

Die Klägerin ist seit 2001 bei der Arbeitgeberin als Materialverpackerin und -entsorgerin in Teilzeit beschäftigt und schwerbehindert mit einem Grad der Behinderung von 50. Sie ist Vertrauensperson von schwerbehinderten Menschen. Während ein stellvertretendes Mitglied der Schwerbehindertenvertretung gewählt ist, hat die Beklagte entgegen § 181 SGB IX (Neuntes Sozialgesetzbuch) keinen Inklusionsbeauftragten bestellt. Die Klägerin machte im Prozess insgesamt sieben verschiedene Benachteiligungen geltend und verlangte Entschädigung nach § 15 Absatz 2 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Sie sah eine Benachteiligung darin, dass die Nichtbestellung eines Inklusionsbeauftragten bereits für sich eine Benachteiligung wegen ihrer Schwerbehinderung darstelle und dies sei im Übrigen als Indiz für die Kausalität bei weiteren Benachteiligungen heranzuziehen. 

Die Entscheidung

In der Sache bekräftigte das BAG, dass ein Entschädigungsanspruch nach § 15 Absatz 2 AGG einen Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot voraussetzt. Eine unmittelbare Benachteiligung liegt danach nur vor, wenn ein schwerbehinderter Mensch eine weniger günstige Behandlung erfährt als eine vergleichbare nichtbehinderte Person. Der Kausalzusammenhang mit der Behinderung kann durch Indizien bewiesen werden. Hinsichtlich der Nichtbestellung eines Inklusionsbeauftragten entschied das BAG, dass diese Pflichtverletzung zwar nicht selbst eine Benachteiligung darstellt und daher keinen unmittelbaren Entschädigungsanspruch begründet. Gleichwohl handelt es sich um eine Verfahrens- und Förderpflicht zugunsten schwerbehinderter Menschen, deren Verletzung als Indiz geeignet ist, einen Zusammenhang zwischen der Schwerbehinderung und einer benachteiligenden Maßnahme herzustellen. Voraussetzung ist allerdings, dass die streitige Maßnahme die spezifischen Belange schwerbehinderter Menschen betrifft, etwa die Pflicht zur behinderungsgerechten Beschäftigung. Nur in solchen Fällen hätte der Inklusionsbeauftragte auf die Arbeitgeberin Einfluss nehmen können. Maßnahmen, die alle Arbeitnehmenden gleichermaßen betreffen, lösen dagegen keine Indizwirkung aus. Entscheidend ist, ob ein Kausalzusammenhang zwischen der Schwerbehinderung der Klägerin und den beanstandeten Maßnahmen besteht und gegebenenfalls eine angemessene Entschädigung festzusetzen ist.

Das Fazit

Die Entscheidung verdeutlicht die Bedeutung der Bestellung von Inklusionsbeauftragten und der Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung als Instrumente, um Benachteiligungen schwerbehinderter Beschäftigter zu vermeiden und deren Rechte zu schützen. Die Nichtbestellung von Inklusionsbeauftragten begründet an sich keinen Entschädigungsanspruch, kann aber als Indiz wirken, wenn eine Maßnahme behinderungsspezifische Belange betrifft.

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