Annahmeverzug und Schadensersatz

Der Arbeitgeber hat bei einem Annahmeverzug weiterhin den Lohn zu zahlen, wenn er die vom Arbeitnehmer geschuldete Arbeitsleistung nicht annimmt. Das gilt auch dann, wenn den Arbeitgeber an der Nichtbeschäftigung kein Verschulden trifft. Kein Annahmeverzug wird jedoch begründet, wenn der Arbeitnehmer außerstande ist, die an dem zugewiesenen Arbeitsplatz anfallenden Tätigkeiten auszuführen. Kann der Arbeitnehmer davon nur einen Teil verrichten, gerät der Arbeitgeber nicht in Annahmeverzug, es sei denn, dem Arbeitnehmer kann ein anderer Arbeitsplatz zugewiesen werden, den dieser ausfüllen kann. Zwar ist der Arbeitgeber regelmäßig nicht gehalten, dazu seine Arbeitsorganisation zu ändern oder den Arbeitsplatz des Arbeitnehmers mit technischen Arbeitshilfen auszustatten. Jedoch können sich derartige Pflichten aus dem Schwerbehindertenrecht ergeben. Ein Arbeitgeber macht sich deshalb schadensersatzpflichtig, wenn er die Pflicht zur behindertengerechten Ausgestaltung eines Arbeitsplatzes schuldhaft verletzt. Der Schadensersatz umfasst dann die entgangene Vergütung, es sei denn, die behindertengerechte Einrichtung des Arbeitsplatzes wäre unzumutbar oder sie wäre mit unverhältnismäßigen Aufwendungen verbunden.

Der mit einem Grad von 50 behinderte Kläger ist seit 1997 bei der beklagten Stadt als Arbeiter angestellt. Auf Grund einer im Jahr 2000 eingesetzten Kniegelenksprothese war sein rechtes Bein nicht voll belastbar. Insbesondere durfte er nicht mehr als 15 kg heben und tragen. Auf den Arbeitsplätzen wie dem Wertstoffhof und der Containerstellplatzreinigung, auf denen er zuletzt eingesetzt wurde, waren zum Teil erheblich schwerere Gegenstände zu heben und zu tragen. Die Stadt lehnte seine Beschäftigung Mitte August 2001 auf Dauer ab, weil der Kläger wegen der Behinderung seine Arbeitspflicht nicht erfüllen könne. Der Kläger hat seine Lohnansprüche für die Zeit von Mitte August 2001 bis einschließlich April 2002 geltend gemacht. Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Die Revision des Klägers hatte vor dem Bundesarbeitsgericht Erfolg. Zu Recht haben die Vorinstanzen Ansprüche aus Annahmeverzug verneint. Es kann jedoch nicht ausgeschlossen werden, dass Ansprüche auf Schadensersatz wegen entgangener Vergütung jedenfalls für einen Teil des Anspruchszeitraums bestehen, urteilte das BAG. Deshalb war die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts aufzuheben und der Rechtsstreit an das Berufungsgericht zurückzuweisen.

(BAG, Urteil vom 4. Oktober 2005 - 9 AZR 632/04)

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