Automatischer Zeitabzug kein Beleg für tatsächliche Pause

Die Zeit für tatsächlich nicht genommene Pausen müssen Arbeitgebende auch dann bezahlen, wenn elektronisch ein automatischer Abzug von Pausenzeiten vorgenommen wurde (Bundesarbeitsgericht (BAG), Urteil vom 12. Februar 2025, Aktenzeichen 5 AZR 51/24).

Der Fall

Die Klägerin war als Ärztin in Teilzeit an einem kommunalen Krankenhaus beschäftigt. Ihre Arbeitszeit betrug 75 Prozent einer Vollzeitstelle und verteilte sich regulär auf Montag bis Freitag, jeweils 7.30 Uhr bis 13.30 Uhr. Es galt der Tarifvertrag für Ärztinnen und Ärzte an kommunalen Krankenhäusern (TV-Ärzte / VKA). Dieser Tarifvertrag verpflichtete sie auch zur Leistung von Mehrarbeit und Überstunden. Von September 2018 bis August 2019 arbeitete die Klägerin regelmäßig länger als die vertraglich vorgesehenen sechs Stunden pro Tag. Wenn dies vorkam, nahm sie nach eigener Aussage in der Regel keine Pause. Das Krankenhaus nutzt jedoch ein elektronisches Zeiterfassungssystem, das Pausenzeiten automatisch abzieht, sobald bestimmte Stundenschwellen überschritten werden. Bezahlt wurde zwar die über die vertraglichen Stunden hinausgehende Arbeitszeit – allerdings abzüglich der automatisch verbuchten Pausenzeiten. Diese – laut Klägerin – tatsächlich nicht genommenen, aber verbuchten Pausen beliefen sich insgesamt auf rund 59 Stunden. Vor Gericht forderte die Klägerin nun deren Bezahlung zuzüglich des Zuschlags für Überstunden von 15 Prozent.

Die Entscheidung

Das BAG entschied zugunsten der Klägerin und hob das vorangegangene abschlägige Urteil auf. In der Vorinstanz war noch entschieden worden, dass die Klägerin nicht ausreichend dargelegt habe, die Pausen nicht genommen zu haben. Das sah das BAG anders. Das Arbeitszeitgesetz schreibt vor, dass nach mehr als sechs Stunden Arbeit 30 Minuten Pause genommen werden müssen. Diese Regelung soll Arbeitnehmende schützen. Sie betrifft aber nicht die Frage der Vergütung. Daher ist schon lange klar: Werden Pausen entgegen des Arbeitszeitgesetzes nicht genommen, sondern durchgearbeitet, muss diese Zeit bezahlt werden.

Fraglich war aber, wer darlegen und beweisen muss, dass Pausen nicht genommen wurden. Dazu gilt der Grundsatz, dass zunächst Arbeitnehmende schlüssig darlegen müssen, wann sie gearbeitet haben. Die Klägerin hatte das getan, indem sie auf die im elektronischen Zeiterfassungssystem verbuchten Anfangs- und Schlusszeiten verwies sowie für die Fälle, in denen sie tatsächlich eine Pause genommen hatte, auf die dann ebenfalls dort ein- und ausgebuchte Pausenzeit. Sie hatte vorgetragen, Pausen nur in den von ihr verbuchten Zeiten genommen und in den übrigen erfassten Zeiträumen durchgehend gearbeitet zu haben. Laut BAG musste sie nicht vortragen, welche Arbeiten sie in dieser Zeit im Einzelnen verrichtet habe. Den Vortrag von Arbeitnehmenden können Arbeitgebende dann entkräften, indem sie konkret vortragen, warum tatsächlich nicht gearbeitet worden sein soll. Hier lag der Knackpunkt für das BAG. Das Krankenhaus hatte nur pauschal bestritten, dass die Klägerin durchgearbeitet habe und auf den automatischen Pausenabzug verwiesen. Das reichte dem BAG nicht. Seiner Ansicht nach hätte die Arbeitgeberin genau spezifizieren müssen, zu welchen Tagen und zu welcher Zeit die Klägerin tatsächlich Pause gemacht habe. Nun muss das Landesarbeitsgericht erneut entscheiden und dabei die Ansicht des BAG berücksichtigen.

Das Fazit

Das Urteil stärkt die Rechte von Beschäftigten nicht nur in Teilzeit und nimmt Arbeitgebende bei der Dokumentation von Pausenzeiten in die Pflicht. Spannend bleibt die weiter offene Frage, ob die TVöD-Regelung zur Mehrarbeit im Hinblick Teilzeitbeschäftigte eine unzulässige Benachteiligung ist.

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